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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anthony Mark
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Castle City gekommen, bevor sie weiterzog.
    »Die Berge schenken mir Lieder«, sagte sie. »Ich hasse es immer, sie zu verlassen.«
    Travis wußte nur, daß er noch niemals etwas so Schönes gehört hatte, als sie auf der polierten Mandoline, die sie aus dem Kasten geholt hatte, eine Melodie spielte. Er räumte die Kisten von der Plattform neben dem Klavier, die einst als Varietebühne gedient hatte, und stellte dort einen Stuhl auf. In den nächsten beiden Wochen saß Deirdre Falling Hawk jeden Abend auf der kleinen Bühne und spielte auf ihrer Mandoline. Sie war von sowohl irischer wie auch indianischer Abstammung, und sie brachte beide Traditionen in ihre einfache, im Gedächtnis haftenbleibende Musik ein. Nach diesem ersten Abend verbreitete sich die Neuigkeit schnell, und jeden Abend drängten sich die Einheimischen in der Bar, um sie ein Repertoire spielen zu hören, das Madrigale aus dem dreizehnten Jahrhundert, keltische Balladen und Mythen der Prärieindianer umfaßte, die sie mit ihrer melodischen Stimme rezitierte.
    Während der Tage sah Travis nur wenig von ihr. Aber ein paarmal hielt sie ihre Harley an, wenn sie auf der Elk Street an ihm vorbeifuhr.
    »Spring drauf, mein sanfter Krieger«, pflegte sie dann zu sagen.
    Mein sanfter Krieger. So nannte sie ihn immer, nachdem er ihr die Geschichte der antiken Nickelbrille erzählt hatte, die er trug und die einst dem Revolverhelden Tyler Caine gehört hatte.
    Er kletterte hinter ihr auf das Motorrad, und sie donnerten den Canyon hinauf und legten sich schräg in die Kurven. Und schließlich, eines Nachts, saßen sie da und unterhielten sich noch lange, nachdem der Saloon geschlossen hatte, tranken Whiskey und tauschten kleine Träume aus. In einem stillen Augenblick hätte Travis beinahe die Hand ausgestreckt, um über ihr Haar zu streichen. Beinahe. Seine Hand verharrte und griff dann unbeholfen nach dem Glas.
    Er war sich später nie sicher gewesen, warum er es nicht getan hatte, warum er nicht zugelassen hatte, daß sich seine Finger in der Weichheit ihres Haars verfingen, warum er sie nicht an sich gezogen und geküßt und sie auf einer Decke auf dem mit Sägespänen bedeckten Boden geliebt hatte. Aber Liebe war eine Art Macht, nicht wahr? Und Macht war, wie er nur zu gut wußte, eine gefährliche Sache.
    Am nächsten Abend hörte er Deirdre nach ihrem Auftritt auf ihrem Motorrad die Elk Street entlangbrausen. Er hatte sie niemals wiedergesehen.
    Bis zu diesem Augenblick.
    Er musterte sie. »Ich hätte wissen sollen, daß der Hobel da draußen dir gehört.«
    »Der ist neu. Ich habe ihn letzten Sommer in Cody bekommen.« Ihre Lippen verzogen sich zu einem durchtriebenen Lächeln. »Ich habe ihn beim Pokern einem Hell’s Angel aus L.A. abgenommen.«
    »Erinnere mich daran, mich niemals von dir zu einer Partie Fünf-Karten-Stud überreden zu lassen.«
    »Keine Sorge, Travis. Ich würde dich gewinnen lassen. Zumindest ein- oder zweimal.«
    Er deutete auf den Holzkasten, der an ihrer Schulter hing. »Bist du gekommen, um zu spielen, Deirdre?«
    »Vielleicht. Kommt auf die Gage an.«
    Travis schlug auf eine Taste der antiken Registrierkasse, dann kratzte er sämtliches vorhandene Geld zusammen. Er zählte es auf dem Tresen.
    »Wie wäre es mit zweiundfünfzig Dollar und siebzehn Cent?«
    Deirdre stand auf, strich das Geld ein und stopfte es in eine Tasche. »Sieht so aus, als hättest du gerade eine Künstlerin gebucht, Travis.« Sie drehte sich um und ging langsam zu der Bühne neben dem Klavier; sie bewegte sich mit der Geschmeidigkeit eines Rehs.
    Max legte im gleichen Augenblick den Hörer auf die Gabel, obwohl offensichtlich war, daß er schon seit Minuten nicht mehr gesprochen hatte. »Eine gute Freundin von dir?«
    Travis füllte zwei Tassen mit dampfendem Kaffee. »Eigentlich nicht.«
    »Natürlich«, sagte Max. »Der Kuß hat euch verraten. Auf diese Weise grüßen sich in New York völlig Fremde.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß sie eine Fremde ist.«
    Max’ Sichelbart umrahmte ein breites Lächeln. »Entscheide dich, Partner.«
    Travis beschloß ihn zu ignorieren, trug die Tassen hinüber zu Deirdre, stellte sie auf dem Klavier ab und setzte sich rittlings auf die davorstehende Bank.
    »Es ist schön, dich zu sehen, weißt du«, sagte er.
    Sie hob die dunklen Augenbrauen. »Tatsächlich?«
    Wieder dachte Travis an jene Nacht, als er sie hatte berühren wollen und es nicht getan hatte. »Ja, das ist es. Ich wollte immer … Ich habe mir immer

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