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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Autoren: Elspeth Cooper
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musste niemand Gair sagen, was in der Heiligen Stadt mit einem Exkommunizierten passieren konnte, über den das Todesurteil gesprochen worden war. Er brauchte Alderan, ob es ihm gefiel oder nicht. Gair zwang sich, ihn direkt anzusehen. »Ich bin grob gewesen. Das tut mir leid. Danke für Eure Hilfe.«
    »Gern geschehen.« In Alderans Stimme lag kein Groll. »Hinter der Tür da drüben befindet sich ein warmes Bad. Ich schlage vor, dass du diese Gelegenheit wahrnimmst. Um den Rest kümmere ich mich.«
    »Was werden wir tun?«
    »Erst einmal bringen wir dich aus der Stadt. Danach sehen wir weiter. Hast du immer so viele Fragen?«
    »Woher wisst Ihr, dass ich Euch nicht einfach in eine Kröte verwandle und Euer Pferd stehle?« Könnte er das tun? Vielleicht, falls die Magie nicht sofort die Taverne niederbrannte oder ihm den Kopf von den Schultern riss. Falls die Magie überhaupt zu ihm zurückkam.
    »Sicherlich bist du dazu in der Lage, aber ich glaube nicht, dass du es tun würdest.« Der alte Mann blinzelte ihm belustigt zu. »Wer sagt außerdem, dass ich nicht ebenfalls ein Hexer bin? Und jetzt geh und wasch dich, um Eadors willen. Du stinkst.«
    Das Badezimmer war mit hübscher weißer und blauer syfrischer Keramik gekachelt. Den größten Teil des Raumes nahm eine breite, hohe Badewanne ein, die mehr als zur Hälfte mit warmem Wasser gefüllt war. Gefaltete Handtücher und ein Stück Seife lagen auf einem Hocker neben dem Waschtisch. Vorsorglich hatte jemand etliche Schwämme und Waschlappen sowie eine langstielige Bürste auf einem Regalbrett über der Wanne bereitgelegt.
    Gair kletterte hinein und hielt seine gebrandmarkte Hand vorsichtig in die Höhe, dann lehnte er sich zurück, bis ihm das Wasser über die Ohren schwappte. Stille. Nichts als das Wispern des Blutes in seinen Adern und das dumpfe Pochen seiner Verletzungen. Das Athalin wirkte endlich, und seine Kopfschmerzen verschwanden. Sogar das Brennen in seiner Hand nahm allmählich ab. Er wusste noch, dass das Mal da war und was es bedeutete, aber die Schärfe dieses Wissens hatte abgenommen, und es wurde allmählich so undeutlich wie eine Landschaft, die sich in den Nebel zurückzog.
    Die Musik war noch immer nicht zurückgekehrt. Vorsichtig erforschte er den Ort, wo sie gewesen war, und ertastete sich seinen Weg um die Leere herum. Sie war wie ein Loch, das ein ausgerissener Zahn hinterlassen hatte. Da war nichts. Einmal glaubte er, doch etwas zu spüren, eine Gegenwart wie die einer anderen Person in einem verdunkelten Zimmer, aber dieses Gefühl war so flüchtig, dass er nicht sicher war, ob da wirklich etwas gewesen war. Vielleicht war sie endgültig verschwunden – und damit auch die Versuchung. Vielleicht auch war er so verrückt wie ein Heiliger und würde gleich die Augen öffnen und herausfinden, dass all das nur ein weiterer Traum gewesen war und er sich wieder in seiner Zelle befand und auf die Befrager wartete.
    Nein. Er wollte nie mehr an diesen Eisenraum denken und auch nicht an die Ereignisse in der Ratshalle. Gair holte tief Luft und stieß sie langsam wieder aus. Das alles lag hinter ihm. Er zwang einen Muskel nach dem anderen zur Entspannung, schloss dabei die Türen seiner Erinnerung und verriegelte sie. Die Last der Vergangenheit fiel zusammen mit dem Schweiß und dem Schmutz von ihm ab, der sich nun von seiner Haut löste. Das war gut. Es war vorerst gut genug. Jetzt sollte er sich auf den Weg machen. Er richtete sich auf, schrubbte sich mit der Seife sauber und wusch sich die letzten Spuren des Mutterhauses vom Leib.
    Als er damit fertig war, trocknete er sich so gut wie möglich ab und stapfte hinüber zu dem Waschtisch, auf dem Kamm und Rasiermesser für ihn bereitlagen. Als er den Spiegel zu sich drehte, füllte sich dieser mit Farben. Blutergüsse blühten auf seinem Leib von der Schulter bis zu den Lenden: veilchenblau, moosglöckchengrün und irisviolett. Er wischte einige letzte Wassertropfen fort. Die Blutergüsse hätten so sehr wehtun müssen, dass er eigentlich nicht in der Lage hätte sein sollen, aufrecht zu stehen, aber er verspürte keinen Schmerz. Vielleicht hatte er das Alderans Medizin zu verdanken, oder er hatte die Schmerzen zusammen mit den anderen Erinnerungen weggesperrt. Egal. Er würde nicht mehr darüber nachdenken. Das einzig Wichtige war jetzt, aus der Stadt herauszukommen. Nachdem er sich unbeholfen das feuchte Handtuch um die Hüften gebunden hatte, seifte er sich den Bart ein.
    Als Gair in einer
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