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Die Logik des Verruecktseins

Titel: Die Logik des Verruecktseins
Autoren: Markus Preiter
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überleben, einen Vermittler, der vorläufig noch das ersetzt oder ergänzt, was mir noch fehlt. Ohne Ergänzer kein Überleben nach dem Auszug, kein erfolgreiches Ankommen im gefährlichen Außen, das die unbekannte, noch zu erforschende Welt ist.
    Und hier kommt unsere gesuchte Begründung über den evolutionären Zusammenhang von beträchtlicher Intelligenz und beträchtlicher Emotionalität in das Blickfeld. Wer alles Wichtige noch nicht kann, braucht nachgeburtlich jemanden, der für ihn da ist, eine Pflegeperson, nämlich den Ergänzer, und dieser muss intrinsisch motiviert sein und sich unaufgefordert aufgefordert fühlen, für den Neuankömmling bereit zu sein. Dabei ganz von eigenen Bedürfnissen zurückzutreten, ohne dies als einen Verlust zu bilanzieren. Mensch werden bedeutet, »Höhepunkt« einer evolutionären Strategie zu sein, welche hilft, dass die vom physischen wie psychischen Untergang bedrohten Neuankömmlinge überleben, da sie im gefährlichen Draußen sofort hereingeholt werden in ein Rettungsboot. Hereingeholt in ein Rettungsboot aus Liebe, das nichts anderes ist als die wärmenden, realen und virtuellen Arme eines Ergänzers.
    Wer es pathetisch und mehr im Zeitgeistjargon ausdrücken will, könnte sagen: hereingeholt werden in ein Rettungsboot, dessen Innenwände ausgekleidet sind mit farbenfrohen Werbeplakaten für das Leben, auf denen steht: »Du bist mein Superstar!« 5

Freude als Lohn für die »Ergänzer«
    Die Motivation zum Einlassen auf den Angekommenen war nur durch die gleichzeitig mit der Lernfähigkeit angestiegene Emotionskapazität abzusichern. Die immense Anstrengung der Ergänzertätigkeit ist nur aufzubringen über das Erlebnis, dass der Neuankömmling etwas als Gastgeschenk mitbringt, was für die Anstrengung entschädigt. Das Gastgeschenk ist die immense Freude, die im Ergänzer ausgelöst wird, alleine schon im Ansehen des Kindes. Das Gesicht eines Neugeborenen besitzt deshalb magnetisch-magische Anziehungskraft für die Blicke der Erwachsenen. Kinder machen Freude und diese Freude entschädigt für die Anstrengung, die sie mit sich bringen. Kurzum: Ein großer Kopf braucht ein großes Herz, welches ihn empfängt .
     
    Werfen wir noch schnell einen Blick auf den Planeten 14-5G6. Captain Kirk ist sprachlos erstaunt, als Spock ihm nach einer gefährlichen Rettungsaktion unter Tränen in die Arme fällt. Dr. McCoy als Kenner der Evolutionstheorie erstaunt das nicht. Unser Ausflug auf den Planeten 14-5G6 hat uns gezeigt, dass der Mensch auf zwei Beinen des Weltverständnisses durch sein Leben geht: Das eine ist das kognitive, das andere das emotionale. Erst die gelungene Abstimmung beider miteinander macht uns zu dem, was wir sind, und ermöglicht eine Verständniswanderschaft, die, zumindest unter den Erdbewohnern, einmalig weite Erkenntnishorizonte erreicht. Aber die Wanderschaft birgt, wie uns das nächste Kapitel zeigt, Gefahren der Fehlinterpretation, sowohl im kognitiven wie auch im emotionalen Bereich.
    Eine Evolutionsgeschichte des Menschen, die versuchen würde zu verdeutlichen, warum Kognitionspotenz und Emotionspotenz bei uns Menschen koevolvieren mussten, also sich evolutionär gegründet jeweilig wachsend und sich gegenseitig verstärkend an die Hand nahmen, könnte überschrieben werden mit dem Titel: »Spocks Tränen«. Wir wissen jetzt warum.

2. Sein im Raum:
    Im Zentrum des Seelenlabyrinths
    Im vorangegangenen Kapitel haben wir gesehen, warum unsere Vorfahren im Verlauf der Evolution nicht nur immer klüger wurden, sondern auch emotional ansprechbarer und differenzierter werden mussten. Erst der Zusammenklang der emotionalen und der kognitiven Fähigkeiten macht uns zu dem, was wir sind. Wir verstehen die Welt nicht nur auf einer theoretisch abstrakten Ebene, wir durchdringen sie auch mit unseren Emotionen, mit unseren Gefühlen, und bewerten sie damit in einer sprachfernen, zusätzlichen Ebene. Wenn wir verstehen wollen, wie der Mensch eigentlich seelisch funktioniert, wie er durch die Welt navigiert, was ihn dabei ausmacht und gefährdet , dann können wir uns nicht alleine mit seinen kognitiven Fähigkeiten beschäftigen. Vielmehr müssen wir uns auch mit seinen emotionalen Befindlichkeitsmöglichkeiten und seinen Ängsten auseinandersetzen und konfrontieren. Diese Befindlichkeitsmöglichkeiten sind aber aufgrund ihrer frühen evolutionären Entstehungszeit, die viele Millionen Jahre zurückreicht, sprachfern und in gewisser Weise
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