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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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der Damen, ihren Finger vorzuhalten, bis ich die Kunst mit dem Zapfen droben im Hause auch der Gebühr nach verrichtet hätte. Da ich nun das einfältige Ding dergestalten gleichsam angebunden, ging ich hin und holete die Kleinodien aus ihrem Bette, mit welchen ich mich ohnverweilt aus der Stadt machte.
    Aber entweder wurde diese fromme leichtgläubige Verliebte samt dem Ihrigen vom gütigen Himmel beschützt, oder ihre Kleinodia waren mir sonst nicht bescheret, denn ehe ich unser Lager mit meiner Beute gar erreichte, ertappte mich ein vornehmer Officier aus der Garnison, der solche wieder von mir fordert. Ich leugnete zwar, er wies mir aber was anders; doch kann ich nicht sagen, daß er mich geprügelt, hingegen aber schwören, daß er mich rechtschaffen gedegelt habe; denn nachdem er seinen Diener absteigen lassen, um mich zu durchsuchen, ich aber demselbigen mit meinem schrecklichen Zigeunermesser begegnet, mich dessen zu erwehren, siehe, da zog er vom Leder und machte mir nicht allein den Kopf voller Beulen, sondern färbte mir auch Arm, Lenden und Achseln so blau, daß ich wohl vier Wochen daran zu salben und zu verblauen hatte. Ich glaubte auch, der Teufel hätte bis auf diese Stund noch nicht aufgehöret zuzuschlagen, wann ich ihm meine Beut nicht wieder hingeworfen. Und dieses war for diesmal der Lohn beides meiner örtlichen Erfindung und des künstlichen Betrugs selbsten.

Das achtundzwanzigste Kapitel
    Courasche kommt mit ihrer Compagnie in ein Dorf,
darinnen Kirchweih gehalten wird,
reizet einen jungen Zigeuner an,
eine Henne tot zu schießen; ihr Mann stellet sich,
solchen aufhenken zu lassen; wie nun jedermann
im Dorf hinauslief, diesem Schauspiel zuzusehen,
stahlen die Zigeunerinnen alles Gebratens
und Gebackens und machten sich samt ihrer ganzen Zunft
eiligst und listig darvon.
    Unlängst nach diesem überstandenen Strauß kam unsere zigeunerische Rott von den Königsmarkischen Völkern wieder zu der schwedischen Hauptarmee, die damals Torstensohn commandirt und in Böhmen geführt, allwo dann beide Heer zusammenkamen. Ich verblieb samt meinem Maulesel nicht allein bis nach dem Friedensschluß bei dieser Armada, sondern verließ auch die Zigeuner nicht, da es bereits Frieden worden war, weil ich mir das Stehlen nicht mehr abzugewöhnen getrauete. Und demnach ich sehe, daß mein Schreiber noch ein weiß Blatt Papier übrig hat, also will ich noch zu guter Letzt oder zum Valete ein Stücklein erzählen und darauf setzen lassen, welches mir erst neulich eingefallen und alsobalden probirt und prakticirt hat werden müssen, bei welchem der Leser abnehmen kann, was ich sonst möchte ausgerichtet haben, und wie artlich ich mich zu den Zigeunern schicke.
    Wir kamen im lothringischen Gebiet einsmals gegen Abend vor einen großen Flecken, darinnen eben Kürbe war, welcher Ursachen wegen und weil wir eine ziemlich starke Truppe von Männern Weibern Kindern und Pferden hatten, uns das Nachtläger rund abgeschlagen wurde. Aber mein Mann, der sich for den Obristleutenant ausgab, versprach bei seinen adelichen Worten, daß er for allen Schaden gut sein, und wenn etwas verderbt oder entwendet würde, solches aus dem Seinigen bezahlen und noch darzu den Täter an Leib und Leben strafen wolle, wormit er dann endlich nach langer Mühe erhielt, daß wir aufgenommen wurden. Es roch überall im Flecken so wohl nach dem Kürbe-Gebratens und Gebackens, daß ich gleich auch eine Lust darzu bekam und einen Verdruß empfand, daß die Bauern allein solches fressen sollten, erfand auch gleich folgenden Vorteil, wie wir dessen teilhaftig werden könnten.
    Ich ließ einen wackern jungen Kerl aus den Unserigen eine Henne vor dem Wirtshause totschießen, worüber sich alsobald bei meinem Mann eine große Klage über den Täter erhube. Mein Mann stellte sich schrecklich erzörnet und ließ gleich einen, den wir for einen Trompeter bei uns hatten, die Unserigen zusammen blasen. Indem nun solches geschah und sich Bauren und Zigeuner auf dem Platz versammleten, sagte ich etlichen auf unsere Diebssprach, was mein Anschlag wäre, und daß sich ein jedes Weib zum Zugreifen gefaßt machen solle. Also hielt mein Mann über den Täter ein kurzes Standrecht und verdammte ihn zum Strang, weil er seines Obristleutenanten Befelch übergangen. Darauf erscholle alsobalden im ganzen Flecken das Geschrei, daß der Obristleutenant einen Zigeuner nur wegen einer Hennen wolle henken lassen. Etlichen bedunkte solche Prozedur zu rigorose; andere lobten
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