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Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1

Titel: Die Lieder der Erde - Cooper, E: Lieder der Erde - Songs of the Earth 1
Autoren: Elspeth Cooper
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mich tun, das weißt du genau.«
    »Unsinn, du wirst wieder ganz gesund werden.« Es waren leere Worte, aber er konnte sie nicht zurückhalten.
    Sie schüttelte den Kopf. »Habe dich immer geliebt, Leahner. Hätte nie gedacht, dass ich als Erste von uns beiden gehe.«
    »Du gehst nirgendwohin – das lasse ich nicht zu.« Er wagte es, kurz Tanith anzusehen. Der hilflose Blick, den sie ihm zurückwarf, brach ihm fast das Herz. »Ruh dich aus, Carianh .«
    »Ist das Kapitelhaus in Sicherheit?«
    »Ich glaube schon.«
    »Gut.« Ein weiterer schmerzhafter Krampf brachte sie wieder zum Schluchzen. »Gair? Halt mich bitte fest. Mir ist so kalt.«
    Donner erschütterte den Himmel. Der Sturm fegte in Böen über das Kapitelhaus, aber unter dem Schild war es still. Vorsichtig legte Gair den Arm um Ayshas Schultern und barg ihren Kopf an seinem Hals.
    »Besser«, seufzte sie.
    Er drückte ihr einen Kuss auf die Stirn und war froh, dass sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Nach wenigen Sekunden wurde ihr Atmen noch flacher, und ihr Kopf sackte zur Seite. Sanft hob er ihr Kinn und küsste sie auf den Mund, damit das Letzte, was sie spürte, etwas anderes als Schmerz war.

37
    »Gair?«
    Er schlug die Augen auf. Masens Gesicht über ihm wurde deutlicher.
    »Es ist vorbei, Gair.«
    »Ich weiß«, keuchte er. »Ich muss nur ein wenig ausruhen.«
    Masen schenkte ihm einen verständnisvollen Blick und ging weg. Der Sturm war inzwischen zu einem fernen Grollen abgeklungen, aber es regnete noch immer. Wasser strömte an den Mauern herunter, wusch Blut und Brandspuren ab, säuberte das Kapitelhaus. Grüne Mäntel waren im Hof beschäftigt, in dem viele kleine zerschmetterte Körper lagen.
    Gair wollte die Augen wieder schließen, aber gerade hatte Tanith etwas gesagt, und er richtete den Blick auf ihr Gesicht, das von Tränen und Schatten heimgesucht wurde. Sie entschuldigte sich, kniete in einer Pfütze, ihr Kleid war mit Blut und Dreck beschmiert. Ihre Hände flehten ihn an zu verstehen, dass alles zu schnell geschehen war und sie Aysha zu spät erreicht hatte.
    »Du hast getan, was du konntest, Tanith«, sagte er sanft zu ihr. »Geh und hilf den anderen.«
    Eine Träne tropfte von ihren Wimpern und zog eine Spur durch den Schmutz auf ihrem Gesicht. »Wenn ich schneller gewesen wäre, hätte ich sie retten können. Aber es waren zu viele, und sie waren …«
    »Ich weiß.« Er wollte es nicht hören.
    »Bitte vergib mir.«
    »Ich muss nichts vergeben.« Obwohl ihm deutlich bewusst war, wer da tot unter dem grünen Mantel lag, gelang es ihm, sie anzulächeln. Ayshas Kopf lastete auf seinem Hals wie das Gewicht der ganzen Welt. »Mach weiter. Saaron soll zuerst nach deinem Arm sehen, und dann musst du den anderen helfen.«
    »Was ist mit dem Schild?«
    In seinem Kopf herrschte Stille und das Gefühl von etwas, was zurückgehalten wurde. Er konnte nicht herausfinden, was es war. Er berührte den Sang, aber seine Trauer durchwob ihn mit einer Klage. »Ich scheine ihn wieder errichtet zu haben.«
    Sie wirkte schockiert. »Das ist unmöglich!«
    Gair spürte, wie sie den Sang zu sich zog, als sie nach seinem Inneren tastete, aber er beugte sich ihr aus dem Weg. »Geh zu Saaron, Tanith. Bitte. Du blutest. Der Schild wird eine Weile halten.«
    Sie senkte die Hand und stand langsam auf. Tropfnasse Korkenzieherlocken aus rotem Haar rahmten ihr Gesicht. Der gequälte Blick ihrer Augen war mehr, als er ertragen konnte. Es war eine Erleichterung, als sie sich abwandte.
    Als sie gegangen war, schloss Gair den Schild um sich herum und sperrte auch alle Geräusche aus. Der Sturm wurde zu einem Gemurmel. Still gingen Menschen an ihm vorbei, flossen durch die silbrigen Schleier des Regens. Nun war er in seinem Inneren geborgen. Er drückte Aysha an sich und schloss ihre wunderschönen Augen.
    Es dauerte fast vier Tage, um alles vorzubereiten. Die Krankenstation war überfüllt, und die Gewölbe der Kapelle waren in ein Leichenhaus umgewandelt worden. Aus Pencruik waren Männer mit Äxten und Sägen hergekommen, um Holz für die Verbrennungen bereitzustellen. Einige hatten ihre Frauen mitgebracht, die nun auf der Krankenstation halfen. Es waren meist ältere Frauen, denen es nichts ausmachte, die Gestorbenen zu waschen und zu verhüllen.
    Auf einem Hügel über dem Hafen war der von den Schafen kurz gehaltene Grasboden in einem großen Kreis ausgestochen worden, und Wagen mit Holz für die stetig wachsenden Scheiterhaufen rumpelten herbei. Sogar auf dem
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