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Die Logik des Verruecktseins

Titel: Die Logik des Verruecktseins
Autoren: Markus Preiter
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und wieder ein Freund. Wann wollen wir aufhören, in dieses Unternehmen zu investieren? Wenn wir 50 Mann der Besatzung verloren haben? Bei 100 Mann? Bei 200? Ihre Emotionen verleiten Sie zu dem Fehler, das Transrapid-Dilemma durch immer weitere und unnütze Investitionen lösen zu wollen. Es machte aber bereits im frühen 21. Jahrhundert keinen Sinn, für 30 Kilometer konventionelle Bahnstrecke einen Zug zu bauen, der 400 Stundenkilometer Höchstgeschwindigkeit hat, bloß damit Milliarden von teueren Investitionsgeldern endlich an einem Projekt realisiert werden können. Nennen Sie mir einen logischen Grund, warum wir das Planetensystem nicht verlassen sollten, warum wir ein weiteres Risiko eingehen sollten. Wenn Sie mich überzeugen, bleiben wir im Orbit und suchen weiter.«
    McCoy: »Spock. Er würde das Gleiche für mich tun. Er ist mein Freund. Und Jim würde auch alles tun, um Sie zu retten. Weil Sie sein Freund sind. Das ist eine andere Logik, als Ihr Rechenschieberverstand sie versteht. Es ist logisch, dass wir Menschenartigen so fühlen. Verstehen Sie das nicht? Menschen sind füreinander da. Sie helfen sich gegenseitig, weil sie etwas füreinander empfinden. Sie haben auch diese Gefühle, Spock. Sie sind klug und das Produkt einer Evolution, die auf dem Vulkan auch nicht anderen Prinzipien gefolgt ist als auf der Erde. Zwar haben sie nicht rotes Blut, sondern grünes, weil Ihr Sauerstoff transportierendes Blutmolekül nicht eisenhaltiges Hämoglobin ist, sondern Kupfer. Aber der Weg, auf dem Kupfer in den Organismus Ihrer Vorfahren gelangte und eine Rolle im Sauerstofftransport spielen lernte, ist sicherlich nach evolutionären Prinzipien erfolgt. Und jetzt hören Sie zu, Spock …«
0,23 Sternenstunden später sitzt Mr. Spock sichtlich irritiert im Commandersessel des Raumschiffs Enterprise, gibt schließlich den Befehl, alle Vorbereitungen für das Beamen eines weiteren Rettungsteams zu treffen und eilt mit Dr. McCoy zum Transporterdeck, um Captain Kirk zu retten.

    Verlassen wir nun Spock und das Raumschiff Enterprise und hoffen, dass diese erfundene Folge gut ausgeht.
    Was hat McCoy Spock zu sagen gehabt? Mit welchen evolutionären Argumenten hat er Spock bewiesen, dass dieser Emotionen haben muss? Diesen zwingenden Zusammenhang zwischen beträchtlicher Intelligenz und beträchtlicher Emotionalität , vereint im Menschen, evolutionär erklärt zu verstehen, ist für unser Thema außerordentlich wichtig, da alle psychischen Erkrankungen in irgendeiner Weise mit Emotionen zu tun haben. Außerdem reißt die Gefühlswelt schon in der Psychologie der Alltagserfahrung die »Denkwelt« mit sich und lenkt diese in eine besondere Richtung, führt uns hier- oder dorthin, lässt uns dieses aufsuchen und jenes meiden. Warum nur hat uns die Evolution nicht frei gemacht von schwer erträglichen Gefühlslagen? Warum sind wir keine emotionslosen Spocklogiker?

Warum wachsende Intelligenz wachsende Emotionalität benötigt
    Betrachtet man den Menschen mit den vergleichenden Augen eines pedantischen Zoologen, fällt natürlich vor allem die bezogen auf das Körpergewicht immense Gehirngröße auf. Warum haben wir ein solch großes Gehirn? Offensichtlich ist es nahrungsgierig. Das Gehirn verbraucht mindestens zwanzig Prozent unseres Energiehaushaltes. Es ist zwar unter unserer Schädeldecke gut geschützt, wie alle komplizierten Systeme aber sehr sensibel und fehleranfällig. Dennoch ist die evolutionäre Tendenz hin zu einer zunehmenden Gehirngröße im humanoiden Evolutionsprozess in den letzten 3,5 Millionen Jahren offensichtlich, gut belegbar durch Fossilienreste. 4
    Größere Gehirne besitzen eine größere Lernfähigkeit als kleine Gehirne. Größere Lernfähigkeit bedeutet größere Fähigkeit zum Einlernen neuer, nicht genetisch bereits determinierter Handlungsoptionen und somit das Erlangen größerer Flexibilität. Bei unseren Primatenvorfahren wie auch den evolutionären Vorfahren des »Homo sapiens
vulkani« führte dies zu einem Problem. Wenn ein Individuum sehr lernfähig ist, benötigt es bereits bei der Geburt einen relativ großen Kopf mit einem relativ großen Gehirn. Das große Gehirn kann dann außerhalb des Mutterleibes von Anfang an viele Informationen aufnehmen, einlernen, verarbeiten und zunehmend selbstbestimmt anwenden. Die Lernfähigen treten allerdings bezogen auf die Wettbewerbsressource »Flexibilitätspotenz durch Lernfähigkeit« lebensbegleitend in eine Konkurrenzsituation mit anderen.
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