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Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege

Titel: Die Legenden des Raben 01 - Schicksalswege
Autoren: James Barclay
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stromaufwärts zu dem Teich mit ruhigem Wasser zurück, in dem sie am Vortag ihre Flussreise beendet hatten. Der Baumstamm war noch dort, und Yron begrüßte ihn wie einen alten Freund. Er zog ihn aus der Ecke heraus, in der er hängen geblieben war, und lenkte ihn stromabwärts wie am Vortag. Er lächelte, als Ben wieder in Sicht kam. Der junge Leutnant starrte zur sechzig Schritt entfernten anderen Seite, wo vier oder fünf große Echsen auf einer schlammigen Böschung lagen.
    Yron wusste, dass die Krokodile sie aus dieser Entfernung nicht sehen konnten, doch sie konnten verschwommene Bewegungen wahrnehmen.
    »Hat sich was getan?«, fragte er.
    »Überhaupt nichts. Sie haben sich nicht gerührt.«
    »Gut zu hören. So, jetzt kommt mit. Und tretet leise auf. Alles, was im Fluss lebt, kann die Bewegungen spüren, also tretet leise und leicht auf, verstanden?«
    Ben nickte, und Yron übernahm die Führung. Er steuerte den Baumstamm ein Stückchen vor sich dicht an der Felswand vorbei. Jetzt kam es darauf an; hier gab es keinen schnellen Fluchtweg mehr, hier waren sie verwundbar. Doch ihm blieb nichts anderes übrig. Krokodile waren in gewissen Grenzen berechenbar. Die TaiGethen waren unendlich gefährlicher.
    Am gegenüberliegenden Ufer rührte sich immer noch nichts. Er hatte auch nicht unbedingt damit gerechnet. Natürlich ruhten nicht alle Krokodile gleichzeitig aus, doch es war noch sehr früh, und Reptilien von dieser Größe waren träge, solange die Sonne sie nicht gewärmt hatte. Es war wichtig, so früh wie möglich zur anderen Seite zu gelangen.
    Ungefähr zweihundert Schritt weiter unten folgte der Fluss einer Biegung nach rechts und verengte sich bis auf
vierzig oder fünfzig Schritt. Direkt vor der Biegung war die Uferböschung mit Gras bewachsen und stieg steil an, doch man konnte dort, wenn es nötig war, rasch hinaufklettern. Es war weit und breit die schmalste Stelle, doch der Nachteil war, dass der Fluss dort etwas schneller floss. Sie mussten sich sehr anstrengen und würden viel Lärm machen, wenn sie dort landen wollten, ehe sie an der Böschung vorbeigetrieben waren und wieder zwischen steilen Felswänden schwammen.
    »Seid Ihr bereit?«
    »Ich werde nie bereit sein«, sagte Ben. »Also mache ich es einfach.«
    »Guter Junge. Wir wollen dorthin.« Yron deutete stromabwärts. »Wenn wir irgendwo in diesem Abschnitt landen, kommen wir schnell heraus. Wir machen es folgendermaßen. Wir werden wie gestern langsam in den Strom steuern und ein Stückchen gegen die Strömung schwimmen. Wenn wir mitten im Fluss sind, bleibt Ihr völlig still. Ihr werdet zu einem Teil des Baumstammes. Wenn Ihr reglos seid, lockt Ihr auch nichts an. Wir werden uns ein Stück hinuntertreiben lassen, ehe wir uns wieder ins Zeug legen, um die Böschung zu erreichen. Aber spritzt beim Schwimmen um Gottes willen nicht herum. Habt Ihr das verstanden?«
    Ben-Foran nickte. »Sir.«
    Vorsichtig schob Yron den Baumstamm in den Fluss und glitt ins Wasser. Trotz aller Sorgen folgte Ben seinem Beispiel. Mit langen, langsamen Beinstößen steuerte Yron sie vom Ufer weg in Richtung der Krokodile. Es war unangenehm, aber notwendig. Glücklicherweise war die Strömung hier nur schwach, und sie erreichten bald die Flussmitte. Dann drehten sie sich um und trieben stromabwärts.

    »Aufpassen jetzt, Ben«, sagte er leise. »Versucht, Euch überhaupt nicht zu bewegen. Sucht mit den Augen die Oberfläche ab und sagt mir, was Ihr seht. Atmet flach.«
    Der Regen hatte aufgehört, und die Wolkendecke riss rasch auf, wofür Yron in diesem Augenblick nicht dankbar war. Starker Regen störte die Wahrnehmung der Tiere, und Wolken sorgten dafür, dass kaltes Blut kalt blieb. Die Bedingungen hier draußen änderten sich rasch, doch im Augenblick herrschte tiefster Frieden. Die tieferen Wasserschichten waren kühl, und die Geräusche der unzähligen Geschöpfe des Regenwaldes waren nur noch gedämpft zu hören. Er zwang sich, sich zu entspannen, zu lauschen und zu beobachten.
    Ben blieb bewundernswert still und hielt den Blick nach vorn gerichtet. Yron drehte sich um. Nichts zu sehen. Am schlammigen Ufer blieb es ruhig.
    Ben riss den Kopf herum und zuckte heftig. »Verdammt!«
    »Was ist denn los?« Die Anspannung war wieder da, Yron sah sich um, ob hinter ihnen eine Gefahr drohte.
    »Nichts, ich … au!« Ben schlug mit einer Hand auf das Wasser. »Irgendetwas hat mich gebissen.«
    Yron lief es kalt den Rücken herunter. Sie waren noch fünfundzwanzig
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