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Die Liebe des Wanderchirurgen

Die Liebe des Wanderchirurgen

Titel: Die Liebe des Wanderchirurgen
Autoren: Wolf Serno
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bist.«
    Don Pedro nickte nur, man sah, dass ihm ein Kloß im Hals steckte. Er schien noch etwas sagen zu wollen, doch dann wandte er sich jäh ab und lief hinunter zur Deckspforte an Steuerbord, wo die Männer der
Santa Maria
bereits angetreten waren.
    Taggart und die Freunde standen hoch oben auf dem Kommandantendeck und beobachteten, wie die spanischen Matrosen das Beiboot bestiegen, die Riemen aufrecht stellten und warteten, bis Don Pedro den Befehl zum Anrudern gab. Vitus winkte aus seiner luftigen Höhe, und Don Pedro winkte zurück, bevor er auf der hintersten Ducht Platz nahm.
    Das Boot entfernte sich rasch und steuerte auf die spanischen Schiffe zu.
    »Hoffentlich schießen sie ihm nicht zur Begrüßung ein paar Kugeln um die Ohren«, knurrte Taggart. »Hätte nie gedacht, dass ich mir irgendwann Sorgen um das Leben eines Dons machen würde.«
    »Nein, das Flaggschiff dreht bei, und die beiden Begleitfahrzeuge machen es ihm nach«, sagte Vitus. »Scheint tatsächlich so, als würde Don Pedro nach Hause kommen.«
    »Verflucht sei mein Augenlicht«, sagte der Magister. »Ich sehe nur einen bunten Brei.«
    Da auch Taggarts Augen nicht mehr die besten waren, übernahm Vitus es, die beiden auf dem Laufenden zu halten. Er schilderte ihnen, wie man auf der
São Martinho
die Geschützpforten schloss und stattdessen den Ankömmlingen Leinen zuwarf, wie Don Pedro die Jakobsleiter langsam emporkletterte, noch einmal herüberwinkte und hinter dem hohen Schanzkleid des Flaggschiffs verschwand, wie seine Matrosen nacheinander folgten und wie schließlich das Beiboot der
Camborne
in Schlepp genommen wurde.
    Dann gingen die Spanier wieder in den Wind, steuerten in guter Ordnung nach Süden, und Taggart knurrte: »Da ziehen sie dahin, als wäre nie etwas gewesen. Mögen sie niemals wiederkommen.«
     
     
     
    Acht Tage später, am Sonntag, dem 1 . September, machte die
Falcon
in Portsmouth fest, nachdem sie drei Tage zuvor schon Plymouth angelaufen hatte, und die Männer der
Camborne
von Bord gegangen waren.
    Vitus befand sich in der provisorischen Krankenstation unter Deck und entschied, welche seiner Patienten noch weiterer Behandlung in einem Hospital an Land bedurften. Leider gehörte auch McQuarrie dazu, der immer noch nicht vollständig genesen war. Zwar hatte er auf die Frage nach der Beschaffenheit seines Stuhls grinsend geantwortet: »Der hatte heute Morgen schon wieder Konturen, Sir, zwei stattliche Ringe und ’ne Spitze«, aber Vitus wusste um die Hartnäckigkeit der Ruhr und wollte kein Risiko eingehen.
    Der Bursche mit dem amputierten Schienbein würde ebenfalls noch der Pflege bedürfen, ebenso wie einige andere.
    Zu den Glücklicheren gehörte Clark, der Spaßvogel mit dem durchschossenen Gesäß: Er wurde als geheilt entlassen, nachdem er bewiesen hatte, dass er wieder auf beiden Backen sitzen konnte.
    Vitus wies Stonewell an, die letzten Formalitäten zu erledigen, und stieg an Deck, wo schon große Aufbruchsstimmung herrschte. Tipperton zahlte wie üblich die Mannschaft aus, und Taggart stand mit grimmiger Miene daneben, denn er musste den Lohn für seine
Falcons
aus der eigenen Tasche begleichen. Allerdings stand er damit nicht allein, denn so dankbar die
Lady of the Seas
den Männern ihrer Flotte war, so knauserig zeigte sie sich bei der Entlohnung: Auch Lord Howard hatte das schon erfahren müssen und viele seiner tapferen Teerjacken aus der eigenen Schatulle bezahlt.
    Doch das konnte die allgemeine Freude an diesem Tag nicht trüben. Wie alle Matrosen dieser Welt zog es die
Falcons
mit Macht in den Hafen und in die dortigen Schenken und Bordelle. Sie standen in Grüppchen auf der Pier und beratschlagten, wohin sie zuerst gehen sollten.
    Auch Vitus, der Magister und der Zwerg standen da, nachdem sie Taggart, Stonewell, Chock, Muddy, Ted, Dunc und den vielen anderen prächtigen Männern Lebewohl gesagt hatten.
    Taggart hatte Vitus’ Hand einen Augenblick länger als notwendig gedrückt und gesagt: »Grüßt mir recht herzlich Lady Nina, Cirurgicus, oder soll ich wieder ›Mylord‹ sagen, jetzt, wo die Reise zu Ende ist?«
    Vitus hatte abgewinkt und an seine sanfte, schöne, strenge Gemahlin denken müssen, der er versprochen hatte, in zwei Wochen wieder daheim zu sein, und die nun schon knapp sieben Wochen auf ihn wartete. »Ich werde für Euch immer der Cirurgicus sein, Sir. Grüßt mir im Gegenzug Euer Weib und sagt Ihr, ich wäre auf dieser Reise leider nicht dazu gekommen, ihre legendären
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