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Die Last der Schuld

Die Last der Schuld

Titel: Die Last der Schuld
Autoren: Shannon K. Anja; Butcher Hackländer
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Räume lagen im Erdgeschoss und besaßen zahlreiche Fenster, durch die man mühelos hineinklettern konnte – Fenster, die dem dichten Grün der Bäume zugewandt waren. Man brauchte kein Genie zu sein, um unbeachtet ins Gebäude zu kommen. Verdammt, jedes Kind wäre da reingekommen, ohne auch nur seinen Gameboy aus der Hand zu legen!
    Sobald Caleb sicher sein konnte, dass Lana schlief, würde er aus dem Wagen steigen und die Örtlichkeiten genauer inspizieren, um herauszufinden, ob sein erster Eindruck, was die Sicherheit anbelangte, zutreffend war. Doch er wollte Lana nicht erschrecken, indem er um ihr Haus herumschnüffelte, solange sie wach war und ihn sehen konnte.
    Calebs Magen knurrte vor Hunger, aber er ignorierte das Gefühl. Er hatte eine Notration im Rucksack und würde sich später etwas davon zu Gemüte führen, jedoch erst, wenn in Lanas Wohnung die Lichter ausgingen. Es war fast zehn Uhr, und er hoffte inständig, dass sie sich bald ein wenig Schlaf gönnen würde. Sie sah aus, als könnte sie ihn gebrauchen.
    Wenige Minuten später spähte Lana durch die Schlitze ihrer billigen Jalousien. Caleb war zu weit entfernt, um mehr als die Umrisse ihres Kopfes erkennen zu können, aber irgendwie hatte er das Gefühl, ihren missbilligenden Blick auf sich zu spüren.
    Caleb seufzte. Er konnte nicht viel tun, um ihre Meinung von ihm zu ändern. Im Grunde erstaunte es ihn fast, dass sie nicht längst die Polizei gerufen hatte. Und egal, wie hart sie nach außen erscheinen wollte, er spürte, dass ihr die Vorstellung missfiel, ihn in der Sonne brüten zu lassen. Sie wollte nicht, dass er litt. Welche Ironie!
    Sein Magen verkrampfte sich vor Bedauern. Er konnte das Geschehene nicht rückgängig machen, sosehr er sich das auch wünschte. Und selbst wenn er die Gelegenheit gehabt hätte, die Zeit zurückzudrehen und den ganzen Albtraum noch einmal zu durchleben, so hätte er nichts anders gemacht.
    Außer vielleicht darauf zu verzichten, an Lanas Krankenbett zu wachen. Sie derart leiden zu sehen hatte irgendetwas in ihm zerstört – einen winzigen, unschuldigen Teil seiner Seele, der noch an Fairness und Gerechtigkeit glaubte.
    Aber wäre er nicht zu ihr gegangen, hätte er vermutlich nie wieder in den Spiegel blicken können. Es gab eben Dinge, die man als Mann nicht tat, und vor einer sterbenden Frau davonzulaufen, deren bevorstehenden Tod man selbst zu verantworten hatte, gehörte eindeutig dazu.
    Der Spalt zwischen den Jalousien öffnete sich erneut, und einen Moment später kam Lana aus dem Haus gestapft. Sie trug einen Teller in der einen Hand und ein Glas Wasser in der anderen. Als sie sein Auto erreichte, hatte er die Scheibe bereits heruntergekurbelt.
    Sie hielt ihm das Essen hin. »Hier«, war ihr einziger Kommentar.
    Caleb nahm ihr den Teller ab und bedankte sich, doch sie stapfte bereits davon. Er glaubte noch zu hören, wie sie in sich hineinmurmelte, er möge daran ersticken.
    Amüsiert starrte Caleb den Teller an. Sie hatte ihm Spaghetti gekocht.
    Als Lana die Haustür zuknallte, musste er unwillkürlich lächeln. Sie mochte ihn nicht besonders, sie hatte sogar allen Grund, ihn zu hassen, und doch konnte sie den Gedanken nicht ertragen, dass er hier draußen hungerte – oder in der Sonne brütete.
    Vielleicht war diese Mission doch nicht so aussichtslos, wie er dachte.
    Caleb schlang das Essen gierig hinunter, dankbar, eine echte Mahlzeit zu bekommen statt einer lauwarmen Notration. Davon hatte er in seinem Leben bereits mehr als genug hinunterwürgen müssen.
    Als er die letzte Nudel vertilgt hatte, wurde ihm bewusst, dass Lana ihm eine großartige Entschuldigung geliefert hatte, um einen Fuß in ihre Wohnung zu setzen. Er musste ihr das Geschirr zurückbringen.
    Caleb steckte sich eine seiner winzigen Funkkameras in die Tasche und stieg die Treppenstufen hinauf, die zu einem betonierten Gehweg führten, der das Gebäude umgab. Einer der Sicherheitsscheinwerfer war ausgefallen, sodass die Bäume in Höhe ihrer Wohnung in tiefe Schatten getaucht wurden. Unter den Fenstern wuchsen dichte Ziersträucher, die dringend einen neuen Façonschnitt brauchten. Caleb war viel zu groß, um ein solches Versteck nutzen zu können, doch viele Menschen waren es nicht. Man musste sich nur kauern und warten, bis Lana ihre Wohnung verließ, um dann im Innern auf sie zu warten.
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