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Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter

Titel: Die letzte Rune 05 - Der Tod der Götter
Autoren: Anthony Mark
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Duft an. Da gab es Platten mit gezuckerten Nüssen, bratende Fleischstückchen auf Spießen und kleine, geschickt aus Blättern gefertigte Becher mit Honigwein, der so golden wie die Sonne war, auf der Zunge aber so kühl wie der Abendtau schmeckte.
    Und nicht alle Wagen boten Speisen an. Viele waren geöffnet und zeigten auf schwarzen Tüchern ausgebreitete Silberringe, helle Halstücher, die wie Schmetterlinge in der Luft flatterten, Messer aus blauem Stahl, polierte Steine, in verwirrenden Farben gewobene Teppiche, Zinnpfeifen und Holzkästchen, die den Mournisch-Wagen nachempfunden und in Form von Tieren und Vögeln geschnitzt waren.
    An einem Wagen – er hatte die Form einer sich duckenden Ratte – winkte sie ein alter Mann mit einem knochigen Finger heran. Sie schauten in das düstere Innere des Wagens, und erst als sich ihre Augen an das Licht gewöhnt hatten, konnten sie die Glasgefäße sehen, die auf hölzernen Regalbrettern standen. Die Gläser waren mit einer gelblichen Flüssigkeit gefüllt, in der Dinge trieben. Zuerst konnte Lirith sie nicht erkennen, dann durchzuckte sie nacktes Entsetzen. Ein Glas war voller Augäpfel, ein anderes voller Schlangen; in einem trieb ein zur Hälfte ausgebildeter Schweinefötus, dessen deutlich sichtbares Rückgrat nicht in einem, sondern in zwei Köpfen endete.
    Der Alte zeigte ein zahnloses Grinsen und strich mit etwas Dunklem, Trockenem und Verkümmertem über Aryns linken Arm. Eine Affenpfote. Die Baronesse schrie auf und stürzte aus dem Wagen. Dabei stieß sie gegen eine hinfällige Holzbühne, auf der ein – diesmal durchaus lebendiger – Affe zu den Schlägen einer Trommel tanzte. Die Bühne neigte sich und das dürre Geschöpf sprang auf Aryn, was einen weiteren Schrei auslöste. Sie schleuderte den Affen zurück zu seinem Besitzer, der ihn auffing, während er sie in einer melodischen, leidenschaftlichen Sprache anbrüllte.
    Lirith und Durge packten die Baronesse an den Schultern und lenkten sie schnell in eine andere Richtung. Aryn sackte mit einem atemlosen, zittrigen Lachen gegen sie, Tränen strömten ihr die Wangen hinunter. Unwillkürlich musste Lirith in das Lachen mit einstimmen, selbst Durges zerklüftete Wangen schienen zu zucken. Schließlich blieben sie neben einem Baum außerhalb des Wagenkreises stehen. Schweres Licht lag in der Luft, die Blätter über ihren Köpfen raunten sich leise grüne Geheimnisse zu, der Tag neigte sich seinem Ende entgegen. Aryns Gelächter erstarb, und sie stieß die Luft aus, während sie sich gegen die glatte Rinde des Baumes lehnte.
    »Ich fühle mich klebrig«, sagte sie.
    Lirith nickte zustimmend. Durge sagte nichts, aber seine Schnurrbartspitzen sträubten sich in seltsamen Winkeln.
    »Es ist fast Sonnenuntergang«, sagte Lirith. »Wir sollten ins Schloss zurückkehren. Die Königin würde es bemerken, wenn wir nicht beim Abendessen sind.«
    Durge legte eine Hand auf den Magen und verzog das Gesicht. »Bitte, Mylady. Darf ich Euch bitten, heute Abend nicht mehr das Wort Essen zu erwähnen?«
    Lirith schenkte dem Ritter ein verschmitztes Lächeln. »Ich habe Euch ja gesagt, nicht noch einen Gewürzkuchen zu essen.«
    »Und zweifellos werde ich für meine Dummheit bezahlen, Mylady. Muss ich auch noch von Eurer spitzen Zunge bestraft werden?«
    Lirith lächelte freundlich.
    Aryn löste sich von dem Baum. »Können wir langsam zum Schloss zurückgehen? Es ist ein so schöner Tag.«
    Die beiden Frauen setzten sich Arm in Arm in Bewegung, und Durge ging langsam hinter ihnen her.
    »Na, das ist ja ein Anblick«, sagte eine Stimme, die so tief und volltönend wie eine Bronzeglocke war. »Dort gehen der Mond und die Sonne Arm in Arm. Und seht nur – sie werden von einer grauen Wolke verfolgt.«
    Sie blieben ruckartig stehen und blickten sich um. Lirith brauchte einen Augenblick lang, bevor sie die gewaltige Gestalt entdeckte, die in den länger werdenden Schatten zweier Bäume lauerte. Dann erkannte sie den Knochenkamm auf dem Rückgrat, den biegsamen Hals, die zusammengefalteten Fledermausflügel. Neben ihr keuchte Aryn auf, und aus dem Augenwinkel sah sie, wie Durge vergeblich nach dem Breitschwert griff, das nicht auf seinem Rücken festgeschnallt war.
    Einen Herzschlag lang verschlug es Lirith in die hohe, von Wind umtoste Steinarena, wo sie dem Drachen Sfithrisir begegnet waren.
    Und hier sind zwei Töchter Sias, beide dazu verdammt, ihre Schwestern und ihre Herrin zu verraten …
    Aber wie konnte eine solch
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