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Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood

Titel: Die letzte Flut - Die letzte Flut - Flood
Autoren: Stephen Baxter
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Gary fuhr sich durch das schüttere Haar, dann sprach er weiter. »Vor der Flut ist dieser Kohlenstoffzyklus vom terrestrischen Leben dominiert worden, von den Grünpflanzen an Land, und diesen ganzen großen landbasierten Mechanismus haben wir verloren. Und wir haben auch einen zweiten Mechanismus weitgehend verloren, nämlich die Verwitterung des Oberflächengesteins - der Regen nimmt das Kohlendioxid in der Luft mit, es wird in Wasser gelöst, der saure Regen verätzt die Steine, blabla. Das hat zwar nur ein Tausendstel der biologischen Komponente ausgemacht, aber im größeren Zeitmaßstab ist - oder war - es effektiv.« Sein Blick schweifte über die Wassermassen jenseits des Floßes. »Schlimmer ist, dass die Aufnahmemechanismen in den Meeren versagen. Die steigenden Temperaturen verringern die Effizienz des Phytoplanktons. Die zunehmende Übersäuerung der Meere ist auch keine Hilfe - Kohlendioxid plus Wasser ergibt Kohlensäure. Zudem fehlen die kalten Polarströme, die unter das warme Wasser der niedrigen Breiten tauchen und Sauerstoff und Nährstoffe in die tieferen Schichten transportieren. Deshalb gibt es im Gefolge von Sturmsystemen immer Algenblüten - die Schichten vermischen sich nur zeitweilig und auf lokaler Ebene.«
    »Damit kennen wir uns aus. Wir ernähren uns davon.«
    Gary ging nicht auf ihren Einwurf ein; die Vorgänge, die sich nun vor seinem inneren Auge abspulten, nahmen ihn
zu sehr gefangen. »Obendrein haben wir all diese Aufnahmemechanismen genau in dem Moment eingebüßt, als es durch die Brände und das Verrotten der Vegetationsdecke des überfluteten Landes zu einer massiven, einmaligen Injektion von Kohlendioxid in die Luft kam. Es ist, als hätten wir alles Grüne auf dem Planeten verbrannt. Darum wird es zwangsläufig Veränderungen geben. Die Erde ist ein System von Materie- und Energieströmen, von Rückkopplungsprozessen.«
    »Gaia«, sagte Lily leise.
    »Das ist der Grundgedanke. Die langsame Aufheizung der Sonne hat schon immer den größten Druck auf sie ausgeübt - seit der Entstehung des Lebens hat sich die Energiezufuhr von der Sonne um etwa ein Drittel erhöht. Aber die Systeme von Gaia passen sich unbewusst an, um eine gleichmäßige Oberflächentemperatur aufrechtzuerhalten, eine Temperatur, bei der das Leben trotz dieser Aufheizung weiter existieren kann. In der Frühzeit wurde Methan - auch so ein Treibhausgas - in die Luft injiziert, damit die Temperaturen hoch blieben. Irgendwann vor ungefähr zwei Milliarden Jahren war der Output der Sonne optimal für das Leben auf der Erde. Seither wird es allmählich zu heiß, Gaia muss für Kühlung sorgen, und das tut sie hauptsächlich, indem sie Kohlendioxid aus der Luft holt und im Gestein einlagert, in fossilen Speichern wie Öl und Kohle.«
    Lily nickte. »Je weniger Treibhausgase es gibt, desto weniger Wärme ist gefangen.«
    »Ganz recht. Aber dieser Mechanismus nähert sich seiner Kapazitätsgrenze. Der Kohlendioxid-Tank der Atmosphäre ist - war - ziemlich leer. Gaia war bereits alt , schon vor der
Flut, und die heiße Sonne setzt ihr zu sehr zu. Manche von uns glauben, dass es sich bei der Vergletscherung - den Eiszeiten - um eine Art Experiment mit einem neuen stabilen Zustand handelte. Die Eiszeiten waren hart für die Menschen. Doch aus Gaias Perspektive verliert man zwar einen Prozentsatz der produktiven Oberfläche, wenn man die höheren Breiten dem Eis überlässt, reflektiert aber zugleich auch eine höllische Menge Sonnenlicht weg. Währenddessen kann das Leben in den abgekühlten mittleren Breiten und sogar auf der von den niedrigeren Meeresspiegeln freigegebenen Landfläche eine Blütezeit erleben. Außerdem sind die Meere fruchtbarer, wenn das Wasser kälter ist - Gaia mag’s gern kühl. Also hat der Mechanismus funktioniert. Aber es sah immer so aus, als pfiffe sie aus dem letzten Loch. Und jetzt stellt Gaia plötzlich fest, dass sie wasserreich und sehr heiß ist und sehr hohe Kohlendioxidniveaus hat. Sie steht erneut unter Belastung, einer Belastung, die in ihrer Geschichte womöglich beispiellos ist.«
    »Das sagt Thandie auch. Belastung …«
    »Ja, aber wir wissen, dass die Erde sich gern in stabilen Zuständen einrichtet, in denen all ihre geologischen, klimatischen und biologischen Zyklen zusammenwirken. Während der letzten paar Millionen Jahre hat sie zwischen Eiszeiten und Warmzeiten oszilliert. Jetzt, glaube ich, versucht Gaia, einen neuen stabilen Zustand zu erreichen, einen neuen
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