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Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)

Titel: Die Legende der Alten: Teil 1: Erwachen (German Edition)
Autoren: Torsten Thiele
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dran, sie sahen kaum das Sonnenlicht. Obwohl, damit bekamen sie auch keine Sonnenkrankheit. Kex wischte diesen Gedanken beiseite. Solange er die Dinge nur richtig anpackte, musste niemand in die Grube, zumindest nicht heute.
    ***
    Prinzessin Nomo hatte ihr schönstes Kleid angezogen, schließlich durfte sie zum ersten Mal in die Stadt auf den Markt. Schon von Kindes an faszinierte sie das Treiben auf den Straßen. Sie saß bisweilen stundenlang vor dem kleinen Fenster im Turm, von dem aus man über die Mauer des Palastbezirkes sehen konnte. Heute würde sie Teil dieses Treibens sein, sie war fürchterlich aufgeregt. Nach jahrelangem Betteln hatte Nomos Mutter diesem Ausflug endlich zugestimmt. Vielleicht beruhigte es ihre Mutter, dass Kirai Nomo begleitete. In letzter Zeit drängte er sich förmlich in Nomos Leben, wo sie war, konnte Kirai nicht weit sein. Kirai war durchaus ansehnlich, stolz, er gab sich öffentlich stets charmant, und so wie bei den meisten anderen Mädchen, hatte dies auch Nomos Herz die ersten Begegnungen schneller schlagen lassen, ihr die Stimme versagt. Doch wenige Treffen hatten Kirai entzaubert, Nomos Aufregung sich schnell gelegt. Er sprach selten mit ihr, nach einigen überschwänglichen Komplimenten bei der Begrüßung –  insbesondere wenn ihre Mutter anwesend war –  ignorierte er sie zumeist völlig. Ausgiebig unterhielt sich Kirai nur mit anderen Beseelten. Oder, waren keine Beseelten außer ihr anwesend, kommandierte er die Dienerschaft umher. Nomo hielt Kirai deswegen für ausgesprochen eingebildet, aber wenn er ihr zu diesem einmaligen Ausflug verhalf, würde sie seine Gesellschaft auch heute ertragen. Sicher gab es auf dem Markt genügend Ablenkung.
    Als sich das Palasttor öffnete, zögerte Nomo für einen Moment. Dann holte sie noch einmal tief Luft und schritt hindurch. Zwei Diener liefen rückwärts vor ihr her und fächerten ihr mit großen Palmenwedeln Luft zu. Mit heftigen Armbewegungen scheuchte Nomo sie davon, der riesige, über sie gehaltene Sonnenschirm war schon auffällig genug. Am liebsten hätte sie auch diesen im Palast gelassen. Aber ohne seinen Schatten riskierte man die Sonnenkrankheit. Auch die Beseelten waren davor nicht gefeit und Nomos dünne Schleier schützten nicht genug. Neben ihr lief Kirai, er nickte ihr kurz zu, sein Blick war leicht verächtlich. Dafür mochte Nomo das Sonnenlicht, die meisten Gesichter waren verhüllt, nur die Augen waren noch zu sehen. Die Augen ersetzten die Mimik, nur wenige konnten mit ihren Augen lügen. Für einen geübten Betrachter – und Nomo war geübt – ließen die Augen wenig Raum für Fehlinterpretationen.
    „Manche Beseelte erzählen immer, wie toll doch die Stadt sei. Aber wie Ihr bemerkt, die Sonne brennt hier noch schlimmer als im Palastgarten und die Straßen sind staubig. Man muss es nur einmal gesehen haben und hat für ein Leben genug“, sagte Kirai.
    „Ich mag es!“, antwortete Nomo.
    Sie hatte die Augen weit aufgerissen, wendete den Kopf neugierig mal in die eine, mal in die andere Richtung. Hinter ihr setzte sich ein ganzer Tross aus Dienern und Wachen in Bewegung. Ihre Augen blickten finster aus dem schmalen Spalt, den ihre Gesichtsschals frei ließen. Anscheinend freute sich außer Nomo niemand auf diesen Ausflug. Nomo hatte darauf bestanden, zu Fuß zu gehen, schließlich sollten sich die Beseelten nicht über die einfachen Menschen erheben. Im Gegensatz zu den meisten Beseelten, nahm sie die Lehren der Priester sehr ernst. Ihrer Mutter gefiel dies gar nicht, und beinahe hätte Nomo damit den ganzen Ausflug gefährdet, aber als auch Kirai ihr zustimmte, die Beseelten sollten ein Vorbild sein – vielleicht war er ja doch gar nicht so eingebildet – , hatte ihre Mutter klein bei gegeben. Und so gingen sie die breite, von Bäumen gesäumte, Straße hinunter zum Markt. Einige der Dächer glänzten dunkelgrau bis violett, spiegelten ein wenig den Himmel, wenn man sie im richtigen Winkel betrachtete. Dachsteine aus der Zeit der Alten. Hier in den besseren Vierteln nahe des Palastes ein Statussymbol. Passanten, die der Prozession begegneten, verneigten sich ehrfürchtig. Die Beseelten mischten sich nur selten unter das einfache Volk, und wenn, blieben sie meist hinter den Vorhängen in einer Sänfte verborgen. Während das unterwürfige Verhalten der Leute Nomo verlegen machte – sie blickte beschämt zur Seite und ihr Gesicht wurde heiß – sonnte sich Kirai förmlich darin. Immer wieder reckte er
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