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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Autoren: Elspeth Cooper
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Ankläger raschelte gereizt mit seinen Papieren und warf einen verstohlenen Blick hoch zum Präzeptor. Sogar der Staub in der Luft schien innezuhalten und hing reglos in der Luft wie Fliegen im Bernstein. Auf den Bänken lehnten sich die Hierarchen vor.
    Ansel trat ins Licht. Sein bleiches Haar stand ihm wie ein Heiligenschein um den Kopf, als er die Anklageschrift aus der Hand des Strafverfolgers entgegennahm. Die gesamte Kurie erhob sich; die Bänke knarrten, und die Roben raschelten.
    »Du bist zahlreicher Hexereien angeklagt, deren Einzelheiten von dieser Versammlung eingehend besprochen wurden«, sagte Ansel und warf einen Blick auf das Pergament in seiner Hand. »Der Rat hat die Beweise gewürdigt, die ihm vorgetragen wurden, einschließlich der beeideten Aussage des Ältesten Goran. Außerdem haben wir die Aussagen weiterer Zeugen, die unter Eid in diesem Saal gemacht wurden, und die Berichte über dein Geständnis gehört.«
    Er sah Gair direkt an. Es war dem Jungen hoch anzurechnen, dass er nicht zusammenzuckte.
    »Der Rat ist zu einem Urteil gekommen. Bist du bereit, es zu hören, mein Junge?«
    »Das bin ich, Herr.«
    Alderan schüttelte den Kopf. Du musst diesen Jungen einfach lieben, Göttin, denn er starrt der Verdammnis geradewegs ins Auge!
    Der Präzeptor hielt inne; die Aufmerksamkeit des ganzen Raumes lag nun auf ihm.
    »Höre also das Urteil des Rates.« Ansels Worte waren so glatt und kalt wie Stein. »Wir erkennen den Angeklagten in allen vorgebrachten Punkten für schuldig. Das Urteil lautet auf Tod durch Verbrennen.«
    Gair packte das Geländer fester und drückte die Knie zusammen. Er würde nicht wieder hinfallen. Nein, das würde er nicht! Aber das Urteil hallte unablässig in seinem Kopf wider.
    Sei mein Licht und tröste mich jetzt und in der Stunde meines Todes, o Mutter, wenn du mich noch hören kannst. Ich will nicht sterben .
    »Jedoch …«
    Ansel zerknüllte das Pergament zwischen seinen Fingern. Der Ankläger kniff die Augen zusammen; ihm gegenüber starrte der Bruder Chronist den Präzeptor an. Seine feuchten Lippen erschlafften, als die Pergamentkugel auf seinem Tisch landete, bis zum Rand der Platte rollte und schließlich zu Boden fiel.
    »In den Akten befindet sich ein Gnadengesuch, das auf deinen guten Charakter und dein früheres untadeliges Benehmen eingeht. Der Rat muss es berücksichtigen, und deshalb wird das Urteil abgeändert. Du wirst gebrandmarkt, aus dem eadorischen Glauben ausgeschlossen und aus dieser Diözese verbannt werden. Falls du zurückkehren solltest, wirst du getötet werden. Möge die Göttin deiner Seele gnädig sein.«
    Ansels Stab schlug dreimal auf das Podest.
    Gair starrte ihn an. Eine Begnadigung? Wie bitte? Sicherlich hatte er sich verhört, denn seine Ohren waren noch vom Zischen der Flammen erfüllt.
    »Das ist absurd!« Der Älteste Goran schritt von den oberen Bänken an der linken Seite der Halle herab. Ein wütendes Rot hatte sich auf seinem fleischigen Gesicht ausgebreitet. »Das ist ungeheuerlich, Ansel! Ich will wissen, wer dieses Gnadengesuch gestellt hat!«
    »Das kann ich dir nicht sagen, Goran, und das weißt du genau. Es wurde versiegelt als Einspruch abgegeben und ist daher anonym. Das konsistoriale Recht ist in diesem Punkte ziemlich klar.«
    »Die Strafe für Hexerei ist der Tod«, beharrte Goran. »Bei ihr darf es keine Abwandlung und auch keine Gnade geben. Im Buche Eador steht: ›Einen Hexer oder eine Hexe sollst du nicht leben lassen, und du sollst alle Werke des Bösen fliehen, auf dass deine Seele nicht in Gefahr gerate.‹ Das ist keine Gerechtigkeit. Das ist eine Beleidigung der Göttin persönlich!«
    »Friede, Goran.« Ansel hob die Hand, als sich ein wütendes zustimmendes Gemurmel von den Bänken erhob. »Friede sei mit euch allen. Wir haben schon einmal darüber gerechtet. Es ist sinnlos, dies jetzt wieder zu tun. Die Ratsversammlung ist beendet.«
    »Ich muss Einspruch erheben, Präzeptor! Dieser Elende hat sein Antlitz von der einen wahren Göttin abgewendet. Er hat die Heiligkeit des suvaeonischen Ordens besudelt und Verderbnis und Sittenlosigkeit unter uns gesät. Hier, auf heiligem Boden, hat er zauberische Taten vollbracht. Er muss bestraft werden!«
    Die Sonne brannte zu heiß auf Gairs Gesicht. Er drehte rasch den Kopf und hielt sich an dem hölzernen Geländer fest.
    Auf der anderen Seite beugte sich Danilar vor. »Glaubt Ihr nicht, dass der Junge nicht schon genug bestraft ist, Goran?«, fragte der Kaplan
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