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Die letzten Städte der Erde

Die letzten Städte der Erde

Titel: Die letzten Städte der Erde
Autoren: C.J. Cherryh
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in einem einzigen deiner Leben. Du hättest nie lieben können. So ist das Wesen von Onyx.«
    »Nein. Du hast keine Ahnung. Bitte. Jade bedrückt mich. Bitte, wir wollen umziehen und das Jahr in Onyx bei meinen Freunden verbringen. Ich muß sie zurückgewinnen, meine alten Verbindungen wiederherstellen. Sonst werde ich ganz allein sein. Wenn du dir auch nur ein klein wenig aus meinem Glück machst, laß uns heimkehren nach Onyx!«
    »Wenn du willst«, sagte er, denn zum erstenmal hatte sie ihm jetzt ihr Herz gezeigt, und er konnte sich vorstellen, daß es sehr furchterregend sein konnte für jemanden, der so lange an einem Ort verkörpert gewesen war, zuviel Zeit getrennt von diesem Ort zu verbringen. Seine eigenen Bindungen waren flüchtig. »Wird es dich zufrieden machen?«
    »Ich werde sehr dankbar sein«, sagte sie, legte ihm die Arme um den Hals und küßte ihn zärtlich.
    Sie gingen noch an diesem Tag, und Onyx empfing sie, eine zurückhaltende und doch festliche Angelegenheit, wie sie für den Zustand von Ermines öffentlicher Ungnade angemessen war... – sie leuchtete aber geradezu vor Leben, als seien alle Schatten entschwunden, die sie in Jade gefürchtet hatte. »Wir wollen uns lieben!« sagte sie. »Oh, sofort!« Und sie lagen den ganzen Nachmittag auf dem Safranbett, eine ausgedehnte und angenehme Zeit.
    »Du bist glücklich«, sagte er zu ihr. »Endlich bist du glücklich.«
    »Ich liebe dich«, flüsterte sie ihm ins Ohr, als sie sich zum Abendessen ankleideten, sie mit ihrem Weiß und den Perlen und er mit seinem Schwarz und seiner grünen Jade. »Oh, laß uns hierbleiben und nicht an andere Dinge denken.«
    »Oder an das Ende des Jahres?« fragte er und fand diesen Gedanken am heutigen Tag unglaublich schwer zu ertragen.
    »Sei still!« sagte sie und reichte ihm einen Pokal voll Weißwein.
    Sie tranken gemeinsam von den gegenüberliegenden Rändern eines Glases, setzten sich auf das Bett und verbanden das Weintrinken mit Küssen. Alain fühlte sich seltsam taub und legte sich zurück, als er die erste Andeutung von Verrat witterte. Er beobachtete, wie sie das Zimmer durchquerte und die Tür öffnete. Eine Träne entwich seinen Augen, aber es war ebenso eine Träne des Zorns wie des Schmerzes.
    »Bringt ihn weg!« flüsterte Onyx Ermine ihren Freunden zu. »Oh, bringt ihn schnell fort und macht dieser Sache ein Ende!
Ihr
wird es nichts ausmachen, wenn er zu früh kommt.«
    »Das Risiko, das wir auf uns nehmen...«
»Wollt ihr lieber, daß sie
hierher
kommt? Drei Jahre lang habe ich im Schmerz gelebt und sie in jedem Schatten erblickt. Ich kann es nicht länger ertragen. Ich kann es nicht länger ertragen zu berühren, was ich verlieren werde. Bringt ihn auf der Stelle dorthin!«
    Er versuchte zu sprechen, aber es gelang ihm nicht. Sie wickelten ihn in die Laken und die Seidendecke und trugen ihn fort, zuerst ein kurzes Stück, dann eine lange Treppe hinunter. Schließlich vernahm er das Donnern des Wasserfalls der Sin und die Echos der unteren Ebenen – hörte gelegentlich in seiner Nähe das Murmeln von Zuschauern, wußte dabei, daß niemand außer Jade sich eingemischt hätte. Sie waren alles bloß Zuschauer. Das war alles, was sie sein wollten, um Komplikationen aus dem Wege zu gehen.
    Vielleicht... schaute sogar Jade selbst zu.
    Sie legten ihn schließlich an einer Stelle zu Boden, wo Füße trocken durch Staub schlurften, und flohen dann, hinterließen Schweigen und Dunkelheit. Lange blieb er reglos liegen, bis ein Prickeln in seinen Fingern sich in Schmerz verwandelte, der durch all seine Glieder wanderte, bis er sich wieder bewegen konnte. Er regte sich und erhob sich taumelnd auf die Füße, stand frierend in einem bitterkalten Wind, fröstelte in der einsamen Dunkelheit. Vor ihm leuchteten matte Lampen, und zwischen ihnen saß ein Schatten.
    »Man hat dich verraten«, sagte der Tod.
    Unter der Kälte schlang Alain die Arme um sich und starrte sie an.
    »Sie liebt dich nicht«, sagte der Tod. »Weißt du das nicht?«
    »Ich wußte es«, sagte Alain. »Aber dann hat es wohl nie jemand getan. Sie haben vergessen, wie es geht.«
    Der Tod hob die Hände zu den Schleiern und ließ sie fallen. Sie war schön, von blasser Haut, hatte ebenholzschwarze Haare und einen blutroten Rubinfleck auf der Stirn. Sie streckte die Hände nach ihm aus, während sie sich erhob. Und als sie zu ihm trat, wandte er nicht den Blick ab. »Manche überlegen es sich anders«, sagte sie. »Selbst von denen, die aus
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