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Die letzte Generation

Die letzte Generation

Titel: Die letzte Generation
Autoren: Arthur C. Clarke
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das nicht überraschend ist. Die – Einheit –, von der sie ein Teil sind, weiß alles über uns. Sie scheint sich nicht darum zu kümmern, wenn wir sie zu studieren versuchen. Wenn sie wünscht, daß wir von hier fortgehen, oder wenn sie irgendwo eine neue Aufgabe für uns hat, wird sie uns ihre Wünsche sehr deutlich kundtun. Bis dahin werden wir hier bleiben, damit unsere Wissenschaftler so viele Kenntnisse sammeln können wie nur möglich.“
    Das also, dachte Jan mit einer Ergebung, die jenseits aller Trauer lag, war das Ende des Menschen. Es war ein Ende, das kein Prophet je vorausgesehen hatte, ein Ende, das Optimismus und Pessimismus in gleicher Weise verwarf.
    Dennoch war es würdig. Es hatte die erhabene Unvermeidlichkeit eines großen Kunstwerks. Jan hatte das Universum in all seiner furchtbaren Größe geschaut und wußte jetzt, daß es kein Ort für Menschen war. Er begriff endlich, wie vergeblich letzten Endes der Traum gewesen war, der ihn zu den Sternen gelockt hatte.
    Denn der Weg zu den Sternen war eine Straße, die sich nach zwei Richtungen gabelte, und keine führte zu einem Ziel, das irgendeine Rücksicht auf menschliche Hoffnungen oder Befürchtungen nahm.
    Am Ende des einen Weges standen die Overlords. Sie hatten sich ihre Eigenpersönlichkeit, ihr unabhängiges Ich erhalten; sie besaßen Selbsterkenntnis, und das Fürwort „Ich“ hatte eine Bedeutung in ihrer Sprache. Sie hatten Gefühle, von denen wenigstens einige von der Menschheit geteilt wurden. Aber sie waren, wie Jan jetzt erkannte, in einer Sackgasse gefangen, der sie nie entrinnen konnten. Ihre Gedanken waren zehn- oder vielleicht hundertmal so mächtig wie die der Menschen. Das machte jedoch in der Schlußrechnung keinen Unterschied. Sie waren ebenso hilflos, ebenso überwältigt angesichts des unvorstellbaren Gewirrs einer Milchstraße von hunderttausend Millionen Sonnen und eines Kosmos von hunderttausend Millionen Milchstraßen.
    Und am Ende des anderen Weges? Dort waltete der Übergeist, was er auch sein mochte, der im gleichen Verhältnis zum Menschen stand wie der Mensch zur Amöbe. Wie lange hatte er, in sich unendlich, jenseits der Sterblichkeit, eine Rasse nach der andern in sich aufgenommen, als er sich über die Sterne ausbreitete? Hatte auch er Wünsche, hatte er Ziele, die er dunkel spürte, aber vielleicht nie erreichen würde? Jetzt hatte er alles, was die menschliche Rasse je erreicht hatte, in sich aufgenommen. Dies war keine Tragödie, sondern eine Erfüllung. Die Milliarden flüchtiger Bewußtseinsfunken, die die Menschheit bedeutet hatten, flatterten nicht mehr wie Leuchtkäfer gegen die Finsternis. Aber sie hatten nicht völlig vergeblich gelebt.
    Der letzte Akt, das wußte Jan, würde noch kommen. Es konnte morgen geschehen oder erst in Jahrhunderten. Selbst die Overlords konnten es nicht mit Sicherheit wissen.
    Jetzt verstand er ihre Absicht, verstand, was sie mit den Menschen getan hatten und warum sie noch auf der Erde verweilten. Ihnen gegenüber empfand er eine große Demut und ebenso auch Bewunderung für die unveränderliche Geduld, mit der sie hier so lange gewartet hatten.
    Er erfuhr nie alle Zusammenhänge über die seltsame Symbiose zwischen dem Übergeist und seinen Dienern. Nach Raschaveraks Äußerung hatte es in der Geschichte seiner Rasse nie eine Zeit gegeben, in der der Übergeist nicht dagewesen war, obwohl er keinen Gebrauch von ihnen gemacht hatte, bis sie eine wissenschaftliche Zivilisation aufgebaut hatten und den Weltraum durchmessen konnten, um seine Befehle auszuführen.
    „Aber warum braucht er Sie?“ fragte Jan. „Bei seiner gewaltigen Macht könnte er doch sicherlich alles tun, was ihm gefällt.“
    „Nein“, sagte Raschaverak, „er hat Grenzen. In der Vergangenheit hat er, wie wir wissen, versucht, unmittelbar auf den Geist anderer Rassen einzuwirken und ihre kulturelle Entwicklung zu beeinflussen. Das ist immer mißlungen, vielleicht, weil die Kluft zu groß ist. Wir sind die Vermittler, die Wächter. Oder um eines Ihrer anderen Gleichnisse zu benutzen: Wir bestellen das Feld, bis die Ernte reif ist. Der Übergeist bringt die Ernte ein, und wir gehen an eine andere Aufgabe. Dies ist die fünfte Rasse, deren Aufstieg zur Vollendung wir beobachtet haben. Jedesmal lernen wir etwas mehr.“
    „Und es kränkt Sie nicht, daß Sie von dem Übergeist als Werkzeug benutzt werden?“
    „Diese Ordnung hat einige Vorteile; außerdem: Niemand mit Intelligenz nimmt Unvermeidliches
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