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Die langen Schatten der Erleuchtung

Die langen Schatten der Erleuchtung

Titel: Die langen Schatten der Erleuchtung
Autoren: Kirti Peter Michel , Klaus-Jürgen Leimann
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der magische Tanz einer Menge unsinniger Buchstaben
    gewöhnlichen Sterblichen zur Unterhaltung dienen!
    Unterschätzt nicht die Kraft des grenzenlos stillen Raumes,
    der die bedeutungslosen Zeichen spiegelt.
    Einzig dieser Geist wird den Dämon der dreigeteilten Zeit
    und die langen Schatten der Erleuchtung verschlingen.
     
    Über Jan Hagens Gesicht huschte ein lüsternes Grinsen in der Hoffnung, „ ´mal ein bisschen anderen Schweinkram “ zu lesen als in seinem illustrierten Blut-Blatt. Gespannt begann er, Hanifs ungelenke Schülerschrift zu entziffern:
    ….. An jenem Tage, als Jojo uns verließ, sagte er mir noch einmal, wie wichtig es sei, Schluss zu machen mit den Unterscheidungen der Alltagswelt, … dass ich schon lange kein Schüler und er kein Meister mehr sei! Auf seine Frage, ob ich mich nun endlich erleuchtet fühle, konnte ich nur ehrlich antworten, dass ich mich wie immer fühle - wie von Anfang an, worauf er mir antwortete:
    „ Das ist nicht ungewöhnlich, mein lieber Hanif! Mir ergeht es ebenso! - Wir haben uns eine Weile auf dieses wundervolle Spiel des Lebens in einer fremden Welt eingelassen, um unsere Einfachheit auf die Probe zu stellen. Sind wir gescheitert? Ich glaube es nicht, trotz aller Schwächen! Auf jeden Fall haben wir keinen Schaden davongetragen – im Gegenteil, wir sind um viele köstliche Erfahrungen und Erlebnisse reicher geworden. Ich bin zufrieden mit uns. Ich sehne mich nun wieder zurück nach unserer Höhle in den majestätischen Bergen des Himalajas. Ich freue mich auf die Einsamkeit und die Stille dieser Berge, wie jemand, der genug gesehen und erlebt hat und des Umherirrens müde ist. Auch in mir ist nun alles still geworden. Doch ich sehe dir an, Hanif, dass du noch etwas bleiben möchtest. Das ist gut so..“.
    Dann riet er mir, mich noch eine Weile zurückzuziehen und das Erlebte vor meinem inneren Auge vorüberziehen zu lassen. So schreibe ich nun, nicht um ein weiteres totes Buch der Weisheit zu hinterlassen, sondern nur für mich, um des Schreibens willen. Vielleicht verbrenne ich die Seiten oder lasse sie liegen und eine empfängliche Seele findet sie und zieht vielleicht Nutzen daraus…
    Die Weisheiten, denen ich in diesem Land mit Meister Jojo begegnen durfte, waren so seltsam und unvergleichbar, dass sie es wert sind, bewahrt zu werden!“
    Neugierig geworden las Jan weiter. Vor seinen Augen begannen die Buchstaben wie aufsteigende Staubkörnchen in einem Sonnenstrahl zu tanzen. Schon meinte er, die vertraute, melodische Stimme von Hanif in einem fremdartig hypnotischen Singsang zu hören:
    All dies hat sich wirklich ereignet.
    Lob und Tadel, Ruhm und Schande
    sind in mir eins geworden.
    Ich habe alles zurückgewiesen , was sich tugendhaft gab.
    Ich habe alles umarmt, wie schamlos es auch erschien.
    Jetzt erst bin ich wirklich rein.

Ein Mönch fragte: „Was ist die letztgültige Wahrheit?“
    Meister Joshu Joshin hustete.
    Der Mönch meinte: „Ist es das?“
    Joshu antwortete: „Oh je, jetzt lassen sie mich
    nicht einmal mehr husten.“

Die Höhle oder wie Jojos profane Wahrheit Hubertus von Kessel aus den Angeln hebt.
    Anfangs glaubte Hanif an eine Täuschung, wie sie die tiefe Stille hervorrufen konnte. So wusste er manchmal nicht, ob er das kosmische OM oder nur wieder das dröhnende Motorengeräusch eines Lastwagens am gegenüberliegenden Ufer des heiligen Ganges hörte. Doch diesmal gab es keinen Zweifel mehr: Es war ein männliches Lachen, das aus dem Dschungel tönte und sich auf ihre Höhle zubewegte. Ein breites, volles Lachen, das tief aus dem Bauch hervorsprudelte und mit der Macht einer Brandungswelle an den Strand schlug und sich dort verströmte. Das Lachen kam näher, und jetzt war auch die helle Stimme einer Frau zu hören, die wie ein Glockenspiel die lärmende Heiterkeit des Mannes begleitete.
    Selten kamen Menschen aus dem Dorf bis hierher. Hanif musterte Meister Jojo aus den Augenwinkeln. Seine Haltung glich einer Statue. Auch jetzt, als das dröhnende Lachen ins Sprechen überging, zeigte er keinerlei Regung.
    „Mathilda, meine Schülerin und Meisterin“, hörte Hanif die dunkle Stimme, die sich vor Heiterkeit und Spott überschlug, „wir müssen gleich da sein! Hier muss der alte Knabe irgendwo hausen! Ich spüre es geradezu! Gehe bitte voraus und kündige mich feierlich an: Hubertus, die Krone der Weisheit aus dem Abendland! Die Weisheit beendet ihre Wanderung durch die Zeiten und kehrt heim in den Osten. Mit dem Staub dieser
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