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Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm

Titel: Die letzte Rune 03 - Der Runensteinturm
Autoren: Anthony Mark
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sie etwas gespürt, was Lirith entgangen war? Aber vielleicht brauchte man keine Magie, um zu wissen, wer – nein, was – das Feuer ausgelöst hatte. Grace richtete den Blick wieder auf den verbrannten Wolfskadaver, und sie dachte an den Bären zurück – das Tier, das aus dem Unterholz hervorgebrochen war, um Durge anzugreifen und Garf zu töten. Sie erinnerte sich an sein Knurren, als wäre er von Sinnen gewesen. Und an die verbrannten, blasenübersäten Stellen in seinem Pelz.
    Plötzlich verstand sie. Sie holte tief Luft und öffnete den Mund, um den anderen von ihrer Erinnerung zu berichten und was sie bedeutete.
    Ihre Worte wurden von einem hellen Fanfarenstoß übertönt. Der Laut hallte zwischen den Bäumen und wurde von der Lichtung zurückgeworfen. Bevor einer der Reiter etwas sagen konnte, trat ein Mann aus den Schatten zwischen zwei Bäumen. Er war hochgewachsen, aber das war auch schon alles, was Grace sehen konnte, denn ein langer, brauner Umhang verhüllte seinen Körper, und eine grüne Kapuze hing ihm tief ins Gesicht.
    Neben ihr ertönte Durges Fluch, und Grace riß rechtzeitig den Kopf herum, um ein Dutzend weiterer Gestalten aus dem Wald treten und am Rand des Kreises Aufstellung nehmen zu sehen. Sie alle trugen Umhänge und Kapuzen in Waldfarben. Hier und da ragten Schwertgriffe unter den Umhängen hervor.
    Eine kleine Hand griff fest nach Graces. Sie sah hinunter in Tiras furchterfüllte Augen, und sie legte einen Arm um das Mädchen und drückte es an sich. Lirith und Aryn sahen Grace verblüfft an, und Daynen starrte stumm und mit angespannter Miene geradeaus. Er brauchte weder Augen noch Magie, um die Gefahr zu spüren.
    »Wir wollen keinen Ärger mit euch«, sagte Durge. »Laßt uns passieren, und keinem wird etwas geschehen.«
    Der Embarraner saß aufrecht und mit grimmigem Gesicht im Sattel. Meridars Hand tastete sich dem Schwertgriff entgegen, aber Grace wußte, daß es sinnlos war. Ganz egal, über welches Geschick Durge und Meridar auch verfügten, sie standen nur zu zweit einem ganzen Dutzend gegenüber. Und die Bewaffneten hatten sie eingekreist.
    Durge warf Grace einen Blick zu. Sie verstand die darin liegende Botschaft: Wenn es anfängt, reitet los. Durge nickte Meridar zu, dann griff er nach dem riesigen Schwert, das auf seinen Rücken geschnallt war.
    Ein neuer Laut durchbrach die Stille des leblosen Kreises. Es war Gelächter.
    »Haltet ein, Sir Durge. Es war auch so schon ein übler Tag. Ich will ihn wirklich nicht damit beenden, auf der Spitze Eures Breitschwertes zu tanzen.«
    Durge erstarrte, als die ihnen am nächsten befindliche Gestalt vortrat, die Arme hob und die grüne Kapuze zurückschlug. Grace starrte den Mann atemlos an, dann verwandelte sich ihre Furcht in warme Freude. Mit einer schnellen Bewegung löste sie sich von Tira, glitt von Shandis’ Rücken und rannte los, um sich dem großen, grobknochigen Mann mit dem sich lichtenden blonden Haar und dem Lächeln, das an die Morgenröte nach einer dunklen Nacht erinnerte, in die Arme zu werfen.
    »Ich finde es auch schön, Euch wiederzusehen, Lady Grace«, sagte Beltan mit einem Kichern und drückte sie fest an sich.

39
    » Es ist nicht mehr weit, Euer Durchlaucht«, sagte der große, rothaarige Mann, der Graces Pferd führte.
    Grace seufzte. Sie hatte geglaubt, diesen Titel meilenweit hinter sich gelassen zu haben, aber anscheinend war das ein Irrtum gewesen. Der Mann – nein, der Ritter, berichtigte sie sich, denn trotz der einfachen Kleidung waren er und seine Gefährten alle Ritter des Ordens von Malachor – hatte sich tief verbeugt, als Beltan ihren Namen sagte.
    Dabei war sie sich immer weniger sicher, ob sie der Titel und der damit einhergehende Gehorsam störte, vielmehr kam sie zusehends zu dem Schluß, daß es etwas anderes war. Aber was?
    Es kommt dir richtig vor, Grace. Daß sich die Männer vor dir verbeugen. Es ist, als müßte das so sein.
    Nein, der Gedanke war absurd. Sie war ein Nichts, ein Niemand. Der Tag, an dem sie glaubte, tatsächlich von adligem Geblüt zu sein, würde der Tag sein, an dem sie genug Eberwurzeltee getrunken hatte, um ihr Gehirn in Matsch zu verwandeln, der ihr aus den Ohren lief. Sie griff mit der einen Hand in Shandis’ Mähne, hielt mit der anderen Tira fest und ließ den Ritter sie durch den stillen Wald führen.
    Grace hoffte, daß sie das Lager der Ritter bald erreicht hatten. Sie konnte es kaum abwarten, Beltan von dem wahren Ziel ihrer Reise zu berichten,
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