Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Die leere Wiege: Roman (German Edition)

Titel: Die leere Wiege: Roman (German Edition)
Autoren: Ruth Dugdall
Vom Netzwerk:
an die Haustür zu klopfen, denn am liebsten wäre ich einfach davongelaufen.
    Dominic öffnete die Tür. »Wo zum Teufel waren Sie?« Seine Stimme dröhnte, und sein Gesicht war gerötet.
    Mein Herz flatterte in meiner zugeschnürten Brust. Ich trug Luke in den Flur und brachte keinen Ton hervor. Unbeholfen versuchte ich, meine Jacke abzulegen.
    »Luke war unruhig«, verteidigte ich mich schließlich. »Wir haben einen kleinen Spaziergang gemacht.«
    Dominic hob die Brauen und schaute auf den Kinderwagen.
    »Ich habe ihn getragen, wir sind nicht weit gegangen. Das war doch in Ordnung, oder? Aber jetzt braucht er dringend eine frische Windel.«
    Ich wollte Dominics bohrendem Blick entkommen und wandte mich der Treppe zu. Doch er riss mir den Jungen aus den Armen und trug ihn selbst nach oben. Ich blieb unten stehen und fragte mich, wo Emma war.
    Aber als Erstes musste ich in die Küche und die Flasche Milch ausschütten, sonst wunderten die beiden sich noch, dass Luke nicht vor Hunger schrie. Von oben hörte ich Dominic, der sich um eine Art Kindersprache bemühte, und dann die Spülung der Toilette hinten im Flur.
    Gleich darauf kam Emma heraus, mit verweinten Augen.
    »Rose! Wo warst du? Wo ist Luke?«
    Von oben brüllte Dominic. »Ich wechsele ihm gerade die Windeln!«
    Emma lief die Treppe hoch. »Lass mich das machen«, verlangte sie gereizt.
    »Gut, aber … Herrgott, Emma, musst du ihn so grob behandeln?« Ich hörte seinen gedämpften Fluch.
    »Halt den Mund«, sagte Emma. »Siehst du nicht, dass du Luke aufregst?«
    »Ich werde doch wohl noch sagen dürfen, was ich denke, oder?«
    Mit hämmerndem Herzschlag schlich ich mich in die Küche, holte die Milch aus dem Kühlschrank, kippte sie in den Ausguss, spülte die Flasche aus und stellte sie in den Geschirrspüler.
    Wieder ertönte Emmas Stimme, diesmal noch lauter und aufgebrachter. »Du leidest doch an Hirngespinsten.«
    Luke fing an zu weinen.
    »An Hirngespinsten?«, rief Dominic. »Nein, Emma, ich glaube, dass ich allen Grund habe …«
    »Du hast überhaupt keinen Grund«, fiel sie ihm ins Wort. »Nicht ein einziges Mal habe ich dich betrogen.«
    Halt suchend griff ich nach der Türklinke. Darum ging es also. Sie stritten sich gar nicht meinetwegen. Auf dem Küchentresen stand eine angebrochene Flasche Rotwein. Ich schenkte mir ein Glas ein, trank es in einem Zug leer und füllte es wieder auf.
    »Und von wem sind dann bitte schön die SMS auf deinem Handy? Hast du dafür eine Erklärung?«
    »Mein Gott, er versucht eben mich zu erreichen. Was soll ich denn machen? Ich habe ihm deutlich gesagt, dass ich nicht interessiert bin, aber er scheint das nicht zu begreifen.«
    Ich erstarrte. Die Rede war offenbar von dir. Leise trat ich hinaus in den Flur und verhielt mich ganz still.
    »Was soll das denn?«, fragte Emma. »Warum packst du? Jetzt geh doch nicht einfach weg. Dominic, bitte …«
    Auf dem oberen Flur wurden Schritte laut. »Ich werde für ein paar Tage im Internat wohnen«, erklärte Dominic mit wuterstickter Stimme.
    »Aber warum denn?«, rief Emma schrill über Lukes Weinen hinweg. »Ich habe nichts Schlimmes getan. Bitte, Dominic, ich würde dich doch nie im Leben hintergehen.«
    Wie leicht ihr die Lüge über die Lippen kam. Um nicht laut aufzuschreien, presste ich mir eine Hand auf den Mund.
    »Ich bin doch kein Idiot!«, schrie Dominic. »Meinst du, ich merke nicht, was hier abläuft? Er schickt dir SMS, du riechst ständig nach Zigaretten, und wenn ich nachts nach Hause komme, spüre ich genau, dass jemand im Haus war.«
    Mir fiel das Glas aus der Hand. Der Wein verspritzte auf dem Boden und hinterließ auf dem hellen Läufer dunkelrote Flecken.
    »Rose?«, rief Dominic. »Wieso sind Sie denn immer noch hier?«
    Kurz darauf kam er mit einer kleinen Reisetasche die Treppe herunter, stürzte zur Haustür und knallte sie hinter sich zu.
    Ich ging nach oben.
    Mit Luke in den Armen hockte Emma auf dem Fußboden des Badezimmers. Beide weinten.
    »Emma«, begann ich. »Was ist denn hier los?«
    Sie versuchte, sich zu fassen, aber es gelang ihr nicht. Als ich ihr meinen Jungen abnahm, ließ sie es geschehen. Ich zupfte einen Streifen Toilettenpapier ab und reichte ihn ihr. Sie trocknete ihre Tränen.
    »Dominic bildet sich da was ein«, schniefte sie. »Er hat die verrückte Idee, ich würde mich heimlich mit jemandem treffen.«
    »Wie kommt er denn darauf?«
    Emmas Lippen bebten. »Er hat ein paar SMS auf meinem Handy gelesen, wozu er
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher