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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberly McCreight
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mehr als gutes, sondern als beängstigendes Zeichen erschien.
    » Ma’am « , sagte eine laute Stimme zu Kates Rechten. » Ich muss Sie auffordern, auf die andere Straßenseite zu gehen. Dieser Bereich hier muss frei bleiben. «
    Sie spürte eine Hand an ihrem Arm, fest und rau. Kate drehte sich um. Es war ein großer, kräftiger Polizist, der sie um Haupteslänge überragte. Er hatte ein teigiges, jungenhaftes Gesicht.
    » Tut mir leid, Ma’am « , sagte er ein kleines bisschen freundlicher. » Aber auf dieser Straßenseite dürfen Sie nicht stehen. «
    » Meine Tochter ist in der Schule. « Kate wandte sich wieder dem Gebäude zu. Eine Bombendrohung, ein Anthraxangriff, eine Schießerei in der Schule– wo waren die Schüler alle? Kates Herz begann zu pochen. » Ich muss zu meiner Tochter. Ich werde erwartet. Man hat mich angerufen. Ich habe mich verspätet. «
    Der Polizist sah sie eine ganze Weile mit zusammengekniffenen Augen an, als hoffte er, sie würde verschwinden.
    » Also gut, ich werde das überprüfen « , sagte er schließlich. » Aber Sie müssen trotzdem da drüben warten. « Er zeigte auf die andere Straßenseite. » Wie heißt Ihre Tochter? «
    » Amelia. Amelia Baron. Die Sekretärin des Direktors hat mir telefonisch mitgeteilt, dass meine Tochter vom Unterricht suspendiert wurde. Ich wurde gebeten herzukommen und sie abzuholen. « Kaum hatte sie die Worte ausgesprochen, bereute sie sie auch schon. Wenn der Polizist Amelia für eine Unruhestifterin– oder sogar die Unruhestifterin– hielt, würde er vielleicht weniger hilfsbereit sein. » Warten Sie « , rief Kate ihm nach. » Können Sie mir wenigstens sagen, was passiert ist? «
    » Das versuchen wir gerade herauszufinden. « Er schaute zu dem Gebäude hoch und betrachtete es einen Moment lang. Dann drehte er sich wieder zu Kate um und zeigte auf die andere Straßenseite. » Gehen Sie da rüber. Ich bin gleich wieder da. «
    Kate ging nicht auf die andere Seite. Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und reckte den Hals in der Hoffnung, mehr zu sehen. Sie stellte fest, dass es weit mehr als ein Dutzend Polizisten waren, teils in Uniform, teils in Zivil, die an der Seite des Gebäudes einen Halbkreis gebildet hatten, wie um etwas vor neugierigen Blicken zu schützen. Etwas Entsetzliches.
    Jemand war verletzt. Oder schlimmer. Dessen war Kate sich plötzlich ganz sicher. Hatte es einen Kampf gegeben? Vielleicht eine verirrte Kugel? Die Schule lag im vornehmen Teil Brooklyns, aber eben doch in Brooklyn. Da gab es schon mal Zwischenfälle.
    Nachdem der Polizist, der Kate aufgehalten hatte, in der Schule verschwunden war, lief sie zum Zaun hinüber. Polizisten schauten, eine Hand schützend über den Augen, zum Dach des Gebäudes hoch. Kate folgte ihren Blicken. Sie sah nichts außer der tadellosen Fassade des alten Gebäudes.
    Als sie den Blick wieder senkte, hatten die Polizisten sich bewegt. Dort, in der Mitte des schützenden Halbkreises, lag ein Stiefel. Schwarz, mit flachem Absatz, robust, lag er auf der Seite wie ein angeschossenes Tier. Aber da lag noch etwas, etwas viel Größeres. Etwas, das mit einem Tuch bedeckt war.
    Mit pochendem Herzen klammerte Kate sich an die schmiedeeisernen Gitterstäbe des Zauns. Sie betrachtete noch einmal den Stiefel. Viele Mädchen trugen solche Stiefel zu ihren engen Röhrenjeans oder Leggins. Amelias waren braun, oder? Das müsste Kate eigentlich wissen. Sie müsste doch wissen, welche Farbe die Stiefel ihrer Tochter hatten.
    » Mrs Baron? « , ertönte eine männliche Stimme.
    Kate fuhr herum, darauf gefasst, dass der Polizist mit dem Milchgesicht ihr erklärte, dass sie da nicht stehen dürfe. Aber vor ihr stand ein attraktiver, wenn auch knallhart wirkender Mann in Jeans und Kapuzensweatshirt. Er war etwa in Kates Alter, mit kantigem Gesicht, kahlrasiertem Schädel und der geballten Energie eines Boxers oder vielleicht eines Kriminellen kurz vor einem Ausbruchsversuch. Er trug eine Polizeimarke an einer Kette um den Hals.
    » Sie sind Kate Baron? « , fragte er und trat einen Schritt näher.
    Er sprach mit einem starken Brooklyneinschlag, der zu seinem Äußeren passte. Aber er bemühte sich, sanft mit ihr umzugehen. Das machte sie nervös. Hinter ihm sah Kate den uniformierten Polizisten, mit dem sie vorher gesprochen hatte. Er stand mit einer grauhaarigen Frau mit Lesebrille auf den Stufen vor dem Eingang der Schule. Die beiden schauten zu ihr herüber.
    » Wo ist Amelia? « , hörte Kate sich
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