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Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)

Titel: Die letzte Wahrheit: Roman (German Edition)
Autoren: Kimberly McCreight
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Schwierigkeiten bei der Bewerbung am College bekommen.
    Sylvia und ich hatten uns geschworen, keinem Club beizutreten, es sei denn, wir würden beide gleichzeitig eingeladen, und auch dann würden wir es wahrscheinlich nicht tun. Wir hatten andere Prioritäten. Sylvia hatte ihre Jungs, und ich hatte meine Bücher und meinen neuen Freund Ben. Aber vor allem hatten wir einander. So war es immer gewesen. Manche fanden es vielleicht merkwürdig, dass ausgerechnet wir beide beste Freundinnen waren– ich eine brave, strebsame Sportlerin, sie eine nuttige Modeprinzessin–, aber wir waren uns ähnlich in Punkten, die im Leben eine wichtige Rolle spielen, und zwar ganz besonders, wenn man erst fünf Jahre alt ist, denn da hatten wir uns angefreundet, weil wir in der Vorschule beide überhaupt keine Lust gehabt hatten, Verkleiden zu spielen. Ich, weil ich diese Mädchenspiele einfach doof fand, und Sylvia, weil sie die Klamotten in der Verkleidekiste zum Kotzen fand. So waren wir. Wir landeten immer im selben Lager, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Außerdem kannten wir uns schon ewig.
    An der Ecke zupfte Sylvia an ihrem Wasserfallkragen, tat so, als würde sie auf die Uhr kucken, die sie gar nicht trug, und bedeutete mir, ich solle mich beeilen. Wahrscheinlich schwitzte sie sich halbtot in dem blöden Pullover. Aber sie wäre total eingeschnappt, wenn ich ihr gesagt hätte, dass sie in der Affenhitze ziemlich albern aussah in dem Teil. Und dann würde sie irgendeine Gemeinheit loslassen. In der Hinsicht war Sylvia wie ein Krebs: Wenn man sie an der falschen Stelle piekste, riss sie einem gleich den Finger ab.
    Außerdem sah Sylvia trotzdem gut aus. Sie kleidete sich vielleicht nicht immer praktisch, aber immer stylisch. Sylvia las die britische Vogue und Mode-Blogs wie Style Rookie und träumte davon, das nächste fünfzehnjährige Supermodel zu werden. Mir ging dieser ganze Modezirkus einfach nur auf den Keks. Dafür fand Sylvia meine Bücherauswahl großkotzig, womit sie nicht ganz danebenlag. Alles in allem tat ich gut daran, in meinem Glashaus die Klappe zu halten.
    Ich beeilte mich, damit Sylvia keinen Herzinfarkt bekam, aber so bepackt, wie ich war, mit Schulrucksack und Sporttasche voller Feldhockeysachen und so wie mir meine Röhrenjeans an den verschwitzten Beinen klebte, war es ziemlich schwierig, schnell zu laufen.
    » Gott, bist du langsam « , sagte Sylvia, als ich endlich bei ihr war.
    » Das ist diese blöde Jeans « , sagte ich und zupfte an dem feuchten Stoff. » Die ich mir auf deinen Rat hin gekauft habe, falls du das vergessen hast. «
    Sylvia lächelte. » Auf jeden Fall siehst du scharf aus in dem Teil, auch wenn du dich nur im Schneckentempo darin bewegen kannst. « Dann zeigte sie stirnrunzelnd auf mein T-Shirt. » Aber was soll dieses scheußliche Top? Das hab ich dir nicht dazu ausgesucht. «
    » Das andere saß irgendwie nicht. « Das war gelogen. Ich hatte es nicht mal anprobiert. Als Sylvia es mir mitgebracht hatte, war mir sofort klar gewesen, dass ich in dem Teil nicht mal aufs Klo gehen würde. » Mit diesen Puffärmeln sah ich aus wie– ich weiß nicht… «
    » Etwa wie ein Mädchen? « Sylvia verschränkte die Arme vor der Brust.
    » Nein, ich wollte sagen, wie ein Törtchen. «
    » Dein Problem ist, dass du feministisch mit trutschig verwechselst. Hast du schon mal Fotos von Betty Friedan gesehen? Die war auf jeden Fall kein Mauerblümchen. «
    » Woher weißt du denn, wer Betty Friedan ist? «
    » Ich bin schließlich nicht blöd. « Sylvia verdrehte die Augen, während wir uns in Bewegung setzten. » Ich finde einfach, ein bisschen Stil kann nicht schaden, auch wenn man sich für eine gute Sache einsetzt. «
    Sylvia rückte ihre Bücher zurecht, die sie unter dem Arm trug. Sie hatte sie wie üblich mit einem braunen Satinband zusammengebunden. Um ihr Outfit nicht zu ruinieren, weigerte Sylvia sich standhaft, ihre Bücher in einer Tasche zu transportieren. Ich glaube, insgeheim hatte sie gehofft, einen Modetrend anzustoßen. Bisher war keiner darauf angesprungen. Andererseits machte sich auch niemand über Sylvias schräge Modeticks lustig– weder über ihre komischen Mützen und Hüte noch über ihre riesigen Sonnenbrillen oder ihre Handtaschen aus M&M -Tüten–, was auch ein Sieg war, Punkt, aus. Ich war vielleicht eine bessere Schülerin und bessere Sportlerin, aber Sylvia war schon immer viel besser darin gewesen, sie selbst zu sein.
    Als wir in die Prospect Park West
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