Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die letzte Aussage

Die letzte Aussage

Titel: Die letzte Aussage
Autoren: Keren David
Vom Netzwerk:
ich noch nicht.
    Beim Essen herrscht oft ein komisches Schweigen. Ich esse so schnell wie möglich und gehe dann rüber zur Spüle und räume alles in die Maschine. Helen will mit mir über die Schule und so was reden, aber im Moment fehlen mir irgendwie die Worte, deshalb nicke ich meistens oder zucke die Achseln und murmele irgendwas, bis sie es schließlich aufgibt.
    Patrick verbringt die meiste Zeit in seinem Arbeitszimmer, wo auch der Computer steht. Ich habe ihn noch nicht gefragt, ob ich mal nach meinen Mails sehen darf. Ich gehe ihm aus dem Weg. Ich habe unseren schlechten Anfang noch nicht ganz vergessen, außerdem ist er ständig mit dem Hund zusammen. Mir gefällt nicht, wie der Köter mich ansieht, so als wollte er mich irgendwann doch noch anfallen.
    Alistair taucht nur manchmal nachts auf. Er steht am Fußende meines Bettes und starrt mich stumm an. Ich kann nicht schlafen, solange er das tut. Ich kann auch nicht schlafen, solange ich warte, ob er auftaucht oder nicht. Deshalb bin ich tagsüber meistens müde und alles tut mir weh. Ständig halte ich aus den Augenwinkeln nach ihm Ausschau und manchmal habe ich sogar nervöse Zuckungen.
    Es dauert drei Tage, bis ich unbemerkt an den Computer komme. Patrick ist mit Meg spazieren gegangen.
    Helen telefoniert und ich schleiche mich ins Arbeitszimmer,um zu sehen, ob er den Rechner angelassen hat. Hat er. Super. Ich logge mich in meinen Mailaccount ein, und dort warten drei Nachrichten auf mich, die alle nur von Claire sein können.
    Vor ein paar Wochen habe ich ihr eine ziemlich saudumme Mail geschickt. Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich habe ihr erzählt, dass ich Arron im Park verletzt habe, aber ich habe keine Einzelheiten erwähnt. Es war so eine Art »Wahrheit oder Pflicht«-Moment – ich wollte sehen, was sie macht, wie bei einem Test. Wie sehr liebt sie mich? Die darauffolgende Woche war eine echte Qual, ich hätte alles am liebsten zurückgenommen. Dann hat sie wieder geschrieben und die Mail mit keinem Wort erwähnt. Daraufhin habe ich mich gefragt, ob ich sie an die richtige Adresse geschickt habe oder ob diese Mail mit ihren gefährlichen Worten – Ich bin ein Lügner, ich lüge die Polizei an – jetzt irgendwo im Cyberspace herum geistert.
    Wie auch immer, die erste Nachricht ist bloß Geplauder, über die Schule, ihre Familie und so weiter. Wie es aussieht, geht mein Freund Brian jetzt mit Emily, auf die er schon ewig scharf ist und die eigentlich unerreichbar für ihn ist. Also das ist mal echt eine ziemliche Neuigkeit.
    Ihre zweite Nachricht hat sie vor zwei Tagen geschrieben:
    Wir haben das mit Alistair gehört. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Zuerst: Ist mit dir alles in Ordnung? Wo bist du? Ist dir was passiert? Ich mache mir große Sorgen, dass dir auchwas passiert ist, als sie ihn erschossen haben … er ist doch bei euch gewesen, oder? Die Polizei hat Ellie gesagt, er sei mit jemandem verwechselt worden, dass er bei seiner Freundin gewesen sei, und ich weiß, dass er mit deiner Mum zusammen war, das stimmt doch? Aber woher wusste er, wo ihr seid? Ich verstehe das alles nicht, aber ich habe große Angst, dass dir etwas passiert ist. Bitte schreibe mir.
    Alistair war ein netter Kerl, und ein echt guter Trainer für Ellie. Sie ist fix und fertig und heult die ganze Zeit. Sie und ihre Freunde sitzen ständig zusammen und reden über Alistair. Niemand kann es glauben.
    Natürlich macht sie sich auch Gedanken über ihre Chancen bei den Paralympics. Darüber redet zwar niemand, aber dir kann ich das anvertrauen – sie fragt sich, ob sie je wieder so einen Trainer wie ihn findet. Es ist nicht einfach, jemanden zu finden, der behinderte Sportler wirklich versteht, sagt sie. Ellie ist sehr verbittert und jammert ständig darüber, dass die Paralympics nicht den gleichen Status haben wie die richtige Olympiade.
    Aber egal, ich will nur wieder was von dir hören. Geht ’ s dir gut? Bist du in Sicherheit? Melde dich.
    Und dann die dritte Nachricht, erst gestern geschrieben:
    Joe, ich mache mir solche Sorgen um dich, ich kann es kaum ertragen. Ich versuche wirklich, mich an unsere Abmachung zu halten und mich nicht zu ritzen, aber ich spüre, dass die Panik in mir immer größer wird. Ich will stark sein, aber es ist nicht leicht. Ich muss mit dir reden. Seit du diese Mail geschickt hast, weiß ich nicht mehr, wer du überhaupt bist.
    Auweia. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, und ich bin echt sauer auf mich, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher