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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Autoren: Elspeth Cooper
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Hand gegen seine Brust und fiel zurück in die Kissen. Ein hallender Schrei erfüllte seinen Kopf. Heilige Mutter, liebste Göttin im Himmel, tut das weh . Er drückte seine Hand und lenkte sich damit ab, bis der Schmerz langsam verebbte.
    »Trink das hier. Es lindert die Schmerzen.«
    Eine Hand streckte ihm einen irdenen Humpen entgegen. Dahinter erkannte Gair dort, wo sich der Sprecher befinden musste, nur einen undeutlichen Umriss in den Schatten.
    »Wo bin ich?«
    »Wir befinden uns in einer Taverne namens Eiche und Adler in der Nähe der Kupfergasse im Westen Dremens. Ich habe dich vom Verräterhof hierhergebracht.«
    »Seid Ihr ein Arzt?«
    »Nur ein Quacksalber.« Der Mann deutete mit dem Kopf auf den Humpen. »Es wird dir noch mehr helfen, wenn du es trinkst. Es schmeckt bitter, aber du kannst mir glauben, dass du dich danach besser fühlen wirst.«
    Gair nahm den Becher entgegen. »Was ist da drin?«
    »Athalin, ein bisschen Weidenborke und weiße Malve für deine Prellungen – nichts, was dir Schaden zufügen könnte.«
    Der volle Bariton des Mannes war beruhigend, dennoch sagte Gair: »Ich kenne Euch nicht.«
    »Ich habe dich nicht bis hierhergeschleppt, um dich dann in aller Ruhe zu vergiften, Junge. Trink.«
    Gair betrachtete die milchige Flüssigkeit in dem Humpen. Er hatte nichts mehr zu verlieren. Wie versprochen, schmeckte sie grässlich. Er hielt den Atem an und trank den Becher in drei Schlucken aus.
    Der Mann nahm ihm den leeren Humpen ab und stellte ihn beiseite. »Und jetzt machen wir etwas Licht, damit wir sehen können, wo wir sind.«
    Er schlug einen der Fensterläden zurück. Nachmittagslicht, so hell wie ein weißes Banner, ergoss sich in das Zimmer. Es fiel auf einen grobknochigen Kerl mit durchdringenden blauen Augen, die von einem grau melierten Bart und buschigen Brauen eingerahmt waren. Dichtes, gewelltes Haar, das die gleiche Farbe wie der Bart hatte, kräuselte sich um die Ohren des Mannes wie die Mähne eines Steinlöwen.
    »Ist das zu hell?«
    »Nein, es ist gut so.« Gair musste zwar blinzeln, aber seine Augen waren stärker geworden.
    Der Mann zog einen Stuhl herbei, drehte ihn um, setzte sich rittlings darauf und verschränkte die Unterarme über der Rückenlehne. Sie waren von drahtigen Muskeln durchzogen und hatten die Farbe dunklen Holzes unter einer Schicht aus weißen Haaren. »Wie fühlst du dich?«, fragte er.
    »Ganz gut. Wie zerschlagen.«
    »Das Athalin sollte dir bald den Schmerz nehmen. Eisenhand ist ein guter Mann, aber einige seiner Marschälle sind manchmal etwas zu verliebt in ihre Keulen.«
    »Ihr kennt Bredon?«
    »Ich kenne seinen Ruf.«
    Gair hatte die linke Hand in den Schoß gelegt; sie hatte sich zusammengekrümmt wie die Klaue eines toten Vogels. Der hauchdünne Verband darum gab einen stechenden Kräutergeruch von sich. Wie sah die Wunde wohl aus? Aufgedunsen, feurig rot und mit Blasen, die aus seinem Fleisch aufstiegen wie aus einem brodelnden Eintopf? Die Göttin möge mir vergeben . Müde rieb er sich die Augen.
    »Versuch die Hand so still wie möglich zu halten. In Anbetracht dessen, was sie dir angetan haben, ist es nicht allzu schlimm. Es sollte gut heilen, allerdings wird eine Narbe zurückbleiben.«
    Ein Hexenmal. Ein schräg stehendes, finster dreinblickendes Auge, das aus seiner Handfläche starrte, ihn an seine Sünde erinnerte und andere davor warnte, sie zu begehen. Er konnte entweder Handschuhe tragen oder die Hände stets schmutzig halten. Oder sie verstecken. Bei dem Gedanken zog sich ihm das Herz zusammen. Doch ausgestoßen zu sein war schließlich nichts Neues für ihn. Bei allen Heiligen, wie sein Kopf schmerzte! »Warum habt Ihr mich hierhergebracht?«
    »Irgendwo musst du doch sein. Dieser Ort ist so gut wie jeder andere.«
    »Ihr hättet mich nicht mitnehmen müssen.«
    »Doch. Draußen vor dem Tor wartete der Pöbel auf dich und wollte zu Ende bringen, was das Mutterhaus angefangen hatte. Ich war nicht bereit, daneben zu stehen und tatenlos einem Mord zuzusehen.«
    »Aber Ihr wisst, was ich bin.«
    Ein Lächeln verzog das bärtige Gesicht des Mannes. »Ich weiß, was die Kirche über dich denkt, aber das ist nicht ganz dasselbe.« Er streckte die breite Hand aus. »Ich heiße Alderan.«
    Gair starrte ihn an. Wer war dieser Mann? Warum half er einem Fremden, wo er doch einfach hätte fortgehen und sich seinem Tagwerk wieder zuwenden können? Warum hatte er sich selbst in Schwierigkeiten gebracht? Alderans milde, offenherzige Miene
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