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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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ich dann gemeiniglich, daß meine Prosperität und Einnahm die Ausgab meiner schuldigen Kriegskosten übertroffen. – Aber, Simplice, jetzt ists an dem, daß ich dir auch sage, mit was für einer Laugen ich dich gezwaget; will derowegen jetzt nicht mehr mit dir, sondern mit dem Leser reden; du magst wohl auch zuhören und mir ohngehindert in die Rede fallen, wann du vermeinest, daß ich lüge.

Das vierundzwanzigste Kapitel
    Wie Simplicissimus und Courasche Kundschaft zusammen
bekommen und einander betrogen haben.
    Wir mußten in unserer Stadt eine starke Besatzung gedulden, als die Churbairischen Französischen und Weimarischen in der schwäbischen Gränze einander in den Haaren lagen und sich zwackten. Unter denselbigen waren die meisten Officierer trefflich geneigt auf dasjenige, was ich ihnen um die Gebühr gern mitzuteilen pflegte. Demnach ichs aber sowohl aus großer Begierde des Gelds, das ich damit wieder gewonnen, als meiner eigenen unersättlichen Natur halber gar zu grob machte, und beinahe ohne Unterschied zuließ, wer nur wollte, siehe, da bekam ich dasjenige, was mir bereits vor zwölf oder funfzehen Jahren rechtmäßiger Weise gebühret hätte, nämlich die lieben Franzosen, mit wohlgeneigter Gunst. Diese schlugen aus und begunnten mich mit Rubinen zu zieren, als der lustige und fröhliche Frühling den ganzen Erdboden mit allerhand schönen Blumen besetzte. Gesund war mirs, daß ich Mittel genug hatte, mich wiederum darvon kuriren zu lassen, welches dann in einer Stadt am Bodensee geschah. Weil mir aber meines Medici Vorgeben nach das Geblüt noch nicht vollkommen gereinigt gewesen, da riet er mir, ich solle die Saurbrunnenkur brauchen und also meine vorige Gesundheit desto völliger wiederum erholen. Solchem zufolge rüstet ich mich aufs beste aus, mit einem schönen Kalesch, zweien Pferden, einem Knecht und einer Magd, die mit mir vier Hosen eines Tuchs war, außer daß sie die obengemeldete lustige Krankheit noch.nicht am Hals gehabt.
    Ich war kaum acht Tage im Saurbrunnen gewesen, als Herr Simplicius Kundschaft zu mir machte; denn Gleich und Gleich gesellt sich gern, sprach der Teufel zum Kohler. Ich trug mich ganz. adelig, und weil Simplicius so toll aufzog und viel Diener hatte, hielt ich ihn auch für einen tapfern Edelmann und gedachte, ob ich ihm vielleicht das Seil über die Hörner werfen und ihn, wie ich schon zum öftern mehr practicirt, zu meinem Ehemann kriegen könnte. Er kam meinem Wunsch nach mit völligem Wind in den gefährlichen Port meiner sattsamen Begierden angesegelt, und ich tractirte ihn wie etwan die Circe den irrenden Ulisses; und alsobald faßte ich eine gewisse Zuversicht, ich hätte ihn schon gewiß an der Schnur. Aber der lose Vogel riß solche entzwei, vermittelst einer Finte, dardurch er mir zu meinem Spott und seinem eigenen Schaden seine große Undankbarkeit bezeugte; sintemal er durch einen blinden Pistolenschuß und mit einer Wasserspritze voll Blut, das er mir durch ein Secret beibrachte, mich glauben machte, ich wäre verwundet, wessentwegen mich nicht nur der Balbierer, der mich verbinden sollte, sondern auch fast alles Volk im Saurbrunnen hinten und vornen beschauete, die nachgehends alle mit Fingern auf mich zeigten, ein Lied darvon sangen und mich dergestalt aushöhneten, daß ich den Spott nicht mehr vertragen und erleiden konnte, sondern eh die Kur gar vollendet war, den Saurbrunnen mitsamt dem Bad quittirte.
    Der Tropf Simplex nennet mich in seiner Lebenserzählung im fünften Buch am 6. Capitel leichtfertig, item sagt er, ich sei mehr mobilis als nobilis gewesen. Ich gebe beides zu. Wann er selbst aber nobel, oder sonst ein gut Haar an ihm gewesen wäre, so hätte er sich an so keine leichtfertige und unverschämte Dirne, wie er mich for eine gehalten, nicht gehenkt, viel weniger seine eigene Unehr und meine Schand also vor der ganzen Welt ausgebreitet und ausgeschrien. Lieber Leser, was hat er jetzt for Ehr und Ruhm darvon, daß er (damit ich seine eigenen Wort gebrauche) »in kurzer Zeit einen freien Zutritt und alle Vergnügung, die er begehren und wünschen mögen, von einer Weibsperson erhalten, vor deren Leichtfertigkeit er ein Abscheuen bekommen,« ja, die noch kaum der Holzkur entronnen? Der arme Teufel hat eine gewaltige Ehre darvon, sich dessen zu rühmen, was er mit besseren Ehren billig hätte verschweigen sollen! Aber es gehet der gleichen Hengsten nicht anderst, die wie das unvernünftige Vieh einem jedwedern geschleierten Tier wie der
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