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Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage
Autoren: Keren David
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gut … und jetzt streichle ihr über den Kopf und den Rücken. Siehst du, jetzt mag sie dich. Wenn du ein paarmal mit uns spazieren gehst, seid ihr zwei ruck, zuck die besten Freunde.« Der blöde Hund schlabbert Bazillen über meine ganze Hand. Wenn er wollte, könnte er mir mit einem einzigen Biss locker einen Finger abbeißen.
    »Ich darf nicht spazieren gehen. Louise hat gesagt, ich darf das Haus nicht verlassen.«
    »Hmmm«, brummt Patrick. »Stell ich mir schrecklich vor, die ganze Zeit im Haus zu bleiben. Da dreht jederfrüher oder später durch. Aber jetzt zieh dich erst mal an, wir wollen ja nicht den ganzen Tag auf deinen nackten Oberkörper schauen, was, Meg?«
    Meg wufft mir ins Gesicht und ich zucke zusammen. Ich hole meine Wäsche aus dem Trockner, lege sie ordentlich zusammen und versuche, den Weg nach oben hinauszuzögern. Ich würde noch gerne die Laken bügeln, aber wahrscheinlich ist es wichtiger, dass das Bett gleich gemacht wird. Patrick schaut sich im Wäscheraum um.
    »Du lieber Himmel, hast du die ganze Nacht hier unten gebügelt?«, fragt er mich, als wäre es ein Verbrechen, ein paar Hemden zu bügeln. Ich kriege die Panik und lüge.
    »Nein. Ich habe nichts gemacht.«
    »Wer ist es dann gewesen? Die Bügelfee?«
    »Keine Ahnung. Ich habe nur meine Sachen gewaschen.« Ich komme mir vor wie beim Schuldirektor, der mich wegen der vielen miesen Einträge im Klassenbuch rügt. Außerdem weiß Patrick, dass ich lüge.
    »Julie ist immer die reinste Rekordbüglerin gewesen«, sagt er. »Sie hat dir wohl alles beigebracht, damit du eines Tages in ihre Fußstapfen treten kannst?«
    Wovon redet der Kerl? Wieso sollte meine Gran ihm seine Wäsche bügeln?
    Ich muss ziemlich verdutzt aussehen, denn er sagt: »Du hast doch gewusst, dass Julie früher unsere Putzfrau, unsere Kinderfrau und unser Mädchen für alles gewesen ist?«
    Er lügt. »Gran ist nicht Ihre Dienerin gewesen!«, sage ich wütend. Solange ich in der Schule war, hat meineGran in der Schulkantine gearbeitet. Und davor hat sie bei einem Buchmacher gearbeitet, und davor hatte sie eine gute Stelle gehabt, und zwar als … als … ich weiß nicht genau, was das für eine Stelle gewesen ist.
    »Ist schon lange her«, sagt er, ohne auf mich einzugehen. »Sie war uns eine große Hilfe, als die Mädchen noch klein waren. Danny kam zur Welt, kurz bevor sie Louise bekam, deshalb hat sie bei uns aufgehört, aber sie ist oft zu Besuch gekommen. Damals wohnten wir in Highgate, bevor wir hier rausgezogen sind. Danny und Louise waren befreundet, ehe Nicki ihre Bombe platzen ließ … Tja, wie auch immer, deine Großmutter war jedenfalls eine großartige Büglerin, und dein Großvater war der beste Hausmeister, der mir je begegnet ist.«
    Mein Großvater Mick ist kein Hausmeister gewesen! Er war Schreinermeister. Er hat im Parlamentsgebäude gearbeitet. Und mit Nickis »Bombe« muss er mich gemeint haben. Verfluchte Scheiße!
    »Ich geh mich anziehen«, sage ich mit so viel Würde, wie ich noch hinkriege – in Anbetracht der Tatsache, dass ich fast nackt bin, dass ich ihn dreist und durchsichtig wegen der Bügelsache angelogen habe, meine Beine von einem blöden Köter abgeleckt wurden und ich offensichtlich von Flittchen und Sklaven abstamme.
    Ich bin froh, dass mir Helen nicht auf der Treppe begegnet und in meinem Zimmer kein Geist sitzt. Ich dusche noch mal, um mich aufzuwärmen, und beziehe anschließend mein Bett. In meiner Hosentasche finde ich die zwei Nachrichten von Claire. Ich lese sie noch einmalund frage mich, ob es hier im Haus einen Computer gibt; und ich bekomme ein schlechtes Gewissen, weil gestern so viel passiert ist, dass ich so gut wie nicht an sie gedacht habe.
    Inzwischen habe ich einen tierischen Hunger. Ich gehe wieder die Treppen runter in die Küche, wo Helen und Patrick gerade Toast essen und Kaffee trinken. Es riecht sagenhaft gut.
    Helen springt gleich auf, macht mir auch einen Toast und gießt mir eine Tasse Kaffee ein. Beide sehen mich ein bisschen seltsam an und schon habe ich keinen Appetit mehr. Keiner sagt etwas. Ich knabbere am Toast und versuche mir vorzustellen, wie wütend sie gewesen sein müssen, als ich zur Welt kam. Keine Eltern sind begeistert, wenn ihr Sohn Vater wird, noch ehe er sein Abi gemacht hat. Garantiert wünschen sie sich heute noch, dass ich nie passiert wäre. Am liebsten würde ich das Haus auf der Stelle verlassen und laufen gehen, aber das darf ich nicht.
    Helen bricht das
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