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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Autoren: Stephen Baxter
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russisch, ein Viertel englisch und ein Viertel Quechua«, sagte Lily, » wenn man glaubt, was Ollantay über sich behauptet hat.«

    »Was immer er gewesen ist - er wäre bestimmt stolz, wenn er seinen Enkel sehen könnte.«
    »Habt ihr Münzen?«, fragte Boris. »Könnt ihr Tricks?«
    »Lass die Leute in Ruhe, Boris«, mahnte Lily.
    Ein Mann trat vor. »Hallo, Lily Brooke.«
    »Jang - Jang Bahadur, Sie sind’s, nicht wahr? Mich laust der Affe. Und immer noch so ein hübscher Bursche.«
    »Und Sie sind das Licht meiner Augen, Lily Brooke.«
    »Lügner.«
    »Er hat für uns gearbeitet, Lily«, sagte Thandie. »Er und sein Sohn.«
    »Als Sherpa? Nicht mehr zur Juristerei zurückgekehrt, hm?«
    »Niemand braucht Anwälte.« Er machte eine Handbewegung zu dem Felsbrocken. »Aber schauen Sie sich das an! Schon wieder Pech. Da geht der letzte Berg dahin, und jetzt braucht auch niemand mehr Sherpas. Ich bin wieder arbeitslos.«
    »Sie schlagen sich schon durch. Schließlich haben Sie ja sogar das überlebt, was aus Tibet geworden ist. Ich wusste immer, dass Sie’s schaffen würden. Das ist jetzt auch weg, stimmt’s? So wie alles andere. Gut, dass wir’s los sind. Und Sie sind am Leben geblieben, um zu sehen, wie das Wasser das Dach der Welt bedeckt.«
    »Ich kann mich glücklich preisen …«
    Lily wurde bleich und krallte eine Hand in die Brust. Thandie machte ein besorgtes Gesicht. Boris’ Mutter Ana kam herbei, trat neben Lily, wie sie es in solchen Momenten immer tat, und strich ihr über das graue Haar.
    »So viele Fragen«, flüsterte Lily.

    »Ich weiß, Lily.« Thandie kniete sich vor sie hin und sah sie an. »Vielleicht solltest du dich ein bisschen ausruhen.«
    Irgendwo auf einem anderen Floß ertönte ein Gong. Der Ton hallte übers Wasser. »Es ist so weit«, schallten Rufe von einem Floß zum anderen. »Es ist so weit!« Auf allen Flößen wandten sich die Leute dem Felsbrocken im Ozean zu.
    Boris sah ebenfalls hin. Sah, dass das Wasser gestiegen war, noch während Thandie mit Oma Lily gesprochen hatte. Von dem Felsen war schon nicht mehr viel übrig, nur ein paar Kuppen, die vom Meer umspült wurden. Es war doch bloß ein Stein , dachte er erbittert. Aber seine Mutter hielt ihn fest an der Hand. Er wünschte, der Felsen würde sich beeilen und endlich versinken, damit es vorbei war und er schwimmen gehen konnte.
    »Fragen …«, sagte Lily, nach Atem ringend. Sie winkte Thandie zu sich. »Ich habe Gary gesehen. Er hat mich besucht. Ist schon Jahre her. Er hat gesagt, ich würde dich heute hier antreffen. Ich soll dir Grüße von ihm ausrichten.«
    Thandie gab ihr einen Kuss auf die Wange. »Danke.« »Er hat da so eine Theorie. Über das Leben auf einer Meereswelt. Stürme und so weiter. Ein neues Gleichgewicht.«
    Thandie schnaubte. »Gary hat nur Mist im Kopf. Er hat seit dreißig Jahren keine richtige wissenschaftliche Arbeit mehr geleistet. Ich liebe ihn von ganzem Herzen.«
    »Aber meinst du, es könnte sein? Ist das die Zukunft? Ist es bei all dem immer darum gegangen? Dass die Erde einen neuen Weg findet, das Leben zu erhalten?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Thandie. »Keiner von uns weiß das.«

    Der große Gong erklang erneut, und selbst Boris drehte sich um und beobachtete den Felsen.
    »Und das«, sagte Lily und zupfte Thandie am Ärmel, »das ist gut. Es hält mich nachts wach. Na ja, vieles hält mich nachts wach. Thandie, ich bin auf der Arche Drei gefahren. Und ich habe gesehen, wie die Arche Eins abgeflogen ist, oder ich glaube es zumindest. Aber …«
    Ein Windstoß bewirkte, dass der Felsen von einer Welle überspült wurde, und einen Augenblick lang war er vollständig vom Wasser bedeckt. Selbst die Fahne wurde durchnässt. Die Welle verebbte, der Felsen erhob sich wieder in die Luft, doch jetzt war er nass, er würde offenkundig nicht mehr lange zu sehen sein.
    Eine weitere Welle brach über ihn herein. Der Felsen tauchte nicht wieder auf. Eine Art trauriger Jubel ertönte auf allen Flößen.
    Der Moment war vorüber. Die kleine Ansammlung von Flößen löste sich auf. Die Leute redeten über reale Dinge wie das Fischen, darüber, ob es heute regnen würde, und kehrten dem Felsen den Rücken zu. Boris blickte zu der Reifenschaukel hinüber. Er brannte darauf, sie auszuprobieren. Sie war das Tollste, was er je gesehen hatte.
    Oma Lily zupfte immer noch an Thandies Ärmel. »Aber«, flüsterte sie, »aber, Thandie - was ist die Arche Zwei? «

Nachwort
    Wie in Kapitel 34 angemerkt,
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