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Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste

Titel: Die letzte Rune 11 - Das Blut der Wüste
Autoren: Anthony Mark
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sich aus der Welt der Menschen zurück. Ihre Tage sind endgültig vorbei. Und Travis Wilder und Grace Beckett können ein Leben in Frieden führen.
    Aber noch immer lauert Morindu die Finstere unter dem heißen Sand der Wüste Morgolthi und wartet darauf, gefunden zu werden …
     

 
    TEIL EINS
Der Riss
     

 
    1
    Der Derwisch trat aus einem Sandwirbel, erschien am Dorfrand wie ein Wunder, das Gestalt annahm.
    Ein Junge, der Ziegen hütete, sah ihn als Erster. Der Junge schnalzte mit der Zunge und trieb die Tiere mit einer Gerte zurück in ihren Pferch. Sofort blökten die Tiere los und rollten mit den Augen, als hätten sie einen Löwen gerochen. Für gewöhnlich streiften Löwen nicht so nahe an den Siedlungen der Menschen umher, aber die Quellen, die verstreut in der Wüste lagen und die seit Menschengedenken niemals ausgetrocknet waren, versiegten, und alle möglichen Kreaturen kamen auf der Suche nach Wasser und Nahrung. Man erzählte sich, dass in einem Dorf ein Löwe in eine Hütte geschlichen und einer schlafenden Mutter das Baby aus dem Arm gestohlen hatte.
    Der Junge drehte sich um, und die Gerte fiel aus seinen Fingern. Da stand kein Löwe vor ihm, sondern ein Mann, der von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Serafi gehüllt war. Allein seine Augen waren durch einen Schlitz zu sehen; sie waren dunkel und glühten wie Kohle. Der Mann hob die Hand. Die Handfläche war mit roten Linien tätowiert. Unwillkürlich fielen dem Jungen die Geschichten der Dorfältesten ein – Geschichten von Männern, die sich auf der Suche nach verbotener Magie in die Wüste hineinwagten.
    Gehorche deinem Vater und deiner Mutter, hatten ihm die Ältesten gesagt, als er klein war, sonst kommt ein Derwisch auf den Nachtwinden in dein Haus geflogen und stiehlt dich. Denn sie brauchen das Blut böser Kinder für ihre finstersten Zauber.
    »Ich brauche …«, sagte der Derwisch. Ein seltsamer Akzent ließ seine Stimme rau klingen.
    Der Junge stieß einen Schrei aus und rannte auf die Hüttenansammlung zu, ließ die Ziegen einfach im Stich.
    »… Wasser«, krächzte der Derwisch, aber der Junge war bereits fort.
    Der Derwisch taumelte, fing sich wieder. Wie lange war er in der Morgolthi gewesen? Er vermochte es nicht zu sagen. Tag für Tag hatte die Sonne des Dürstenden Landes auf ihn niedergebrannt, Gedanken und Erinnerungen fortgesengt und ihn so trocken wie einen Haufen verblichener Knochen zurückgelassen. Er müsste tot sein. Aber etwas hatte ihn durch dieses verfluchte Land weitergetrieben. Was war es? Er konnte sich nicht erinnern. Er brauchte Wasser. Von den beiden letzten Oasen, die er betreten hatte, war die eine ausgetrocknet und die andere vergiftet gewesen, der Teich voller aufgedunsener Antilopenkadaver.
    Er bahnte sich einen Weg durch die Ziegen. Die Tiere blökten, bis der Derwisch sie berührte, dann verstummten sie. Er strich über ihr Fell und konnte das Blut darunter strömen fühlen, der Pulsschlag von der Furcht beschleunigt. Ein schnelles Aufblitzen der Klinge, und heißes Blut würde fließen, dicker und süßer als Wasser. Er hätte seinen Durst stillen können, und wenn er dann fertig war, hätte er Blut als Opfer auf den Boden strömen lassen, und mit ihm hätte er sie zu sich gerufen. Es wären nur niedere Geister, die sich vom Tierblut anlocken ließen – kaum ausreichend, um lächerliche Zaubertricks zu vollbringen. Trotzdem war er versucht …
    Nein – darum war er nicht hier. Es fiel ihm jetzt wieder ein; er brauchte Wasser, dann musste er die Nachricht schicken, ihnen sagen, dass er hier war. Er taumelte dem Kreis der Hütten entgegen. Hinter ihm fingen die Ziegen wieder an zu blöken, verloren ohne den Ziegenjungen.
    Das Dorf hieß Hadassa, und auch wenn die Menschen, die nun hier lebten, es längst vergessen hatten, war es einst ein blühendes Handelszentrum an einer grünen Oase gewesen. Im Laufe der Jahrzehnte war Hadassas sprudelnde Quelle zu einem schwachen Rinnsal versiegt. Händler und Kaufleute waren schon vor langer Zeit gegangen und nie zurückgekehrt; die großen Gebäude der Stadt wurden vom herannahenden Sand verschluckt. Jetzt gab es nur noch eine armselige Ansammlung von Hütten.
    Als der Derwisch die Dorfmitte erreichte, blieb er stehen. Die Oase, einst ein Ort funkelnder Teiche und im Schatten liegender Grotten, war jetzt eine von Rissen durchzogene Salzfläche. Abgestorbene Bäume, äste- und blätterlos, zeigten verbrannten Fingern gleich auf den Himmel, in ihrer Mitte war
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