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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
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Vater, ging zum Tisch und setzte sich.
    Kex tat wie ihm geheißen und ging in die Küche, Bier holen. Dabei musste er dicht an seiner Mutter vorbei. Sie lag immer noch regungslos am Boden, ihre Nase schien gebrochen, ihre Lippen waren aufgeplatzt, das rechte Auge komplett zugeschwollen. Eine große Platzwunde zog sich über die Stirn bis zur Schläfe, Blut rann über die Wange zum Ohr, tropfte von dort auf den Boden und versickerte zwischen den Ritzen der Holzdielen. Kex blieb stehen und beobachtete die Szene eine Weile. Seine Hände zitterten.
    „Wo bleibt das Bier!“, brüllte sein Vater.
    Kex zuckte zusammen und rannte in die Küche. Nachdem er vor seinem Vater das Bier auf den Tisch abgestellt hatte, kniete er sich neben seine Mutter auf den Fussboden. Er nahm ihren Kopf in beide Hände und tupfte mit einem Tuch das Blut von ihrer Stirn, so wie sie es bei ihm schon unzählige Male getan hatte. Er saß so für Stunden, weinte leise. Seine Mutter jedoch wachte nicht wieder auf.
    ***
    Es war nun zwei Wochen her, seit sie Kex Mutter den Flammen übergeben hatten. Kex kam seither nur noch zum Schlafen nach Hause, meist spät in der Nacht, wenn sein Vater längst im Bett lag, oder zu betrunken war, noch die Hand gegen ihn zu erheben. So hatte er lediglich dreimal Prügel bezogen. Auch heute hoffte Kex, ungeschoren davonzukommen. Als er seinen Vater am Tisch sitzen sah, schwand seine Hoffnung. Sein Vater war nicht allein, ein weiterer Mann saß ihm gegenüber. Kex sah ihn nur von hinten. Der Mann hatte den Schädel kahl geschoren, ein Hut lag vor ihm auf dem Tisch. Neben ihm lehnte eine abgegriffene Holzkrücke an der Tischkante, dem Mann fehlte ein Bein.
    „Ah, da ist ja mein Prachtjunge. Komm her!“, befahl Kex Vater in ungewöhnlich sanftem Ton.
    Er schien nicht einmal sonderlich betrunken zu sein. Zögernd trat Kex an den Tisch. Im fahlen Licht der kleinen Kerze, die auf dem Tisch brannte, konnte Kex jetzt auch das Gesicht des Fremden sehen. Es war mit Narben und roten Pusteln übersät. Überall lösten sich kleine Hautschuppen. Der Fremde musterte Kex von oben bis unten.
    „Komm näher. Zeig mal deine Zähne“, sagte der Fremde mit krächzender Stimme.
    Kex rührte sich nicht. Sein Vater ballte die Faust, atmete dann langsam aus.
    „Jetzt mach schon“, sagte er dann gepresst.
    Langsam ging Kex zu dem Fremden, beobachtete ihn dabei misstrauisch. Der Mann wandte sich zu Kex um und tastete seine Oberarme ab.
    „Die Zähne“, krächzte er noch einmal.
    „Jetzt mach endlich dein Maul auf“, explodierte Kex Vater.
    Kex zeigte dem Fremden seine Zähne. Der verzog kurz den Mund und drehte sich dann wieder zu Kex Vater.
    „Er ist dürr, ihm fehlen zwei Zähne und besonders aufgeweckt scheint er auch nicht zu sein. Ich gebe dir fünf Silberlinge für ihn“, sagte der Mann.
    „Das ist nicht Euer Ernst. Er kann kräftig anpacken, er braucht nur ein wenig Training. Der Junge ist mein einziger Sohn, seit dem unglücklichen Tod meiner Frau, das einzige, was ich noch habe. Vielleicht habe ich ihn nur einfach nicht hart genug rangenommen. Das könnt Ihr mir nicht zum Vorwurf machen. Ich hänge an dem Jungen und gebe ihn nur ungern weg. Es ist nur so, dass mir seit dem Tod meiner Frau das Geld fehlt. Es reicht einfach nicht mehr für den Jungen. Schließlich musste ich seit meinem Unfall den Dienst bei der Stadtwache aufgeben, Ihr wisst, meine Hüfte. Gerade Ihr müsstet das verstehen…“, lamentierte Kex Vater.
    „Ach, ich mag wie Ihr ein Krüppel sein, doch im Gegensatz zu Euch hindert mich dies nicht, meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Fünf Silberlinge, das ist mein letztes Angebot“, entgegnete der Fremde.
    Er ließ die fünf Silbermünzen auf den Tisch klimpern.
    „Aber davon kann ich kaum einen Monat leben“, jammerte Kex Vater, griff aber nach dem Geld.
    „Das ist Eure Sache“, sagte der Mann.
    Dann stand er auf, nahm seinen Hut vom Tisch, klemmte sich die Krücke unter die Achsel und trat neben Kex. Er legte seine Hand auf dessen Schulter.
    „Mein Name ist Esrin. Du gehörst jetzt mir. Ich habe eine Menge Geld für dich bezahlt und muss dich obendrein noch durchfüttern. Du wirst für mich arbeiten und ich verlange Gehorsam. Verstanden?“, fragte er.
    Kex nickte eingeschüchtert.
    „Gut, dann pack deine Habseligkeiten zusammen und komm.“

Diebesbande
    Die Einöde, meilenweit nichts als trockene Erde, grau, unwirtlich. In der Ferne zuckten Blitze über den Himmel. Aufgetrieben vom Wind huschten
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