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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm
Autoren: Anthony Mark
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Holzplanken gezimmerte Laufgänge. An die Stämme waren Leitern genagelt, die zu auf den mächtigen Ästen errichteten Holzhütten führten. Grace wollte etwas sagen, aber bevor sie die richtigen Worte fand, löste sich aus einer in der Nähe stehenden Gruppe von Rittern eine große Gestalt und kam auf sie zu.
    »Grace, da seid Ihr ja.«
    Beltan grinste, und wie immer fand es Grace erstaunlich, wie die einfache Handlung des Lächelns das Gesicht des blonden Ritters verwandeln konnte. Im Gegensatz zu seinem Onkel König Boreas war Beltan kein besonders ansehnlicher Mann. Er war groß und gerade gewachsen, aber schlank, mit langem weißblonden Haar, das oben auf dem Kopf bereits dünner wurde. Seine grünen Augen waren hell, aber eher klein, und sein Gesicht – das von einem dünnen gelben Schnurrbart geschmückt wurde, der beide Seiten des Mundes einrahmte – war breit und unauffällig. Doch wenn er lächelte, war es, als würde ihn ein Licht anstrahlen, welches das, was freundlich, aber reizlos war, in Schatten hüllte und dafür das Verborgene hervorhob, das edel und schön war.
    Grace erwiderte das Grinsen des Ritters. Es war gut, ihn lächeln zu sehen. Es hatte auf Calavere eine Zeit gegeben, wo dieser Ausdruck nur selten zu sehen gewesen war.
    »Langsam fragte ich mich schon, ob Sir Tarus Euch wohl verloren hat.« Beltan blinzelte dem rothaarigen Ritter zu.
    Tarus breitete die Arme zu einer vorgeblichen Entschuldigung aus. »Ich habe bloß den schöneren Weg genommen.«
    Beltan hob die Hand an den Mund und flüsterte halblaut: »Sir Tarus ist nicht der hellste Bursche, und er hat noch nicht so richtig begriffen, daß ein Baum wie der andere aussieht. Aber er ist hübsch anzusehen, also behalte ich ihn in meiner Nähe.«
    Der rothaarige Ritter lächelte bloß, als hätte er kein Wort davon verstanden. Grace unterdrückte ein Lachen.
    Lirith schwebte heran; sie hielt den Saum ihres Reitgewandes gerade hoch genug, um die Blätter am Boden nicht zu berühren. »Seid Ihr sicher, daß Ihr und Eure Männer hier arbeiten?« Sie schaute zu den Bäumen hinauf. »Für mich sieht das alles verdächtig nach Vergnügen aus.«
    Tarus kratzte seinen roten Spitzbart. »Die Baumfestungen waren Sir Beltans Idee«, sagte er trocken.
    Der große Ritter zuckte mit den Schultern. »Welcher König hat je bestimmt, daß Arbeit kein Vergnügen sein kann?«
    Lirith lachte, aber dann verblaßte Beltans Lächeln.
    »Und es gibt andere Gründe, warum man sich in der Nacht nicht am Boden aufhalten sollte.«
    Sie folgten Beltan durch das Lager zu einem Kreis aus Baumstümpfen, die man um eine Feuergrube postiert hatte. Unterwegs zählte Grace fünfzehn Männer, und sie schloß aus der Anzahl der Baumhäuser, daß sich die gleiche Anzahl auf Patrouille oder auf Wachposten befand.
    Daynen plauderte unablässig, während Lirith ihn am Ellbogen führte; er erkundigte sich nach dem Aussehen der Ritter und nach der Anzahl der Baumfestungen und stellte noch andere Fragen, deren Beantwortung der Hexe schwerer fiel. Glücklicherweise kam Tarus ihr zu Hilfe und erklärte, wie die Ritter das Lager gebaut hatten. Als sie den Kreis erreichten und sich setzten, wandte sich Daynen an einen anderen Mann und fragte ihn aus. Lirith warf Tarus einen dankbaren Blick zu. Der rothaarige Ritter verneigte sich.
    »Ihr solltet lieber zweimal nachdenken, bevor Ihr mir einen solchen Respekt erweist, Krieger aus Calavan«, sagte Lirith.
    »Warum denn das, Mylady?« fragte Tarus.
    Lirith stützte den Ellbogen auf die eine Hand und tippte sich mit dem Zeigefinger der anderen Hand an die dunkle Wange, als würde sie nach den richtigen Worten suchen. »Königin Ivalaine ist meine … Herrin.«
    Tarus hob eine Braue. Er schien ehrlich überrascht zu sein, aber nur einen Augenblick lang, denn dann kehrte das Grinsen zurück. »Ich verstehe. Bedeutet das, daß Ihr mit Eurem Finger wedelt und mich in einen Busch verwandelt, Mylady?«
    »Habt Ihr keine Angst, Krieger?«
    »Oh, ich zittere.«
    Lirith lachte, aber das Lachen endete in einem Seufzer, und als sie wieder sprach, war die Ausgelassenheit aus ihrer Stimme verschwunden. »Ich hoffe nicht, daß einmal der Augenblick kommt, an dem das der Wahrheit entspricht, Krieger Vathris’. Tatsächlich gibt es unter Euren Glaubensgenossen Leute, die die Meinung vertreten, daß dieser Augenblick bereits da ist.«
    »So wie unter Euren Schwestern, Mylady.«
    Lirith nickte.
    Grace verfolgte das Gespräch mit Interesse. Ihr war
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