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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm
Autoren: Anthony Mark
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gewünscht, daß …« Daß er was? Er war sich nicht sicher.
    Sie lächelte. »Ich habe vor langer Zeit gelernt, meine Entscheidungen nicht zu bedauern.«
    Sie holte die Mandoline aus dem Kasten hervor und fing an, sie mit geschickten Fingern zu stimmen. Sie war blank poliert, aus dunklem Holz gefertigt und glänzte mit einer Patina, die von langer Benutzung kündete.
    »Und, wer ist die Glückliche, die dich schließlich gekriegt hat?«
    Er schüttelte den Kopf. Sie warf Mitchell und Davis Burke-Favor einen verschmitzten Blick zu, die Schulter an Schulter von der Jukebox wegschritten.
    »Also gut, wer ist der Glückliche?«
    Er lachte und schüttelte erneut den Kopf. Ihr Lächeln verblaßte zu einem wissenden Ausdruck.
    »Du bist also allein.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Hast du nicht gesagt, man soll seine Entscheidungen nicht bereuen?«
    »Und ist es eine Entscheidung?«
    Travis rieb sich die rechte Hand. Auf diese Frage wußte er keine Antwort. Schließlich zeigte er auf die Mandoline. »Weißt du, ich hatte einen Freund, der dieses Instrument geliebt hätte. Er war Antiquitätenhändler. Jack hat mir immer gesagt, die beste Methode, das Hier und Jetzt zu verstehen, bestünde darin, es mit den Augen einer fernen Zeit oder eines fernen Orts zu sehen.«
    Deirdre schlug einen leisen Akkord. »Sowohl für das Volk meiner Mutter wie auch das meines Vaters ist Geschichte etwas sehr Wichtiges. Die Mandoline gehörte dem Großvater meiner Mutter. Er hat sie aus Irland mitgebracht. Jedesmal, wenn ich darauf spiele, denke ich an ihn, und wie mutig er war, einen Ozean zu überqueren, um in ein Land zu kommen, das er nie zuvor gesehen hatte.« Ihre Finger spielten eine sehnsüchtige Melodie. »Dein Freund Jack scheint ein kluger Mann zu sein.«
    Travis war nicht auf den Kloß vorbereitet, der sich in seinem Hals festzusetzen schien. »Ja, das war er. Die hier stammt von ihm. Erinnerst du dich?«
    »Die Brille des Revolverhelden.« Deirdre lächelte heiter, und ihre Musik wurde zu einem Klagelied.
    Travis lachte. Er konnte sich immer noch genau an den Tag erinnern, an dem Jack ihm die Brille gegeben hatte. Er hatte im Magician’s Attic in einem Kasten herumgekramt, nachdem er seinem alten Freund geholfen hatte, den Keller aufzuräumen. Da hatte er sie gefunden – verbogen, matt angelaufen, mit zersprungenen Gläsern. Er hatte sie Jack gezeigt.
    Da hat sie sich also versteckt. Gut, daß du sie gefunden hast, Travis. Ich glaube, die gehört dir.
    Es war eine seltsame Bemerkung gewesen, aber Jack sagte viele seltsame Dinge, also hatte Travis nur mit den Schultern gezuckt und die Brille angenommen.
    »Weißt du, es ist interessant, daß du dir gerade diese Augen ausgesucht hast, um dadurch die Welt zu betrachten.«
    »Findest du? Ich schätze, ich fand die Vorstellung ganz amüsant, der Böse zu sein.« Er verzog die Lippen zu einem hämischen Grinsen und schenkte Deirdre den besten stählernen Blick, den er zustande brachte. »Das ist ein Überfall, Ma’am.«
    »Furchterregend«, sagte sie. In ihren dunklen Augen funkelte es heiter. »Aber mal im Ernst, Travis. Warum die Brille eines Revolvermannes? Warum nicht die eines Sheriffs oder eines Rangers?«
    Travis kratzte die rotblonden Stoppeln an seinem Kinn. »Ich weiß es nicht. Ich schätze, ich bin eben doch kein Heldentyp.«
    »Ach?«
    »Das stimmt. Selbst als Kind konnte ich mich nie mit den Helden im Märchen identifizieren. Ich wollte insgeheim immer eines der Ungeheuer sein, um sie zu fressen.« Er lächelte sein gemeinstes Lächeln. »Der Troll unter der Brücke – das war ich.«
    Deirdre warf ihm einen scharfen Blick zu. »Das hört sich aber nach deinem Schattenselbst an.«
    »Mein Schattenselbst?«
    »Deine dunkle Seite, dein Doppelgänger, dein Manitu – wie auch immer du es nennen willst.« Sie nahm ihre Tasse. »Vielleicht gibt es ganz tief in deinem Inneren einen Teil von dir, der wirklich ein Revolvermann sein könnte.«
    Travis blickte auf seine Hände herunter. Er konnte es nicht sehen, aber er konnte es fühlen – Jacks Zeichen, die Rune der Runen, die unter der Haut seiner Handfläche kribbelte. »Nein, ich könnte niemals das tun, was er getan hat.«
    »Sei vorsichtig, Travis. Der menschliche Geist ist ein großer, tiefer Ozean. Jeder von uns hat die Fähigkeit, Dinge zu tun, über die wir gar nicht nachdenken wollen. Und das ist gut so. Aber wenn du zu leugnen versuchst, daß diese Fähigkeit existiert, kann sie sich unter Umständen auch
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