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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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eigenem Entschluß herkommen.«
    Ihre Augen waren seltsam, und feine Farbschattierungen wechselten ständig darin... die Feuer vielleicht oder auch all die Seelen, die sie aufgesogen hatte, all die Qual. »Ich bringe Frieden«, sagte sie. »Wenn ich nicht existieren würde, gäbe es keinen Ausweg. Und sie alle würden wahnsinnig. Ich bin ihre Wahl. Ich bin eine Möglichkeit. Ich bin der Wandel in den Zyklen.«
    Er starrte in die flackernden, allzuviel beherbergenden Augen. »Wie geschieht es?« fragte er und fürchtete dabei doch, es zu erfahren.
    Sie umarmte ihn und legte den Kopf an seine Schulter. Er zuckte unter einem kurzen, scharfen Schmerz in seinem Hals zusammen, der rasch verging. Kälte breitete sich in seinen Gliedern aus, ein leichtes Schwindelgefühl, der Liebe ähnlich.
    »Kehre zurück!« sagte sie, als sie ihn losließ. »Lauf weg, bis deine Zeit gekommen ist!«
    Er taumelte rückwärts, fand die Tür, erkannte verspätet den Sinn ihrer Worte.
    »Geh!« sagte sie. »Ich komme zu dir... zu dem Zeitpunkt, über den wir uns geeinigt haben. Ich zumindest halte mein Wort, Jade Alain.«
    Und wenn er dann nicht mehr da wäre...
»Jade Alain«, sagte sie, »ich weiß, daß du nach Onyx umgezogen bist. Ich weiß über die meisten Dinge in der Stadt Bescheid. Sage deiner Frau – ich halte meine Versprechungen.«
    »Sie fürchtet dich.«
»Sie ist nichts«, sagte der Tod. »Fürchtest du mich?«
    Er dachte darüber nach. Die Frage erwischte ihn betäubt. Und trotz all seiner Taubheit ging er wieder zu ihr und blickte in die schrecklichen Augen. Er stellte dadurch seinen Mut auf die Probe. Er stellte ihn noch weitergehend auf die Probe, nahm das Gesicht des Todes zwischen die Hände und erwiderte den Kuß, den sie ihm vor drei Jahren gegeben hatte.
    »Ah«, sagte sie, »das war nett.«
»Du bist sehr freundlich«, sagte er. »Es wird mir nichts ausmachen.«
    »Armer Jadeprinz. Geh! Geh sofort!«
    Er drehte sich um und ging durch die grimmige Tür hinaus ins Licht, dann die Treppe hinauf, ein sehr langer Weg, auf dem ihm nur wenige Passanten begegneten, denn jetzt herrschte in der Stadt das, was als Nacht betrachtet wurde, und er war sehr froh darüber, wenn er an die Schmach dachte, die Onyx ihm zugefügt hatte, und an den Zorn, den er empfand. Diejenigen, welche ihn doch sahen, starrten ihn an, murmelten hinter vorgehaltener Hand und zuckten vor ihm zurück. Desgleichen taten die an den Toren von Onyx, die bleich wurden und sich ihm in den Weg stellten.
    Aber die Tore gingen auf, und Ermines zahlreiche Freunde standen dort mit Messern in den Händen.
    »Geh fort!« sagten sie.
»So lautete der Handel nicht«, entgegnete er. »Deine Frau ist der Handel«, sagte die älteste Frau.
    »Bring Ermine zurück nach Jade! Laß uns in Frieden!«
    »Nein!«
jammerte Ermine aus der Halle innen; aber sie führten sie zu ihm, und er packte sie an der Hand und zerrte sie zu seinen eigenen Toren. Sie hörte auf zu kämpfen. Sie betraten die prunkvollen Hallen des Jadepalastes, und unter den furchtsamen Blicken seiner eigenen Verwandten zerrte er sie durch das Labyrinth der Korridore zu seinen Gemächern und verschloß hinter ihnen fest die Tür.
    Sie war da. Eigentlich bestand keine Möglichkeit für sie, hier zu sein... aber dort stand der Tod in schwarzen Gewändern zwischen den grünen Vorhängen neben dem Bett. Ermine warf sich herum und schrie laut auf, wurde von seinen Armen festgehalten.
    »Geh!« sagte der Tod. »Ich habe mit dir noch nichts zu schaffen. Deine Frau und ich haben etwas zu besprechen.«
    Er hielt Ermine fest, und sie zitterte und klammerte sich an ihn und begrub ihr Gesicht an seinem Körper. Er schüttelte den Kopf. »Nein«, sagte er, »ich kann nicht. Ich kann sie dir nicht geben.«
    »Man hat mich beleidigt«, sagte der Tod. »Wie soll ich für diese Kränkung meiner Würde entschädigt werden?«
    Er überlegte für einen Moment. Glättete das bleiche Haar Ermines. »Das Jahr, das mir noch bleibt. Was bedeutet es mir? Nimm nicht Ermines Leben! Sie möchte sie sich so gern bewahren.«
    »Ist Ermine einverstanden?« fragte der Tod.
»Ja«, schluchzte Ermine, wollte sich dabei aber nicht umdrehen.
    Alain seufzte, letztlich doch verwundet, und schob Ermine von sich. Der Tod streckte die Hand aus, und er trat zu ihr und umarmte sie, blickte zurück, als sie die schwarzgewandeten Arme um ihn legte. Ermine kauerte in der Ecke, den Kopf auf den Knien.
    »Vetter«, flüsterte der Tod ihm ins Ohr, denn sie
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