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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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machen, welche damal im Kintziger Tal und der Orten herum sich befanden, um zu sehen, ob ich etwan wieder einen Soldaten zum Mann bekommen könnte. Aber ach! die erste Blüte meiner ohnvergleichlichen Schönheit war fort, wie eine Frühlingsblum verwelket und wie mich denn auch mein neulicher Unfall und daraus entstandene Bekümmernus nicht wenig verstellet. So war auch mein Reichtum hin, der oft die alten Weiber wieder an Männer bringet. Ich verkaufte von meinen Kleidern und Geschmuck, so mir noch gelassen worden, was Geld galt, und brachte etwan zweihundert Gulden zuwegen; mit denen machte ich mich samt einem Boten auf den Weg, um mein Glück zu suchen, wo ichs finden möchte.
    Ich traf aber nichts als Unglück an; denn ehe ich Schiltach erlangte, kriegte uns eine weimarische Partei Musquetierer, welche den Boten abprügelten, plünderten und wieder von sich jagten, mich aber mit sich in ihr Quartier schleppeten. Ich gab mich for ein kaiserliches Soldatenweib aus, deren Mann vor Freiburg im Breisgau tot geblieben wäre, und überredet die Kerl, daß ich in meines Mannes Heimat gewesen, nunmehr aber Willens sei, mich ins Elsaß nach Haus zu begeben. Ich war, wie obgedacht, bei weitem nicht mehr so schön als vor diesem, gleichwohl aber doch noch von solcher Beschaffenheit, die einen Musquetierer aus der Partei so verliebt machte, daß er meiner zum Weib begehrte. Was wollte oder sollte ich tun? Ich wollte lieber diesem Einzigen mit gutem Willen gönnen, als von der ganzen Partei mit Gewalt zu demjenigen gezwungen werden, was dieser aus Lieb suchte. In Summa, ich wurde eine Frau Musquetiererin, ehe mich der Kaplan kopulierte.
    Ich hatte im Sinn, wieder wie zu Springinsfelds Zeiten eine Marquetenterin abzugeben, aber mein Beutel befand sich viel zu leicht, solches ins Werk zu setzen. So mangelte mir auch meine böhmische Mutter, und überdas bedunkte mich, mein Mann wäre viel zu schlecht und liederlich zu solchem Handel. Doch fing ich an, mit Tabak und Branntewein zu schachern, gleichsam als ob ich wieder halbbatzenweis hätte gewinnen wollen, was ich kürzlich bei Tausenden verloren. Es kam mich blutsauer an, so zu Fuß daher zu marschieren und noch darzu einen schweren Pack zu tragen, neben dem, daß es auch zu Zeiten schmal Essen und Trinken setzte, welches unangenehmlichen Dings ich mein Lebtag nicht versucht, viel weniger gewohnet hatte. Zuletzt brachte ich einen trefflichen Maulesel zuwegen, der nicht allein schwer tragen, sondern auch schneller laufen konnte als manch gutes Pferd. Gleichwie ich nun dergestalt zween Esel zusammen brachte, also verpflegte ich sie auch besten Fleißes, damit ein jeder seine Dienste desto besser versehen könnte. Solcher Gestalt nun, weil ich und meine Bagage getragen wurde, konnte ich mich auch um etwas besser patientirn, und verzögerte also mein Leben, bis uns der von Mercy, im Anfang des Maien, bei Herbsthausen treffliche Stöße gab. – Ehe ich aber fortfahre, solchen meinen Lebenslauf weiters hinaus zu erzählen, so will ich dem Leser zuvor ein örtliches Stückel eröffnen, das mein damaliger Mann wider seinen Willen ins Werk setzte, als wir noch im Kintziger Tal lagen.
    Er ging ein, auf seiner Officier Zumuten und mein Gutbefindung, sich in alte Lumpen zu verkleiden und mit einer Axt auf der Achsel, in Gestalt eines armen exulirenden Zimmermanns, einige Brief an Ort und Ende zu tragen, dahin sonst niemand zu schicken wegen der kaiserlichen Parteien, welcher wegen es unsicher war. Solche Briefe betrafen die Conjunktion etlicher Völker und andere Kriegsanschläg. Es war damals von grimmiger Kälte gleichsam Stein und Bein zusammen gefroren, so daß mich das arme Schaf auf seiner Reise schier gedauret hätte. Doch mußte es sein, weil ein ziemlich Stück Geld zu verdienen war, und er verrichtet auch alles sehr glücklich. Unterwegs aber fand er in seinen Abwegen, die er der Enden wohl wußte, einen toten Körper, welcher ohne Zweifel eines Officiers gewesen sein muß, weil er ein Paar roter scharlachener Hosen mit silbern Galaunen verbrämt anhatte, welcherlei Gattung damal die Officier zu tragen pflegten; so war sein Koller samt Stiefeln und Sporen auch den Hosen gemäß. Er besah den Fund und konnte nicht ersinnen, ob der Kerl erfroren oder von den Schwarzwäldern totgeschlagen worden wäre. Doch galt es ihm gleich, welches Tods er gestorben; das Koller gefiel ihm so wohl, daß ers ihm auszog; und da er dasselbige hatte, gelüstet ihn auch nach den Hosen, welche zu
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