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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Autoren: Stephen Baxter
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Strapaziöse Sache. Ana erinnert sich natürlich an gar nichts.«
    »Wenn Sie mich fragen, so wollen diese Kinder den ganzen Tag lang nichts anderes tun als schwimmen und vögeln. Manche von denen fangen Fische mit den Zähnen, wissen Sie. Höllischer Anblick.«
    »Na ja, vielleicht …«
    »Man muss sie unterrichten«, beharrte er und schlug mit der flachen Hand auf den Boden. »Wir dürfen nicht zulassen, dass unsere Kinder sich in verdammte Robben verwandeln. Sie müssen lernen, was geografische Länge ist. Sie müssen lesen, schreiben und rechnen lernen. Sie müssen lernen, dass sie auf einer verdammten Kugel im Himmel leben. Sonst werden sie Ihre Mondfinsternisse nämlich binnen einer Generation nicht mehr dazu nutzen, die geografische Länge zu ermitteln. Sie werden sich furchtsam vor Gottes allsehendem Auge ducken.«
    »Ich weiß, ich weiß …«
    »Dieser verdammte kleine Manco ist schlimmer, seit seine Mutter tot ist. Man kann über Kristie sagen, was man will -
und über mich hatte sie jede Menge zu sagen -, aber sie war eine gute, durchsetzungsfähige Mutter.«
    »Ach, finden Sie, dass ich meine Sache so schlecht mache?«, fuhr Lily auf. »Herrgott, Nathan, ich bin fast siebzig Jahre alt. Wenn ich seine Mutter zurückholen könnte, würde ich es sofort tun. Und Sie haben bei Hammond ja nun auch nicht gerade übermäßig tolle Arbeit geleistet.«
    Sobald es ihm nach dem Untergang der Arche möglich gewesen war, hatte Hammond ein paar Rettungsboote requiriert und war davongefahren, nach Süden, wie er gesagt hatte, in der Hoffnung, irgendwo in den Anden Fuß fassen zu können. Sein Vater hatte ihn nicht gehen lassen wollen. Ihre Trennung war von einem Faustkampf überschattet worden.
    Nun jedoch schien die Stichelei Lammockson nichts auszumachen. Er beugte sich näher zu Lily und flüsterte, obwohl niemand in der Nähe war, der ihn hören konnte: »Wo wir gerade von Hammond sprechen. Ich habe heute eine Botschaft von ihm bekommen.« Sie waren über aufziehbare und solarbetriebene Funkgeräte in Kontakt geblieben. »Er hat ein paar Neuigkeiten über den Fleck geschickt.«
    Der »Fleck« war ein offenbar dauerhaftes Hypercane-System, das in den Tropen umherzog und sich von der Wärme der immer stärker aufgeheizten Luft ernährte, ohne, wie ähnliche Stürme früher, von Land behindert zu werden. Man bezeichnete es als »Fleck«, weil man glaubte, dass es vom Weltraum aus betrachtet wie einer aussehen würde, wenn es noch funktionierende Satelliten gäbe - ein permanenter Sturm auf der Erde, wie der Große Rote Fleck auf dem Jupiter. Lammockson spulte ein paar Koordinaten herunter. Es zahlte sich aus zu wissen, wo sich der Fleck und seine Stürme
befanden, damit man ihrer Zerstörungskraft entgehen und dennoch das vermischte, nährstoffreiche Wasser plündern konnte, das sie in ihrem Kielwasser hinterließen.
    »Und er hat eine Botschaft von Alma bekommen«, sagte Lammockson. »Oder vielmehr, er hat keine bekommen.«
    »Alma, Colorado.« Die höchstgelegene Stadt der Vereinigten Staaten. »Und jetzt?«
    »Gluck, gluck, gluck.«
    »O Gott!« Lily versuchte sich zu erinnern, wie kleinere amerikanische Städte ausgesehen hatten - die Innenstadt, die Einkaufszentren auf der grünen Wiese, die Schulhäuser, Tankstellen und Vororte. Fort, allesamt fort, vollständiger ausgelöscht als jedes verschwundene Weltreich der Vergangenheit.
    Die endlose Litanei der Verluste war zunehmend unwirklich. Das immer weiter steigende Wasser hatte inzwischen sogar Gebirgsstädte in den Anden verschlungen: Bogotà, Quito, La Paz. Und davor war Australien verlorengegangen, der erste Kontinent, der vollständig vom Antlitz der Erde verschwunden war. Mit Hilfe des improvisierten Kalenders in ihrem Handheld hatte Lily den Tag vermerkt, an dem sich das Meer ihren Berechnungen zufolge über dem zweitausendzweihundertachtundzwanzig Meter hohen Mount Kosciuszko in New South Wales geschlossen hatte, dem höchsten Punkt des Inselkontinents. Lily hatte zum Abschied leise Waltzing Mathilda gesungen …
    Sie hörte Lammockson nicht zu. Wie immer versank sie in Träumereien. Sie versuchte erneut, sich zu konzentrieren.
    Lammockson, der sanft hin und her schaukelte, redete weiter; er spulte seinen üblichen Sermon ab, legte wie immer
seine Vision der Zukunft dar. »Wir müssen dafür sorgen, dass diese Kinder weiterhin eine Ausbildung bekommen. Sie sind die Erben einer vierzigtausendjährigen Kultur. In der Vergangenheit war man überall von der
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