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Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche

Titel: Die Lebensbeschreibung der Erzbetruegerin und Landstoerzerin Courasche
Autoren: Hans Jakob Christoph von Grimmelshausen
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Jäger einem Stück Wild nachsetzen. Er sagt, ich seie glatthärig gewesen; da muß er aber wissen, daß ich damals den siebenzehenden Teil meiner vorigen Schönheit bei weitem nicht mehr hatte, sondern ich behalf mich allbereit mit allerhand Anstrich und Schminke, deren er mir nicht wenig, sondern eine große Menge abgeleckt hat. Aber genug hiervon! Narren soll man mit Kolben lausen. Das war noch ein Gerings; jetzt vernehme der Leser, wormit ich ihn endlich bezahlet. Ich verließ den Saurbrunnen mit großem Verdruß und Unwillen; also bedachte ich mich auf eine Rach, weil ich von Simplicius beschimpft und verachtet worden.
    Meine Magd hatte sich daselbsten ebenso frisch gehalten als ich und, weil die arme Tröpfin keinen Scherz verstehen konnte, für ein Trinkgeld ein junges Söhnlein aufgebündelt, welches sie auf meinem Meierhof außer der Stadt glücklich zur Welt brachte. Dasselbe mußte sie mit Namen Simplicius nennen lassen, wiewohl Simplicius sein Tage sie niemals berührte. Sobald ich nun erfahren, daß sich Simplicius mit einer Baurentochter vermählet, mußte meine Magd ihr Kind entwöhnen und dasselbige, nachdem ichs mit zarten Windeln, ja seidenen Decken und Wickelbinden ausstaffiret, um meinem Betrug eine bessere Gestalt und Zierde zu geben, in Begleitung meines Meier-Knechts zu Simplici Haus tragen, da sie es dann bei nächtlicher Weile vor seine Tür gelegt, mit einem beigelegten schriftlichen Bericht, daß er solches mit mir erzeugt hätte.
    Es ist nicht zu glauben, wie herzlich mich dieser Betrug erfreuete, sonderlich da ich hörete, daß er dessentwegen von seiner Obrigkeit so trefflich zur Straf gezogen worden, und daß ihm sein Weib diesen Fund alle Tag mit Merrettig und Senf auf dem Brod zu essen gab, item, daß ich dem Simpel guten Glauben gemacht, die Unfruchtbare hätte geboren, da ich doch, wann ich der Art gewest wäre, nicht auf ihn gewartet, sondern in meiner Jugend verrichtet haben würde, was er in meinem herzunahenden Alter von mir glaubte; denn ich hatte damals allbereit schier vierzig Jahr erlebt und war eines schlanken Kerls, als Simplicius einer gewesen, nicht würdig.

Das fünfundzwanzigste Kapitel
    Courasche wird über ihren Übeltaten erwischt
und der Stadt verwiesen.
    Jetzt sollte ich zwar abbrechen und aufhören von meinem fernern Lebenslauf zu erzählen, weilen genugsam verstanden worden, was for eine Dame Simplicius übertölpelt zu haben sich gerühmet. Gleichwie er aber von dem, was allbereit gesagt worden, ohne Zweifel fast nichts als Spott und Schand haben wird, also wirds ihm auch wenig Ehr bringen, was ich noch fürders anzeigen werde.
    Ich hatte hinter meinem Hause einen Garten in der Stadt, von Obsgewächs Kräuter und Blumen, der sich dorfte sehen lassen und alle andern trutzte; und neben mir wohnete ein alter Mechaberis oder Susannenmann, welcher ein Weib hatte, die viel älter war als er selbsten. Dieser wurde zeitlich innen, von was for einer Gattung ich war, und ich schlug auch nicht ab, im Notfall mich seiner Hülf zu bedienen, wessentwegen wir dann oft in besagtem Garten zusammen kamen und gleichsam im Raub und höchster Eil Blumen brachen, darmit es seine eifersüchtige Alte nit gewahr würde, wie wir denn auch nirgends so sicher als in diesem Garten zusammen kommen konnten, als da das grüne Laub und die verdeckten Gäng unserer Meinung nach vor den Menschen, aber nicht vor den Augen Gottes, unsere Schand und Laster bedeckten. Gewissenhafte Leut werden darfor halten, unser Sündenmaß sei damal entweder voll und überhäuft gewesen, oder die Güte Gottes hätte uns zur Besserung und Buße berufen wollen.
    Wir hatten einander im Anfang des Septembris Losung gegeben, denselbigen lieblichen Abend im Garten unter einem Birnbaum zusammen zu kommen, eben als zween Musquetierer aus unserer Garnison einen Anschlag gemacht hatten, selbigen Abend ihren Part von meinen Birn zu stehlen, wie sie auch den Baum bestiegen und zu brechen anfingen, ehe ich und der Alte in Garten kommen. Es war ziemlich finster, und mein Buhler stellte sich ehender ein als ich, bei dem ich mich aber auch gar bald befand und dasjenige Werk mit ihm anging, das wir ehmalen mit einander zu treiben gewohnt waren. Potzherz! ich weiß nicht wie es ging, der eine Soldat regte sich auf dem Baum, um unserer Gaukelfuhr besser wahrzunehmen, und war so unvorsichtig, daß er alle seine Birn, die er gebrochen hatte, verschüttelt; und als selbige auf den Boden fielen, bildeten ich und der Alte uns nichts
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