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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition)
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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eines Getränkeautomaten gekommen?«
    »Das ist nun wirklich eine lange Geschichte, Mr Valienté …«
    Wäre Joshua nicht so lange weg gewesen, hätte er alles über Lobsang gewusst. Lobsang war die erste Maschine, der es gelungen war, ein Gericht davon zu überzeugen, dass sie ein menschliches Wesen ist.
    »Natürlich haben das andere Maschinen der sechsten Generation auch schon versucht«, erklärte ihm Selena. »Solange Sie im Raum nebenan bleiben und sich mit einer von ihnen über Lautsprecher unterhalten, klingen sie mindestens so menschlich wie die meisten Schwachköpfe, die einem tagtäglich über den Weg laufen, aber das beweist in den Augen des Gesetzes noch gar nichts. Lobsang hingegen behauptet nicht, eine denkende Maschine zu sein. Auf dieser Basis wollte er überhaupt keine Rechte für sich einklagen. Er hat nur gesagt, er sei ein toter Tibeter. – Und damit, Joshua, hatte er sie am Wickel. Reinkarnation ist nach wie vor ein Eckpfeiler des Glaubens auf dieser Welt, und Lobsang hat einfach gesagt, er sei als Computerprogramm wiedergeboren. So wie vor Gericht als Beweis vorgelegt – wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen die Kopien –, lief die entsprechende Software exakt in der Mikrosekunde an, in der in Lhasa ein Motorradmechaniker mit einem offen gestanden unaussprechlichen Namen verstarb. Für eine suchende Seele sehen zwanzigtausend Teraflops technologischer Hexerei auf einem Gel-Substrat allem Anschein nach nicht viel anders aus als ein paar Pfund matschiges Gehirngewebe. Mehrere Gerichtssachverständige haben die erstaunliche Genauigkeit von Lobsangs Erinnerungsfetzen an sein vorheriges Leben bestätigt. Ich selbst habe einen kleinen, drahtigen alten Mann mit einem Gesicht wie ein verschrumpelter Pfirsich kennengelernt, einen entfernten Cousin des Mechanikers, der sich sehr vergnügt mehrere Stunden mit Lobsang über die gute alte Zeit in Lhasa unterhalten hat. Ein überaus anregender Nachmittag!«
    »Aber warum?«, wollte Joshua wissen. »Was hat er davon?«
    »Ich bin immer noch hier«, meldete sich Lobsang zu Wort. » Er ist nicht aus Holz, nicht vergessen.«
    »Entschuldigung.«
    »Was ich davon habe? Die allgemeinen Bürgerrechte. Sicherheit. Das Recht auf Privatbesitz.«
    »Und wenn man dich abschaltet, wäre es Mord?«
    »Allerdings. Obwohl das physisch unmöglich wäre, aber das Thema wollen wir an dieser Stelle nicht vertiefen.«
    »Dann hat das Gericht also anerkannt, dass du ein Mensch bist?«
    »Na ja, es hat ja nie eine juristische Definition des Begriffes ›menschlich‹ gegeben.«
    »Und jetzt arbeitest du für transEarth.«
    »Ich bin anteiliger Besitzer der Firma. Douglas Black, der Gründer, hatte mir, ohne zu zögern, eine Partnerschaft angeboten. Und das nicht nur meiner Berühmtheit wegen, obwohl er ein Faible für derlei Geschichten hat. Sondern wegen meines transhumanen Intellekts.«
    »Ach.«
    »Zurück zum Geschäftlichen«, sagte Selena. »Sie waren nicht leicht zu finden, Mr Valienté.«
    Joshua sah sie an und nahm sich vor, beim nächsten Mal noch schwerer zu finden zu sein.
    »Ihre Besuche auf der Erde sind in letzter Zeit immer seltener geworden.«
    »Ich befinde mich immer auf der Erde.«
    »Sie wissen, was ich meine«, erwiderte Selena. »Auf dieser Erde. Der Datum-Erde. Oder auch nur einer der Nahen Erden.«
    »Ich lasse mich nicht anheuern«, sagte Joshua rasch und versuchte, einen Anflug von Angst aus seiner Stimme zu verbannen. »Ich arbeite lieber allein.«
    »Das dürfte eine ziemliche Untertreibung sein.«
    Joshua lebte sein Leben lieber in einem von ihm selbst abgesteckten Rahmen, auf Welten, die weit von der Datum-Erde entfernt waren, so weit, dass kaum jemand bis dorthin reiste. Und sogar dort hütete er sich vor Gesellschaft. Angeblich hatte Daniel Boone immer dann seine Zelte abgebrochen, wenn er den Rauch vom Kaminfeuer eines Nachbarn sehen konnte. Verglichen mit Joshua war Boone geradezu krankhaft gesellig.
    »Genau deshalb sind Sie so interessant für uns. Wir wissen, dass Sie nicht auf andere Menschen angewiesen sind.« Selena hielt abwehrend eine Hand in die Höhe. »Ja, ich weiß, Sie sind nicht asozial. Aber bedenken Sie doch bitte: Bevor es die Lange Erde gab, ist in der langen Geschichte der Menschheit noch nie jemand allein gewesen. So richtig allein, meine ich. Selbst der raubeinigste Seemann wusste stets, dass es irgendwo dort draußen jemanden gab. Sogar die alten Mondfahrer, die Astronauten, die auf dem Mond herumspaziert sind, konnten die
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