Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
Vom Netzwerk:
Kupferlinge mehr für die Torwachen gut angelegt, wenn sie einen dafür nur früh genug einließen.
    Wie immer unternahmen die Wachen nicht einmal den Versuch, Kex aufzuhalten. Zu oft schon hatten sie sich zum Gespött der halben Stadt gemacht, als sie hinter ihm her hetzten und über allerlei Hindernisse stolperten, die Kex mühelos vermied. Ihre fettgefressenen Bäuche schwabbelten dabei lustig über ihre Hosen. Jedes Mal hatten sie aufgegeben, ihre hübschen Uniformen verdreckt und zerrissen. Nicht umsonst nannten die anderen Kex Wiesel. Diesen Spitznamen hatte er sich redlich verdient. Mittlerweile quetschten die Wachen nur noch ein kurzes „Verschwinde!“ zwischen den Zähnen hervor und widmeten sich dann wieder ihrer lukrativeren Klientel. Esrin konnte nicht davonlaufen, zahlen musste aber auch er nicht. Welche Abmachung Esrin mit den Wachen getroffen hatte, konnte Kex bisher noch nicht herausfinden. Geheimnisse zu bewahren, zählte zu Esrins herausragenden Fähigkeiten.
    Die anderen Jungen der Bande lungerten schon in einer Ecke des Marktplatzes herum. Scheinbar gelangweilt beobachten sie die Ankunft der Händler. Insgeheim schmiedeten sie aber sicher bereits Pläne, wie sie jeden einzelnen um einige Kupferlinge erleichtern konnten. Ein Gesicht kannte Kex noch nicht, ein kleiner Junge, wohl kaum einmal zehn Jahre alt. Er musste neu sein.
    „Wer ist der Knirps? Der kommt doch kaum an den Hosenbund heran, so klein wie er ist“, fragte Kex.
    „Er erfüllt seinen Zweck. Hoher Besuch ist heute angesagt, meine Quellen berichten von einer Beseelten samt Gefolge. Ich und der Kleine werden sie für euch ablenken, diese schüchternen Kinderaugen werden ihre Wirkung auch bei der Beseelten nicht verfehlen. Ich habe ihn extra dafür gekauft. Kümmer du dich mit den anderen gefälligst darum, dass den Herrschaften der Hosenbund etwas leichter wird. Sonst ziehe ich den Kaufpreis für den Balg von eurem Anteil ab“, raunzte Esrin.
    „Das tust du doch sowieso“, erwiderte Kex.
    Er biss die Zähne zusammen, als er zur Antwort Esrins Krücke im Rücken spürte. Betont gelassen schlenderte er zu den anderen Jungen hinüber, Esrin blieb zurück, er zeigte sich nie mit der ganzen Bande zusammen. Der kleine Junge trat schüchtern einen Schritt zur Seite, musterte Kex aber immer wieder verstohlen.
    „Esrin will, dass wir uns um eine Beseelte kümmern“, sagte Kex.
    „Die haben jede Menge Wachen dabei. Ich bin nicht scharf auf die Grube. Soll der alte Drecksack sie doch selber beklauen!“, monierte Bartar.
    Er war ein stämmiger, großgewachsener Junge, überragte Kex und die anderen um mindestens einen halben Kopf. Die ersten Anzeichen eines Bartes zierten bereits sein Gesicht. Ein Ereignis, auf das Kex bei sich selbst bisher vergebens wartete. Dabei war er nur ein halbes Jahr jünger als Bartar. Bartar beschwerte sich oft, solange Esrin nicht in der Nähe war, tat aber immer wie ihm geheißen. Und obwohl alle zumindest ein bisschen Angst vor ihm hatten, respektierten ihn nur wenige und wohl kaum einer traute ihm. Das lag vor allem daran, dass er Esrin in dessen Gegenwart geradezu in den Hintern kroch. Keiner der Jungen hatte Lust, von Esrin verprügelt zu werden, nur weil Bartar seinem Meister alle Neuigkeiten aus der Bande zutrug. Stattdessen hatte die Bande Kex als Anführer auserkoren, Bartar beschwerte sich darüber nicht. Immer wenn Kex an seinen Rücken dachte, so wie jetzt, da der dumpfe Schmerz gerade erst abklang, hielt er Bartar für klüger als sich selbst.
    „Der Neue soll sie ablenken. Wie heißt du?“, fragte Kex.
    „Ich?“, stammelte der kleine Junge und schaute sich dabei um, in der Hoffnung hinter ihm stünde noch jemand, der an seiner statt gemeint sein könnte. Aber da stand niemand.
    „Mein Name ist Lasikosa.“
    Einige der anderen Jungen kicherten unverhohlen. Auch Kex konnte sich ein Schmunzeln nicht verkneifen.
    „Wer hat dir denn diesen bescheuerten Namen gegeben? Wir nennen dich am besten nur Kos“, entschied Kex.
    Der Junge zog den Kopf zwischen die Schultern und nickte nur. Kex fragte sich, wie Kos in die Hände von Esrin geraten war. Viel tiefer konnte man nicht mehr sinken, eine Karriere als Dieb und Bettler. Früher oder später würden ihn die Wachen erwischen, vielleicht schon heute. Dann endete das Leben in der Grube. Von Bestien bei lebendigem Leib zerrissen, so erzählte man es sich zumindest in den Tavernen. Kein schöner Tod. Nur die Kinder in den Minen waren noch schlimmer
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher