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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation
Autoren: Arthur C. Clarke
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gegeben“, fuhr er fort. „Die Herrschaft über die Drehung der Erde muß wunderbar sein, aber nicht ganz vollkommen … Sie müssen wissen, Karellen, ich finde es sehr schwer, irgend etwas zu sagen, was Ihre Instrumente Ihnen nicht schon gemeldet haben. Es wäre nützlich gewesen, wenn Sie mir angedeutet hätten, was zu erwarten ist, und wenn Sie mir gesagt hätten, wie lange ich vielleicht warten muß. Wenn sich nichts ereignet, berichte ich in sechs Stunden wieder, wie wir vereinbart haben …
    Hallo! Jene müssen darauf gewartet haben, daß Sie fortgehen. Hier geschieht etwas. Die Sterne werden matter. Es ist, als ob eine große Wolke heraufzöge und sehr schnell den ganzen Himmel bedeckte. Aber es ist keine gewöhnliche Wolke. Sie scheint irgendein Gerippe zu haben. Ich sehe ein dunstiges Netz von Linien und Bändern, die dauernd ihre Stellung ändern. Es ist fast, als hätten die Sterne sich in einem gespenstischen Spinnennetz verfangen.
    Das ganze Netz beginnt zu glühen, von Lichtern zu zucken, als wäre es lebendig. Und ich vermute, das ist es auch: Oder ist es irgend etwas, so hoch über dem Leben, wie das Leben über der organischen Welt steht?
    Das Leuchten scheint auf einen anderen Teil des Himmels überzugreifen – warten Sie eine Minute, während ich mich ans andere Fenster begebe.
    Ja, ich hätte es mir denken können. Das ist eine große, brennende Säule, wie ein Feuerbaum, die über dem westlichen Horizont aufragt. Sie ist weit entfernt, direkt auf der anderen Seite der Welt. Ich weiß, wo es herrührt: ‚Sie’ sind endlich unterwegs, um ein Teil des Übergeistes zu werden. Ihre Probezeit ist beendet; sie lassen die letzten stofflichen Überbleibsel zurück.
    Während sich das Feuer von der Erde aufwärts ausbreitet, kann ich sehen, wie das Netz fester und weniger dunstig wird. An manchen Stellen sieht es fast geschlossen aus, aber die Sterne scheinen noch matt hindurch.
    Eben habe ich etwas begriffen. Es ist nicht genau das gleiche, aber das, was ich über Ihrer Welt emporsteigen sah, war diesem hier sehr ähnlich. War das ein Teil des Übergeistes? Ich nehme an, Sie haben die Wahrheit vor mir geheimgehalten, damit ich keine vorgefaßte Meinung habe und ein vorurteilsloser Beobachter bin. Ich möchte wissen, was Ihre Kameras Ihnen jetzt zeigen, um es mit dem zu vergleichen, was mein Geist mir vorspiegelt.
    Spricht es so zu Ihnen, Karellen, in Farben und Formen wie diesen? Ich erinnere mich an die Bildschirme in Ihrem Schiff und die Muster, die sich darauf zeigten und zu Ihnen in irgendeiner visuellen Sprache redeten, die Ihre Augen lesen konnten.
    Jetzt sieht es genau aus wie die Wolken der Morgenröte, die über die Sterne hintanzen und flimmern. Und das ist es ja auch in Wirklichkeit, davon bin ich überzeugt: Ein großer Morgensturm. Die ganze Landschaft ist erleuchtet, es ist heller als am Tag. Rote, grüne und goldene Tönungen jagen einander über den Himmel – oh, es ist mit Worten nicht zu schildern, es erscheint mir ungerecht, daß ich der einzige bin, der es sieht. Ich habe solche Farben nie für möglich gehalten …
    Der Sturm erstirbt, aber das große dunstige Netz ist noch da. Ich glaube, daß die Morgenröte nur eine Begleiterscheinung von irgendwelchen Energien war, die dort an der Grenze des Weltraums entfesselt werden …
    Einen Augenblick: Ich habe soeben etwas anderes bemerkt. Mein Gewicht nimmt ab. Was bedeutet das? Ich habe einen Bleistift auf den Boden geworfen – er fällt langsam. Irgend etwas ist mit der Schwerkraft geschehen. Jetzt kommt ein starker Wind auf. Ich sehe die Bäume unten im Tal ihre Äste schütteln.
    Natürlich – die Atmosphäre entweicht. Stock und Stein steigen zum Himmel auf, fast als wollte die Erde selbst versuchen, ‚jenen’ in den Weltraum zu folgen. Eine große Staubwolke wird vom Sturm aufgewirbelt. Es ist jetzt schwer, irgend etwas zu sehen – vielleicht wird es gleich wieder heller werden, so daß ich sehen kann, was sich ereignet.
    Ja, jetzt ist es besser. Alles Bewegliche ist entfernt, die Staubwolken sind verschwunden. Ich frage mich, wie lange dieses Gebäude noch stehen wird. Und es ist schwer zu atmen. Ich muß versuchen, langsamer zu sprechen.
    Ich kann wieder deutlich sehen. Die große, brennende Säule ist noch da, aber sie zieht sich zusammen, wird schmaler, sieht aus wie der Trichter eines Tornados, der sich in die Wolken zurückziehen will. Und – dies ist schwer zu beschreiben, aber gerade in diesem Augenblick fühlte
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