Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage
Autoren: Keren David
Vom Netzwerk:
was in der Art. Mein Herz wirft sich gegen die Rippen wie eine Katze auf dem Weg zum Tierarzt gegen das Gitter der Tragebox. »Was … was willst du?«, frage ich.
    Er beugt sich zu mir. Ich weiche zurück, bis ich mit dem Rücken gegen den Metallrahmen des Bettes stoße. Ich höre ihn sprechen, und ich bin wach, ich schwöre es.
    »Du hast mich umgebracht, stimmt’s, Kumpel?«
    »Nein … ich doch nicht, ich habe dich nicht … nein!«, quäke ich. Ich muss wach sein. Ich bohre mir die Fingernägel in den Arm. Es tut weh. Aber wie kann ich wach sein? Er ist tot. Oder bin ich auch tot?
    Er sieht mich an. »Streit’s nicht ab. Ich bin deinetwegen gestorben. Deshalb musst du machen, was ich dir sage.«
    Ich habe Alistair immer für einen ganz netten Typ gehalten, aber jetzt hat er ein echt fieses Lächeln drauf.
    »Was du … Was muss ich?«
    »Was ist so besonders an dir, hä? Warum müssen Leute wegen dir sterben? Diese alten Leutchen hier, die riskieren ihren Hals, wenn sie sich um dich kümmern. Bis jetzt bist du zu nicht viel nütze gewesen, du undankbarer kleiner Jammersack«, sagt er.
    »Was … was meinst du damit?«
    »Du zeigst ihnen, weshalb sie dein Leben schützen sollen, kapiert? Denn momentan frage ich mich wirklich –«
    Dann explodiert sein Kopf und ich bin von oben bis unten mit Blut und Gehirn und Schädelknochensplittern bekleckert, habe lauter weiches, nasses, warmes Zeug im Gesicht, auf den Händen, auf dem ganzen Körper.
    »Ääääääääh …« Es wäre ein Schrei geworden, aber zum Glück kriege ich keinen Ton heraus. Alistair ist weg, aber die Sauerei ist immer noch da, ich huste und würge und weiß nicht, wo der Lichtschalter ist, und traue mich nicht, mich zu rühren, aus Angst vor dem, was ich dann vielleicht sehen könnte.
    Dann dringt mir ein unverkennbarer Gestank in die Nase, und mir wird klar, dass ich in meiner eigenen Kotze liege.
    Unten geht ein Licht an und ich höre Helens Stimme rufen: »Ty … Ty … warst du das?« Ich antworte ihr nicht,kann nicht sprechen, und nach einer Weile geht das Licht wieder aus. Ich kann jetzt ein bisschen mehr sehen und bewege mich in Richtung Tür, wo ich nach dem Lichtschalter taste. Von unten dringen Gesprächsfetzen herauf.
    » … ein Rowdy und Schläger«, sagt Patrick, »was haben wir denn sonst erwartet? Louise hat uns die Wahrheit über ihn offensichtlich schon sehr lange schöngefärbt.«
    »Ach, ich bitte dich, darüber können wir uns doch jetzt noch kein Urteil erlauben«, erwidert Helen. »Gib ihm erst mal eine Chance, dem armen Jungen.«
    Dann höre ich nur noch ein Murmeln und schalte das Licht an. Da ist niemand. Da kann auch niemand gewesen sein. Ich muss schlecht geträumt haben. Aber ich bin sicher, dass ich wach gewesen bin.
    Ich schleiche ins Bad und dusche endlich. Danach habe ich mich schon den ganzen Tag gesehnt. In ein großes Badetuch eingewickelt – ehrlich gesagt, das tollste Badetuch, das ich je am Körper hatte –, krame ich in meiner Tasche herum. Doug hat wie ein Anfänger gepackt. Ein Schlafanzug ist natürlich nicht drin und – typisch! – auch Unterwäsche hat er nicht eingepackt. Also hab ich nichts zum Drinschlafen und auch nichts für morgen. Dafür habe ich vier Paar Jeans, mehrere T-Shirts, drei Kapuzenpullis, ein paar Laufklamotten und keine Socken. Nicht mal eine Zahnbürste ist dabei, dafür aber das Haarfärbemittel aus der Zeit, als ich noch Joe war, weil ich es nämlich nie ausgepackt habe. Ich stöbere im Bad herum und finde eine Zahnbürste in Kindergröße und einewiderliche Zahnpasta mit Kaugummigeschmack. Während ich mir die Zähne mit rosa Schaum putze, überlege ich mir, welches Kind sie wohl hiergelassen hat.
    Zum Glück habe ich meinen iPod in der Tasche gehabt, außerdem hat Doug an den Manchester United -Schal gedacht, den mein Dad mir geschenkt hat, als ich noch klein war. Ich ziehe ihn aus der Tasche und wickle mir die Fransen locker um die Finger, denn so bin ich früher immer eingeschlafen. Obwohl ich keine besonders gute Meinung von meinem Dad habe, bin ich doch froh über diesen Schal.
    Ich ziehe eine kurze Jogginghose an und beschließe, ohne Oberteil zu schlafen, um meine wenigen Sachen zu schonen. Dann ziehe ich das Bett ab, schmeiße die verschmutzen Laken und die Decke zu meinen dreckigen Sachen von heute auf einen Haufen. Mars-Kotze kann ich wirklich nicht empfehlen, das ist eine ziemlich ekelhafte Angelegenheit.
    Helen will ich jetzt nicht belästigen. Natürlich
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher