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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Autoren: Stephen Baxter
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Erinnerungen. Das befürchte ich jedenfalls. Ich erzähle ihnen viele Geschichten. Woher sie kommen.«
    Sie sprachen von anderen Freunden, von Thandie und Elena und der restlichen verstreuten Gemeinschaft der Wissenschaftler, die über die verbliebenen Funkgeräte noch immer ihre Kaminrunden abhielten, noch immer Zeugnis von der gewaltigen Transformation abzulegen versuchten, die über die Welt kam. Sie sprachen von Lammockson, der in Abwesenheit seines Sohnes gestorben war, und von den anderen ehemaligen Geiseln, von Piers, Helen und sogar von John Foreshaw, der in Barcelona den Tod gefunden hatte, ohne etwas von der Flut zu ahnen.
    Und von Grace. Gary wusste noch weniger über die Arche Eins als Lily; sie hatte längst akzeptiert, dass sie nie erfahren würde, was aus Helens Tochter geworden war.
    Sie sprachen auch über das kommende Jahr. »Ein Leckerbissen für Katastrophen-Connaisseure«, sagte Gary. »In den nächsten zwölf Monaten werden wir Kontinente en gros verlieren. Im Januar, wenn das Wasser den Berg Elbrus in Russland
bedeckt, wird Europa endgültig verschwinden. Im Mai ist Afrika an der Reihe, wenn der Kilimandscharo untergeht. Bis dahin werden auch die kontinentalen Vereinigten Staaten verschwunden sein, bis auf ein paar Berge in Alaska. Im Jahr darauf Südamerika, sogar die Anden, und dann ist in der westlichen Hemisphäre nichts mehr übrig …«
    Lily gab nur ungern zu, dass sie nicht genau wusste, wann der Januar kam und welcher Monat jetzt war. Draußen auf See verlor man diese Dinge aus den Augen. »Wie werden wir wohl die Zeit messen, wenn es kein Land mehr gibt? Vielleicht anhand der wichtigen Ereignisse, die wir erleben. Ich habe gehört, wie Manco und Ana vom ›Jahr der großen Welle‹ gesprochen haben.«
    Er beugte sich interessiert vor. »Was für eine große Welle?«
    Sie beschrieb sie, einen gewaltigen Wasserberg, der hundert Meter hoch gewesen sein musste und den Ozean von einem Horizont zum anderen umspannt hatte - ein beunruhigender, ja erschreckender Anblick. Aber die Flöße waren zu diesem Zeitpunkt im tiefen Wasser gewesen, und die Welle hatte sich nicht über ihnen gebrochen. Die Flöße waren einfach hinaufgeschwommen und auf der anderen Seite zügig hinuntergelassen geworden.
    Gary nickte. »Das klingt nach einer planetaren Welle. Die Meereswelten-Theorie sagt so etwas voraus. Eine Woge im globalen Maßstab, die immer wieder die endlosen Meere der Welt umrundet.«
    »Weil sie nichts aufhält.«
    »Genau. Vielleicht ist sie von einem Seebeben oder einem Erdrutsch ausgelöst worden. Das Gewicht des auf dem Land liegenden Wassers verursacht immer noch geologische Gegenreaktionen.
Wir sehen es an den seismischen Daten, aber in der Regel können wir nicht erkennen, was da geschieht. Es ist natürlich nicht mehr möglich, dort hinunterzugehen und nachzuschauen.«
    »›Meereswelten‹?«
    »Ja. Wir haben sogar ein paar am Himmel gefunden, damals, als wir noch Planetensucher-Teleskope hatten. Wenn man sich’s genauer überlegt, müsste eine Welt wie die frühere Erde, eine Mischung aus Meeren und felsigen Landschaften, eigentlich selten sein. Reine Gesteinswelten wie die Venus oder der Merkur oder reine Wasserwelten - wie der Titan oder andere Eismonde, Hunderte von Kilometern tiefe, gefrorene Meere über einem Gesteinskern - müssen viel häufiger vorkommen. Jedenfalls sehen wir jetzt, wie sich hier auf der Erde Meereswelten-Merkmale herausbilden - die planetaren Wellen, die ewigen Stürme von Hypercane-Stärke wie der Fleck und ein einfacheres, weltumspannendes Meereszirkulationssystem.«
    »Und was ist mit dem Leben?«
    Gary lächelte. »Ja, was ist damit? Weißt du, ich habe meine eigene Theorie darüber, wohin die Reise geht. Sag aber niemandem, dass du das von mir hast. Thandie würde mich umbringen, wenn sie mich hören könnte.«
    »Herrje, ich beurteile hier doch keine akademische Abhandlung. Erzähl’s mir einfach.«
    »Es gibt Präzedenzfälle. In den Zeiten des Superkontinents Pangäa, vor ein paar Hundert Millionen Jahren, als alle Kontinente noch verbunden waren, existierte ein halbwegs globaler Ozean, der sich annähernd mit unserem gegenwärtigen vergleichen lässt. Die Flut hat ja den biologischen Kohlenstoffkreislauf
völlig durcheinandergebracht … Kohlenstoff wurde durch Fotosynthese der Luft entzogen, in das pflanzliche Material an Land und im Meer eingelagert und dann durch die Atmung der Lebewesen wie auch durch Verwesungsprozesse wieder freigesetzt.«
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