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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels
Autoren: Silvia Stolzenburg
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besessen, sie wegen Ehebruchs zum Tode zu verurteilen. Doch schien er es sich zum Ziel gesetzt zu haben, sie zu zermürben und ihr die Informationen zu entlocken, die er für die Vollendung seines Rachefeldzuges benötigte. Nachdem ihm klar geworden war, dass er mit Gewalt nichts bei Katharina erreichen würde, hatte er ihr zuerst Vergebung in Aussicht gestellt, um sofort darauf umzuschwenken und ihr unverhohlen zu drohen.
    »Früher oder später bringe ich in Erfahrung, mit wem du mich betrogen hast«, hatte er gewütet, als Katharina ungerührt den zweiten Schlag ins Gesicht eingesteckt hatte. »Sag mir besser gleich, was ich wissen will, dann verschone ich deinen Bastard!«
    Einen Augenblick lang war Katharina versucht gewesen, ihm zu glauben. »Was geschieht dann mit dem Vater des Kindes?«, hatte sie unverfroren gefragt, und sich kurz darauf das Blut von der Nase gewischt, als Ulrich tobend gebrüllt hatte: »Du wagst es?! Du wagst es, um das Leben dieses Wurms zu bitten?«
    Einen Moment lang hatte er bebend vor Zorn mitten im Raum verharrt, bevor er sich wie ein Geier auf sie gestürzt und sie an den Haaren gepackt hatte. »Ich werde ihm vor den Augen meiner Untertanen das Herz aus dem Leibe reißen«, hatte er Katharina ins Ohr geflüstert und sie so hart von sich gestoßen, dass sie gegen eine der Wachen getaumelt war. »Und du wirst im Gefängnis verrotten, wenn du mir nicht sagst, was ich wissen will!«
    Das waren seine letzten Worte gewesen, bevor er den Männern mit einer grimmigen Geste zu verstehen gegeben hatte, sie abzuführen. Seitdem hatte sie ihn nicht mehr zu Gesicht bekommen, und die anfänglichen Drohungen waren schon bald der List gewichen. Sie lachte leise und trat an die Sitztruhe zu ihrer Linken, um ein wollenes Übergewand hervorzuziehen und es überzuwerfen. Bevor er den Einfall mit dem Beichtvater gehabt hatte, hatte er ihr eine Botschaft zukommen lassen, dass er willens war, in eine Scheidung mit ihr einzuwilligen, wenn sie ihm den Verbleib des Kindes offenbarte. Wie gerissen er sich vorgekommen sein musste, ihr anzubieten, ihren Liebhaber gegen das Leben ihres Sohnes einzutauschen, dachte sie verächtlich und kehrte zu ihrem Aussichtspunkt zurück.
    Das hektische Treiben am Ufer des Flusses war inzwischen resignierter Routine gewichen, da sowohl die Aufsicht führenden Soldaten als auch die Leibeigenen wussten, dass sie der Macht des Neckars nichts weiter entgegenzusetzen vermochten. Wehmütig ließ sie den Blick über die entfernten Bergrücken der Schwäbischen Alb wandern, hinter denen Wulf von Katzenstein auf eine Nachricht von ihr wartete. Wie lange Ulrich wohl vorhatte, dieses Spiel zu treiben?, fragte sie sich bange. Würde er nach einiger Zeit der Rolle des grollenden Ehemannes überdrüssig werden, oder würde er versuchen, sie mit härteren Strafen zu brechen? Ein Schauer kroch über ihren Rücken. Egal, was er mit ihr vorhatte, sie würde hoch erhobenen Hauptes in den Tod gehen, solange sie wusste, dass sich ihr Sohn in Sicherheit befand. Das Gefühl der Beklemmung, das sie immer öfter beschlich, verstärkte sich. Ob es Anabel gelungen war, mit dem Jungen vor der Pest zu fliehen? Ein Klumpen in ihrer Kehle machte ihr das Atmen schwer. Wo mochten sie sich in just diesem Augenblick befinden? Sie konnte spüren, dass Wulf noch am Leben war. Nacht für Nacht träumte sie von ihm, sah die winzigen Hände und das faltige Gesicht vor sich, das dem seines Vaters schon so sehr ähnelte. Ein trauriger Ausdruck verdunkelte ihr schönes Gesicht. Ob der Zisterzienser ahnte, dass dies die Träume waren, die sie nicht zu beichten wagte?
    Ein lauter Schrei riss sie aus ihren Gedanken. Ein Leibeigener war unter der Last eines Sackes zusammengebrochen, und einer der Soldaten ihres Gatten prügelte mit einer Ochsenpeitsche auf ihn ein. Zwei hysterische Frauen, bei denen es sich vermutlich um Frau und Tochter des am Boden Liegenden handelte, versuchten, den Ritter von der Züchtigung abzuhalten. Doch anstatt dem Bauern zu helfen, zogen sie lediglich den Zorn dreier weiterer Wachen auf sich.
    Wie wenig das Leben eines Menschen wert war!, dachte Katharina traurig und wandte sich schaudernd ab, als die Soldaten begannen, auch auf die Frauen einzuschlagen. Wann würde sie entbehrlich werden? Wann würde Ulrich sich dazu entschließen, eine neue Gemahlin zu nehmen und Katharina aus dem Weg zu schaffen?
    Ermattet schloss sie das Fenster und griff nach ihrer Stickarbeit, die sie neben dem Kamin
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