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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Autoren: Robin Hobb
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nicht, wird Edel glauben, er habe gesiegt. Und er wird versuchen, Veritas zu ermorden. Oder wenigstens tun, was er glaubt, tun zu müssen, um nach der Krone seines Bruders greifen zu können. Ich habe meinem König Gefolgschaft gelobt, Fitz, du ebenfalls. Noch ist Listenreich dieser König, doch Veritas ist König-zur-Rechten. Ich finde, er sollte nicht die undankbare Arbeit des Thronfolgers tun müssen und um den Lohn betrogen werden.«
    »Er hat fähigere Gefolgsleute als mich.«
    »Bist du deshalb von deinem Eid entbunden?«
    »Du argumentierst wie ein Priester.«
    »Ich argumentiere überhaupt nicht, ich habe dir lediglich eine Frage gestellt. Und stelle dir eine zweite. Was gibst du auf, wenn du Bocksburg hinter dir läßt?«
    Nun war es an mir zu schweigen und zu überlegen. Ich dachte an meinen König und daran, was ich ihm geschworen hatte. Ich dachte an Prinz Veritas und seine gutmütige Herzlichkeit mit gegenüber. Bocksburg, das waren auch Chade und sein stilles Lächeln, wenn ich endlich eine Lektion seines Geheimwissens begriffen hatte, Prinzessin Philia und ihre Zofe Lacey, Fedwren und Hod, sogar die Köchin und Mistress Hurtig, die Schneidermeisterin. Es gab nicht so viele Leute, die mir nahestanden, aber gerade deshalb war jeder einzelne besonders wichtig. Ich würde sie alle vermissen, falls ich nie wieder nach Bocksburg zurückkehrte. Doch was in mir aufloderte wie ein neu geschürtes Feuer, war die Erinnerung an Molly. Ehe ich mich’s versah, erzählte ich Burrich von ihr, und er nickte nur, während ich die ganze Geschichte hervorsprudelte.
    Leider hatte er auch nur gehört, die Kerzenzieherei wäre geschlossen worden, als der alte Säufer, dem sie gehörte, hoch verschuldet starb. Seine Tochter war gezwungen, zu Verwandten in einen anderen Ort zu ziehen. Welchen Ort, wußte er nicht, doch er war überzeugt, das ließe sich herausfinden, falls ich es wirklich wollte. »Frage erst dein Herz, Fitz«, riet er mir. »Hast du ihr nichts zu bieten, laß sie in Ruhe. Bist du ein Krüppel? Nur wenn du entschlossen bist, einer zu sein. Aber wenn du dich so siehst, hast du vielleicht kein Recht, sie zu suchen. Ich kann mir nicht denken, daß du ihr Mitleid willst. Mitleid ist ein kläglicher Ersatz für Liebe.« Damit stand er auf und ging und überließ mich meinen Gedanken.
    War ich ein Krüppel? War ich geschlagen, besiegt? Mein Körper war ein einziger Mißklang, ein verstimmtes Instrument, doch ich hatte meinen Willen gegen Edel durchgesetzt. Prinz Veritas war unbestrittener Thronfolger der Sechs Provinzen und die Bergprinzessin seine Gemahlin. Fürchtete ich wirklich Edels höhnisches Lächeln, wenn er meine Hände zitternd sah? Konnte ich nicht ebenfalls meinen Hohn zeigen, ihm, der nun niemals König sein würde? Ein heißes Triumphgefühl durchströmte mich. Burrich hatte recht. Ich war kein strahlender Sieger, aber ich konnte dafür sorgen, daß Edel wußte, er hatte verloren.
    Und wenn ich da gewonnen hatte, sollte ich nicht auch imstande sein, Molly zu gewinnen? Was stand zwischen ihr und mir? Jade? Aber nach Burrichs Worten hatte sie Bocksburg verlassen und nicht geheiratet. Mittellos war sie fortgegangen, um bei Verwandten unterzuschlüpfen. Schande über ihn, falls Jade das zugelassen hatte. Ich würde sie suchen. Ich würde sie finden und für mich gewinnen. Molly, mit ihrem wilden Haar. Molly, mit ihrem leuchtend roten Rock und Umhang, kühn wie ein Sperber und mit ebenso hellen Augen. Bei dem Gedanken an sie lief mir ein Schauer den Rücken hinunter. Ich lächelte in mich hinein, dann fühlte ich, wie das Lächeln auf meinem Gesicht zur Grimasse erstarrte und ein Krampf meinen Körper packte. Mein Rücken wölbte sich und mein Kopf schlug gegen das Bettgestell. Ohne mein Zutun entrang sich mir ein gurgelnder, wortloser Schrei.
    Augenblicklich war Jonqui bei mir, rief Burrich zurück, und beide hielten sie mit vereinten Kräften meine zuckenden Glieder fest. Burrichs Gewicht drückte mich nieder, dann schwanden mir die Sinne.
    Wie nach einem Versinken in tiefes Wasser tauchte ich aus der Dunkelheit ins Licht empor. Alles war friedvoll. Ich lag still, umfangen von Daunen und weichen Decken, und einen Moment lang fühlte ich mich wohl, geborgen.
    »Fitz?« Burrich beugte sich über mich.
    Die Wirklichkeit brach über mich herein, die Erkenntnis, daß ich ein verstümmeltes, mangelhaftes Geschöpf war, eine Marionette an verworrenen Schnüren oder ein Pferd mit durchschnittenen Sehnen. Ich
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