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Die letzte Nacht der Unschuld

Die letzte Nacht der Unschuld

Titel: Die letzte Nacht der Unschuld
Autoren: India Grey
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Schokoeiscreme aus dem Becher gelöffelt hatte, stand Cristiano auf und ging zur Bar, um die Rechnung zu begleichen. Eingelullt von Wein, Wärme und Verlangen, sah Colleen ihm nach. Er musste den Kopf einziehen, um nicht an die schweren Holzbalken der niedrigen Decke zu stoßen. Als er mit der Hand in seine Gesäßtasche fuhr, um das Portemonnaie hervorzuziehen, wurde ihr Mund trocken.
    „Ich mag Cristiano“, sagte Alexander neben ihr.
    „Ich auch“, erwiderte Colleen leise und zog ihren Sohn fest in die Arme. „Ich auch, mein Schatz.“
    Auf der Rückfahrt sprach niemand ein Wort. Der zerbrechliche Zauber des Tages hing in der Luft und hielt sie alle in seinem einzigartigen Bann.
    Auf dem Beifahrersitz schrie Colleens Körper förmlich danach, von Cristiano berührt zu werden. Sie lehnte sich mehr und mehr zu ihm hinüber. Jedes Mal, wenn er einen anderen Gang einlegte, streiften seine Hände ihr Knie oder ihren Schenkel, und die Lust in ihr explodierte. Sie wagte nicht, ihn anzusehen. Ihre Selbstbeherrschung hing nur noch an einem seidenen Faden.
    Alexander war eingeschlafen, sein Kopf zur Seite gerollt. Sobald Cristiano jedoch den Wagen vor Colleens Haus hielt, wurde der Junge wach.
    Blinzelnd schaute er sich um. „Zu Hause?“
    „Ja, wir sind zu Hause.“ Colleen ließ ihren Sicherheitsgurt aufschnappen. „Und du gehörst jetzt ins Bett. Erst waschen und Zähne putzen und dann schlafen.“
    Colleen machte ihn aus dem Kindersitz los. Cristiano beugte sich in den Wagen, um seinen Sohn auf den Arm zu heben. Dabei berührten seine Hände die von Colleen, und Funken knisterten in der Luft zwischen ihnen.
    Cristiano hielt seinen Sohn sicher an sich gepresst und trug ihn ins Haus. Er flehte darum, dass seine Erregung sich noch für eine Weile im Zaum halten ließ. Dio , noch niemals hatte er eine Frau derart begehrt. Ihm war immer bewusst gewesen, dass ein Kind sein Leben grundlegend verändern würde, in vieler Hinsicht. Aber die Wirkung auf seine Libido hatte er nicht vorausgesehen.
    Er lächelte zerknirscht. Sex hatte er haben können, wann immer er wollte. Verlangen zurückzuhalten war eine völlig neue Erfahrung, ebenso exquisit wie quälend. Die simpelsten Dinge schienen plötzlich unglaublich erotisch zu sein – wie Colleen sich das Haar hinter die Ohren steckte. Das flüchtige Aufblitzen eines rosafarbener BH-Trägers, als Colleen sich vorgebeugt hatte, um Alexander ein Stückchen Hummer auf den Teller zu legen. Der Schein des Kaminfeuers, das sich in ihren Augen spiegelte.
    Er wollte sie ausziehen und ihren Körper genauestens studieren – den Körper, in dem sein Kind herangewachsen war. Er wollte die Brüste liebkosen, die seinen Sohn genährt hatten. Er wollte, dass sie wieder ganz ihm gehörte.
    Auf dem Weg nach oben in den ersten Stock musste er den Kopf einziehen, um sich nicht an den niedrigen Treppenüberhang zu stoßen. Drei Türen führten vom Treppenabsatz ab, doch Cristiano wusste sofort, welches Zimmer Alexanders war – Bilder von Rennwagen umrahmten ein großes A. Das Haus war so klein … er würde sehr, sehr leise sein müssen, wenn er Colleen später liebte.
    „Ich bin noch gar nicht müde“, behauptete Alexander, als Cristiano die Tür mit der Schulter aufstieß. „Cristiano soll mir eine Gutenachtgeschichte vorlesen.“
    Maledizione . Damit hatte er nicht gerechnet.
    Er ließ sich nichts anmerken, legte seinen Sohn vorsichtig auf dem Bett ab und schaltete die Nachttischlampe ein.
    Colleen erschien in der Tür, ihre Stimme leise und beruhigend, als sie sprach. „Komm, Schatz, Schlafanzug anziehen und dann Zähne putzen.“
    Alexander holte seinen Pyjama unter dem Kissen hervor und rannte damit ins Bad.
    Cristiano blieb in der Mitte des Zimmers stehen. Sein Puls raste, seine Handflächen waren feucht. Neben der Tür stand ein hohes Regal, voll mit Büchern – dicke Bücher mit ledernen Buchrücken und goldener Schrift, schmale mit bunten Buchstaben.
    Er hätte es voraussehen müssen. Wie hatte er nur so dumm sein können?
    Die Antwort drängte sich ihm auf, und er unterdrückte ein bitteres Lachen. Weil er immer dumm gewesen war. Zwanzig Jahre lang war er weggelaufen, hatte versucht zu beweisen, dass er nicht der Versager war, den die Lehrer und seine enttäuschte Mutter in ihm gesehen hatten. Doch hier, in diesem kleinen Zimmer mit dem abgenutzten Teppich und den Spielzeugautos auf dem Fenstersims, hatten seine Dämonen ihn gestellt. Es gab keinen Fluchtweg mehr.
    Im
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