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Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder

Titel: Die Legende vom Weitseher 02 - Des Königs Meuchelmörder
Autoren: Robin Hobb
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sprechen. Erst war ich nicht fähig zu denken, dann wurde mir bewußt, daß ich erneut einen Anfall gehabt hatte. Er war vorbei, sowohl Geist als auch Körper gehorchten mir wieder. Aber ich legte keinen Wert mehr darauf. Mit fünfzehn Jahren, ein Alter, in dem die meisten ihre volle Kraft erreichten, ließ mein Körper mich im Stich. Er war minderwertig, eine Last. Ich empfand einen wütenden Groll gegen das schwache Fleisch, das mich gefangenhielt, und wünschte mir, auf irgendeine Weise meiner bitteren Enttäuschung Luft machen zu können. Warum hatte ich die Krankheit nicht besiegt? Warum war ich nicht gesund geworden?
    »Es braucht Zeit, weiter nichts. Warte ab, ein halbes Jahr, dann urteile.« Es war Jonqui, die Heilerin. Sie saß im tiefen Schatten neben dem brennenden Kaminfeuer. Jetzt erhob sie sich schwerfällig, als steckte ihr der Winter in den Knochen, und trat an mein Bett.
    »Ich will nicht sein wie ein alter Mann.«
    Sie schürzte die Lippen. »Früher oder später wirst du es sein müssen. Zumindest wünsche ich dir, daß du erst hochbetagt aus dieser Welt abberufen wirst. Ich bin alt, mein Bruder, König Eyod, ebenfalls. Wir empfinden es nicht als so unerträgliche Bürde.«
    »Es würde mir nichts ausmachen, den Körper eines alten Mannes zu haben, hätte ich auch die Jahre dazu. Aber ich kann so nicht weiterleben.«
    Sie schüttelte verwirrt den Kopf. »Selbstverständlich kannst du. Die Zeit der Genesung erfordert manchmal viel Geduld, aber zu sagen, daß du nicht mehr weiterleben kannst… Ich verstehe nicht. Liegt es vielleicht an der Verschiedenheit unserer Sprachen?«
    Ich setzte zu einer Erwiderung an, doch in diesem Moment kam Burrich herein. »Aufgewacht? Wieder munter?«
    »Aufgewacht, aber munter nicht«, antwortete ich verdrossen. Sogar in meinen eigenen Ohren hörte ich mich an wie ein bockiges Kind. Burrich und Jonqui tauschten einen verständnisinnigen Blick. Dann legte mir die Heilerin schweigend die Hand auf die Schulter und verließ das Zimmer. Die offensichtliche Nachsicht der beiden schürte meinen ohnmächtigen Zorn. »Warum kannst du mich nicht gesund machen?« verlangte ich von Burrich zu wissen.
    Er war bestürzt über den anklagenden Ton meiner Frage. »Es ist nicht so einfach«, begann er.
    »Warum nicht?« Ich setzte mich auf. »Ich habe erlebt, wie du bei Tieren alle möglichen Leiden kuriert hast. Krankheiten, Knochenbrüche, Würmer, Räude… Warum kannst du mich nicht heilen?«
    »Du bist kein Hund, Fitz«, antwortete Burrich ruhig. »Bei einem Tier, dem es sehr schlecht geht, ist es leichter. Ich habe manchmal zu drastischen Mitteln gegriffen und mir gesagt, nun, wenn es stirbt, muß es wenigstens nicht mehr leiden, und vielleicht hilft es ja. Bei dir kann ich das nicht tun. Du bist kein Tier.«
    »Das ist keine Antwort! Wie oft wenden die Männer sich an dich um Hilfe, statt an ihren Heiler. Du hast Den eine Pfeilspitze herausoperiert und dafür den ganzen Arm aufgeschnitten! Als der Heiler sagte, die Entzündung in Greydins Fuß sei zu weit fortgeschritten, man werde ihn abnehmen müssen, ist sie zu dir gekommen, und du hast ihr den Fuß gerettet. Und die ganze Zeit hat der Heiler prophezeit, die Entzündung würde sich ausbreiten, und sie würde sterben, und dann wärst du schuld an ihrem Tod.«
    Burrich preßte die Lippen zusammen, er beherrschte seinen Jähzorn. Unter anderen Umständen wäre ich auf der Hut gewesen, aber seine Geduld während meiner Genesung hatte mich kühn gemacht. Als er sprach, war seine Stimme ruhig und gelassen. »Das waren riskante Eingriffe, ja. Aber die Leute, um die es dabei ging, wußten um die Gefahr. Und«, er hob die Stimme, um meinem Einwand abzuschneiden, »es war insofern einfacher, als ich die Ursache kannte. Die Pfeilspitze aus dem Arm schneiden und die Wunde reinigen. Für Greydins Fuß Breiumschläge, um die Entzündung herauszuziehen. Aber bei deiner Krankheit verhält es sich anders. Weder Jonqui noch ich wissen genau, was dir eigentlich zusetzt. Sind es die Nachwirkungen des Giftes, das Kettricken dir verabreichte, als sie glaubte, du wärst gekommen, um ihren Bruder zu ermorden? Oder des vergifteten Weins, den Edel dem Prinzen schickte und von dem du auch getrunken hast? Kommt es von den Schlägen oder davon, daß du fast ertrunken wärst? Oder ist alles zusammen für deinen Zustand verantwortlich? Wir wissen es nicht, und deshalb wissen wir auch kein Mittel, dich zu heilen. Wir wissen es einfach nicht.«
    Die letzten
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