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Die linke Hand Gottes

Die linke Hand Gottes

Titel: Die linke Hand Gottes
Autoren: Paul Hoffman
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packten ihn links und rechts am Arm und schoben ihn vorwärts. Eine Tür ging auf, dann spürte er, dass er in einem Gebäude war. Man führte ihn einen Gang entlang. Wieder ging eine Tür knarrend auf, und er wurde in einen weiteren Raum geschoben. Nach wenigen Schritten hielt man an. Nach einer kurzen Pause wurde ihm der Sack vom Kopf gezogen.
    Der Staub des Jutesacks und der Umstand, mehrere Stunden in Dunkelheit verbracht zu haben, waren der Grund, weshalb er anfangs gar nichts sah. Mit den gefesselten Händen rieb er sich den Hopfenstaub aus den Augen und schaute dann auf die zwei Männer im Saal. Den einen erkannte er sofort, es war IdrisPukke, geknebelt und mit gefesselten Händen. Als er auch den anderen erkannte, blieb ihm unter einer Woge von Furcht und Zorn für einen Augenblick das Herz stehen. Vor ihm stand der Kriegsmeister Monsignore Bosco.

    Nach den ersten Schrecksekunden wurden Cale die Knie weich und er hätte beinahe wie ein Kind losgeheult. Was ihn daran hinderte, war sein grenzenloser Hass.
    »So hat der Wille Gottes«, sagte Bosco, »uns also wieder an den Ausgangspunkt zurückgebracht, Cale. Denk daran, wenn du mich jetzt wie ein knurrender Hund anschaust. Was hat dir dein Zorn und deine Flucht am Ende eingebracht?«
    »Was habt Ihr mit Arbell Materazzi gemacht?«
    »Oh, es geht ihr gut.«
    Cale stand so unter Schock, dass er nicht wusste, ob er sich auch nach Vague Henri und Kleist erkundigen sollte.
    »Und über deine Freunde machst du dir keine Sorgen?«, fragte Bosco. Er rief nach einer Wache und sofort ging am anderen Ende des Saales eine Tür auf und seine Gefährten, auch sie geknebelt und an den Händen gefesselt, wurden hereingeführt.
    Sie schienen unverletzt, aber beiden stand der Schrecken ins Gesicht geschrieben.
    »Ich möchte dich über einige Dinge in Kenntnis setzen. Damit wir keine Zeit mit Floskeln und Vorbehalten, ob das denn alles wahr sei, verschwenden, frage ich dich, ob ich dich jemals belogen habe.«
    Bosco hatte ihn sein ganzes junges Leben lang jede Woche geschlagen und ihn fünfmal gezwungen, einen Gegner im Duell zu töten, aber in Anbetracht dieser Frage musste er zugeben, dass der Kriegsmeister, soweit er dies beurteilen konnte, ihn niemals im gewöhnlichen Sinn belogen hatte.
    »Nein.«
    »Bedenke das wohl und sei dir im Klaren, dass alles, was ich dir sage, von größter Wichtigkeit ist und mit kleinlichen Winkelzügen nichts zu tun hat. Und um dir ein Zeichen meines guten Willens zu geben, lasse ich deine Freunde, und zwar alle drei, jetzt frei.«
    »Beweist es mir«, sagte Cale.
    Bosco lachte. »In der Vergangenheit hätte dir solch ein Ton eine gehörige Tracht Prügel eingebracht.«
    Er streckte die Hand aus und Pater Stape Roy reichte ihm ein in Leder gebundenes Buch. »Das ist das Testament des Gehenkten Erlösers.« Cale hatte ein solches Buch noch nie zuvor gesehen. Bosco legte die Hand auf den Einband.
    »Ich schwöre vor Gott um den Preis meines ewigen Seelenheils, dass alles, was ich heute verspreche und alles, was ich sage, die Wahrheit und nichts als die Wahrheit ist.« Er schaute Cale an. »Bist du jetzt zufrieden?«
    Dass zu allem, was Cale unter Bosco zu erleiden hatte, doch nie Lüge und Täuschung gehörten, hätte ihn nicht veranlasst, dem Kriegsmeister zu glauben. Aber ein Eid war von größter Bedeutung für Bosco. Im Übrigen hatte er gar keine Wahl.
    »Ja«, sagte Cale.
    Bosco wandte sich an Stape Roy. »Gebt ihnen, was sie brauchen, selbstverständlich in Maßen, und stellt ihnen einen Geleitbrief aus. Dann lasst sie frei.«
    Stape Roy ging zu IdrisPukke, packte ihn am Arm und schob ihn zu Vague Henri und Kleist hinüber. Dann stieß er alle drei zur Tür hinaus. Das bestärkte Cale in dem Glauben, dass Bosco die Wahrheit gesprochen hatte: Seine Anweisung, den drei Freunden nur das Nötigste zu geben, und die übliche Grobheit, mit der sie behandelt wurden, wirkten echt – eine großzügigere oder edlere Geste hätte ihn misstrauisch gemacht.
    »Und was ist mit Arbell Materazzi?«
    Bosco lächelte. »Warum bist du so erpicht darauf zu entdecken, wie sehr du dich noch über die Welt täuschst?«
    »Was meint Ihr damit?«
    »Ich zeige es dir gleich. Aber dazu musst du bereit sein, dich knebeln und fesseln zu lassen und dich dort hinter dem Wandschirm zu verbergen. Außerdem darfst du durch nichts auf dich aufmerksam machen.«
    »Warum sollte ich Euch irgendetwas versprechen?«
    »Im Gegenzug für das Leben deiner Freunde. Das scheint doch
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