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Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Die Liebe zu Rosen mit Dornen

Titel: Die Liebe zu Rosen mit Dornen
Autoren: Margaret Dilloway
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hast immer alles bekommen, was du wolltest, egal, was. Mom und Dad haben dir immer recht gegeben. Selbst wenn ich Extrataschengeld wollte, musste ich nur dich bitten, sie zu fragen. Zu mir hätten sie Nein gesagt, aber zu dir niemals.«
    Â»Und du hast mir was davon abgegeben.« Ich lächle und schäme mich ein bisschen. Meine Eltern waren so leicht zu manipulieren, dass ich gar nicht gemerkt habe, wenn ich es tat. Ich kannte es gar nicht anders.
    Becky lacht bitter. »Ja. Ich musste damit allein klarkommen. Ich war ja nicht krank, also war es egal, dass keiner zu meinen Schulkonzerten ging oder mich zum Fußballtraining brachte. Immer hieß es: nächstes Jahr.« Ich sehe ihr an, dass es sie quält. »Weißt du, wie oft ich allein vor dem Fernseher gehockt habe, wenn du im Krankenhaus warst?«
    Ich weiß noch, dass ich neidisch auf meine Schwester war, weil sie zu Hause bleiben konnte und nicht jeden zweiten Tag zum Arzt musste. »Wenigstens brauchtest du nicht ins Krankenhaus, um dir was rausschneiden oder dich stechen zu lassen«, sage ich. »Wenigstens bist du zu normaler Größe herangewachsen. Hast ein Kind.«
    Becky starrt mich an. »Weißt du, was ich alles anstellen musste, um überhaupt Aufmerksamkeit zu bekommen. Als ich vom Baum fiel, sagte Mom nur: ›Hör auf zu heulen. Du wirst wenigstens wieder gesund.«
    Â»Das hat sie nicht gesagt.« Ich weigere mich, der Wahrheit ins Gesicht zu sehen. Es ist keine Entschuldigung für das, was Becky getan hat.
    Sie seufzt. »Sinngemäß.«
    Â»Würde dein Therapeut es so nennen?«
    Sie blinzelt. »Gal. Sei nicht so verletzend.«
    Ich gebe nicht nach. »Das ist nicht verletzend. Du kannst nicht wegreden, dass du Riley die Kindheit geraubt hast, Becky. Du bist schuld. Niemand sonst. Schau, was aus ihr geworden ist. Das darfst du nicht schon wieder wegwerfen. Nicht jetzt.«
    Â»Meinst du, das wüsste ich nicht?« Ihre Stimme wird lauter. »Aber soll ich dir was sagen? Ich kann die Uhr nicht zurückdrehen, um das zu reparieren.« Ihre Stimme bricht. »Ich kann nur reparieren, was ich jetzt habe. In der Gegenwart.«
    Ich schaue meiner Schwester ins Gesicht, erwarte Tränen zu sehen. Aber da sind keine. Sie hält den Kopf hoch, beißt die Zähne zusammen. Ist für einen langen Kampf gewappnet.
    Â»Ich bin ihr gesetzlicher Vormund«, sage ich.
    Â»Ich bin ihre Mutter«, entgegnet Becky. »Sie ist alt genug, selbst zu entscheiden.«
    Ich sehe mich im Gewächshaus um. Die Rosen kriegen ihre Hagebutten, machen sich bereit, mir ihre Samen zu geben. Ich denke an die vielen Stunden, die Riley hier mit mir verbracht hat. Ich schlucke. »Nur damit du es weißt: Ich wäre auch gern mal böse gewesen, als ich klein war.«
    Sie lächelt traurig. »Ich weiß.«
    Ich bin unentschlossen. Zum ersten Mal seit vielen Jahren möchte ich meine Schwester umarmen. Es fühlt sich an, als würde ich etwas zugeben, mein Unrecht, meine Schuld. Ich habe nichts Unrechtes getan. Ich wollte das alles nicht. Aber Becky steht da, zitternd, verletzlich. Wenn ich es nicht tue, könnte sie womöglich zerbrechen.
    Ich schließe sie in die Arme.

43
    Am nächsten Tag ist mein Hirn verstopfter als der Abfluss in einer Mädchenschule, aber ich gehe trotzdem zur Arbeit.
    Auf dem Heimweg halte ich beim Arzt an, um mir Antibiotika zu besorgen. Dr. Blankenship schüttelt den Kopf, als sie mein Blut abnimmt, was sie sonst den Schwestern überlässt. »Sie sollten es ruhiger angehen lassen, Gal.«
    Â»Wenn ich es noch ruhiger angehen lasse, müsste ich das Leben aufgeben, Doc«, sage ich.
    Zu Hause sitzt Riley am Esstisch und macht Hausaufgaben. Becky hockt neben ihr und liest einen Roman von Phillippa Gregory mit einer Königin auf dem Umschlag. »Ich wusste gar nicht, dass du gern liest, Becky.« Ich stelle meine Taschen neben der Tür ab.
    Â»In meinem Job gibt es viel Leerlauf.« Becky blickt nicht auf. »Ich lese mindestens zwei Bücher pro Woche. Als ich in Hongkong war, noch mehr.« Sie klappt ihr Buch zu, lächelt ihre Tochter an. »Ich war einsam.«
    Ich verkneife mir eine Bemerkung. Wenn Becky sich als einsam darstellt, dann ist das, als würde die Erde behaupten, sie sei einsam, obwohl sie von Sternen umgeben ist. Aber vielleicht ist der Vergleich ganz passend. Vielleicht treibt sie tatsächlich durchs Leben, ohne
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