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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen
Autoren: Wolf Serno
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wirklich willst?
Errare humanum est!
«
    »Ich möchte endlich ankommen.«
    »Na dann, erledigen wir den Rest
per pedes apostolorum.
« Der kleine Gelehrte sprang hinaus auf den Weg und verkündete: »Es ist, als würde man in einen Topf mit Grießbrei eintauchen. Das kann ja heiter werden.«
    »Wir werden es schon schaffen.« Vitus half dem Zwerg aus der Kutsche und entlohnte den Fahrer. »Wenn du nicht weiterwillst, bleibe hier«, sagte er zu ihm. »Morgen früh kannst du dir im Schloss eine Mahlzeit geben lassen. Sage einfach, der Herr habe es so angeordnet.«
    »Danke, Mylord.« Der Kutscher zählte die Münzen nach, erkannte, dass er ein gutes Trinkgeld bekommen hatte, und strahlte: »Ergebensten Dank, Mylord, möge der Herr alle Eure Wünsche in Erfüllung gehen lassen.«
    Vitus antwortete nicht, hoffte aber, dass die Worte des Mannes sich bewahrheiten würden. Er hieß die Freunde, sich links und rechts bei ihm unterzuhaken, damit sie sich gegenseitig Halt geben konnten, und begann, den letzten Teil der Strecke unter die Füße zu nehmen.
    Es war ein mühsames Marschieren. Alle Augenblicke drohten sie zu fallen, weil einer von ihnen gestolpert war. Sie rappelten sich hoch, stützten sich erneut und tasteten sich weiter vor. Sie verloren jegliches Zeitgefühl, sprachen nicht und hörten nur das angestrengte Atmen der anderen.
    »Geht es noch, Magister?«, fragte Vitus einmal. »Was macht deine Verletzung?«
    »Welche Verletzung?«, war die Antwort.
    Als sie endlich den vertrauten Platz vor der großen Freitreppe des Schlosses erreicht hatten, glaubten sie, der neue Tag sei schon Stunden alt.
    Wie zum Hohn lichtete sich bei ihrer Ankunft der Nebel; ein schwach scheinender Mond wurde zwischen Wolkenfetzen sichtbar und beschien die Umrisse des Schlosses.
    Ein einsames Käuzchen schrie.
    »Wir sind schon zahlreicher begrüßt worden«, sagte der Magister, aber niemand lachte.
    »Hauptsache, wir sind da.« Vitus versuchte, sich seine Eile nicht anmerken zu lassen. »Gute Nacht, Freunde. Morgen früh sehen wir uns wieder.«
    »Nacht, altes Unkraut. Will mal sehen, ob mein Bett noch an der alten Stelle steht.« Der Magister machte sich auf den Weg zu seiner Kammer.
    »Glatte Schwärze, Örl.« Der Zwerg hüpfte zum linken Flügel des Schlosses, in dem sich die Küche befand und die ungeliebte Mrs.Melrose dem neuen Tag entgegenschlummerte.
    Vitus lief die große Freitreppe zum Hauptgebäude empor und gab sich dem Wachtposten gegenüber zu erkennen. Der Mann machte große Augen, seinen Herrn plötzlich vor sich zu sehen, stellte aber keine Fragen und grüßte nur militärisch. Bereitwillig gab er den Weg frei.
    Vitus betrat das Schloss. Drinnen nahm er eine der Nachtfackeln aus der Wandhalterung und eilte hinauf zum gemeinsamen Schlafzimmer. Vor der Tür hielt er inne. Er wollte nicht so hineinplatzen. Nina schlief sicher tief und fest und würde sich zu Tode erschrecken, wenn er unverhofft vor ihr stünde. Er atmete durch und steckte die Nachtfackel in eine leere Wandhalterung. Dann entzündete er eine Laterne. In ihrem sanften Schein würde die Begrüßung harmonischer ausfallen.
    »Liebste?«, rief er leise, während er die Tür öffnete. »Liebste, werde wach, ich bin wieder da.«
    Er ging mit der Laterne zum Bett und leuchtete hinein.
    Es war leer.

[home]
    Der Verwalter Catfield
    »Ich habe Hartford schon gejagt, Mylord. Ich wollte, dass er für seine Schandtat büßt.«
    L iebste?« Vitus konnte nicht glauben, was seine Augen sahen. Das Ehebett war leer, als wäre es nie benutzt worden. Die Decke war glattgezogen, die Kissen lagen an ihrem Platz. Nochmals leuchtete er, als könne er dadurch das Bild vertreiben und Nina herbeizaubern.
    Doch es änderte sich nichts. Sie war nicht da.
    Er versuchte, das ungute Gefühl, das in ihm aufkeimte, nicht zu beachten und sagte sich, dass es sicher eine einfache Erklärung gäbe. Aber welche? Noch niemals hatte es eine Nacht gegeben, in der Nina nicht in dem gemeinsamen Bett geschlafen hätte – die Kinder immer in unmittelbarer Nähe.
    Die Kinder!
    Er lief in die benachbarten Räume und schaute nach. Nein, sie waren wie vom Erdboden verschwunden. Auch Hartford, der eine der angrenzenden Kammern bewohnte, schien fort zu sein.
    Da stimmte doch etwas nicht!
    Er hastete hinunter in den Küchentrakt, wo er den Zwerg am Gesindetisch sitzend antraf. »Enano!«, rief er. »Nina und die Kinder sind fort!«
    »Wiewo?« Der Winzling, der sich vor dem Zubettgehen noch rasch aus
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