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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Autoren: Robin Hobb
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Worte stieß er gepreßt hervor, und plötzlich sah ich, wie seine Zuneigung für mich es ihm noch schwerer machte, seine Hilflosigkeit zu ertragen. Er ging ein paar Schritte auf und ab. Dann blieb er stehen und starrte ins Feuer. »Wir haben ausführlich darüber gesprochen. Jonqui kennt Mittel und Praktiken aus ihrer Bergwelt, von denen ich nie zuvor gehört habe. Und ich berichtete ihr von meinen Erfahrungen. Doch wir stimmten beide darin überein, daß es das beste wäre, den Dingen ihren Lauf zu lassen. Es besteht nicht die Gefahr, daß du stirbst, soweit wir es beurteilen können. Vielleicht wird dein Körper mit der Zeit die letzten Giftstoffe ausscheiden oder heilen, was immer dir für Schaden zugefügt wurde.«
    »Oder«, fügte ich leise hinzu, »es besteht die Möglichkeit, daß ich mich für den Rest meines Lebens mit diesem Zustand abfinden muß. Daß das Gift oder die Schläge einen unwiderruflichen Schaden angerichtet haben. Verflucht sei Edel, mich noch zu treten, nachdem ich schon am Boden lag.«
    Burrich stand da wie zu Eis erstarrt, dann sank er auf Jonquis Stuhl im Schatten. Seine Stimme verriet Resignation. »Ja. Das ist ebensogut möglich wie das andere. Aber verstehst du nicht, daß wir keine andere Wahl haben? Ich könnte dir etwas geben, um das Gift aus deinem Körper zu treiben, aber wenn gar nicht das Gift schuld ist, würde ich nichts weiter bewirken, als dich zusätzlich zu schwächen und den Selbstheilungsprozeß weiter hinauszuzögern.« Den Blick starr in die Flammen gerichtet, hob er die Hand zu einer weißen Haarsträhne an seiner Schläfe. Ich war nicht der einzige von Edels Intrigen Gezeichnete. Burrich selbst hatte sich erst vor kurzem von einem Schlag auf den Kopf erholt, der für jeden mit weniger dickem Schädel tödlich gewesen wäre. Als Folge davon litt er immer wieder unter Schwindel und Sehstörungen, doch er beklagte sich nie. Ich hatte den Anstand, mich zu schämen.
    »Und was soll ich tun?«
    Burrich schrak zusammen, als wäre er fast eingenickt. »Was wir getan haben. Warte. Iß. Ruh dich aus. Habe Geduld mit dir selbst. Und warte ab, was geschieht. Ist das so furchtbar?«
    Ich überging die Frage. »Und wenn es nicht besser wird? Wenn es so bleibt und ich jederzeit damit rechnen muß, daß dieses Zittern mich überfällt oder mir aus heiterem Himmel schwarz vor Augen wird?«
    Er ließ sich Zeit mit der Antwort. »Lerne damit zu leben. Viele Menschen müssen sich mit schlimmeren Gebrechen abfinden. Die meiste Zeit wird es dir gutgehen. Du bist nicht blind. Du bist nicht gelähmt. Du hast deine fünf Sinne beieinander, noch. Hör auf, dich um das zu grämen, was du verloren hast. Warum bedenkst du nicht, was dir geblieben ist?«
    »Was mir geblieben ist? Was mir geblieben ist?« Mein Ärger erhob sich wie ein aufstiebender Vogelschwarm, wie dieser von Panik emporgescheucht. »Ich bin hilflos, Burrich. So, wie ich jetzt bin, kann ich unmöglich nach Bocksburg zurückkehren! Ich bin nutzlos. Schlimmer als nutzlos, ich bin ein prädestiniertes Opfer. Wenn ich zurückkehren könnte und Edel die Faust ins Gesicht schlagen, das wäre mir eine Genugtuung. Statt dessen werde ich mit ihm an der Tafel sitzen müssen und höflich und ehrerbietig sein, zu einem Mann, der Prinz Veritas stürzen und mich töten wollte, als zusätzliches Vergnügen. Ich kann es nicht ertragen, daß er mich zittern sieht oder in Krämpfen zu Boden fallen. Ich will ihn nicht lächeln sehen über das Wrack, das er aus mir gemacht hat. Ich will nicht Zeuge sein, wie er seinen Triumph genießt. Er wird erneut versuchen, mich zu ermorden. Wir beide wissen das. Vielleicht hat er eingesehen, daß er Veritas nicht gewachsen ist, vielleicht respektiert er die Stellung seines Bruders und dessen junge Gemahlin. Doch ich bezweifle, daß sein geläuterter Sinn sich auch auf mich erstreckt. Ich bin für ihn eine Möglichkeit, Veritas zu treffen. Und wenn er kommt, was werde ich tun? Beim Feuer sitzen wie ein Greis, unfähig, mich zu wehren. Alles, was ich gelernt habe, von Hod den Umgang mit Waffen, bei Fedwren den Umgang mit Tinte, Feder und Papier, sogar was du mich über die Pflege der Tiere gelehrt hast – alles vergebens! Ich bin zu nichts mehr fähig. Ich bin wieder nichts weiter als der Bastard, Burrich. Und jemand hat mir einmal gesagt, ein königlicher Bastard bleibt nur solange am Leben, wie er zu etwas nutze ist.« Die letzten Worte schleuderte ich ihm fast schreiend entgegen, doch selbst in meiner Wut
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