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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition)
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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Phänomen genauso ratlos gegenüber, als wäre damals Dante ein kurzer Blick auf Hubbles expandierenden Kosmos gewährt worden. Sogar die Sprache, mit der wir es zu beschreiben versuchen, ist womöglich nicht zutreffender als die Kartenspiel-Analogie, die den meisten Menschen am verständlichsten erscheint: die Lange Erde als großer Stapel dreidimensionaler Spielkarten, übereinandergelagert in einem höherdimensionalen Raum, wobei jede Karte eine völlig eigene Erde darstellt. Bezeichnenderweise steht die Lange Erde den meisten Menschen offen. So gut wie jeder kann in diesem Spielkartenstapel auf und ab reisen, sich gewissermaßen durch die Karten hindurchbohren. Die Leute nehmen diesen neuen Raum für sich in Anspruch. Und warum auch nicht? Es ist ein Urinstinkt! Im Grund fürchten wir Savannenaffen uns im Dunkeln immer noch vor dem Leoparden. Wenn wir uns möglichst großflächig verteilen, kann er uns nicht alle erwischen. – Das alles ist zutiefst verstörend. Es will einfach nicht passen! Und warum ist der Menschheit dieses gigantische Kartenspiel ausgerechnet jetzt angeboten worden, wo wir so dringend wie nie zuvor mehr Platz brauchen? Andererseits ist die Wissenschaft letztendlich nicht mehr als eine Abfolge von Fragen, die zu neuen Fragen führen, was ja auch gut so ist, sonst wäre sie ja keine besonders attraktive Karriereoption, oder? Aber ganz egal wie die Antworten auf derlei Fragen auch lauten mögen – glauben Sie mir, ab jetzt dürfte sich für die Menschheit alles ändern … Reicht das, Jokaste? Irgendein Idiot hat mit seinem Kugelschreiber geklickt, als ich den Vergleich mit Dante gebracht habe.«
    Joshua hatte natürlich begriffen, dass es transEarth allein deshalb gab, um aus diesen Veränderungen Profit zu schlagen. Vermutlich war er genau deshalb hierhergebracht worden – mehr oder weniger gegen seinen Willen und aus einer sehr weit entfernten Welt.
    Endlich ging die Tür auf. Eine junge Frau, die einen Laptop so dünn wie Blattgold vor der Brust hielt, kam herein. Im Heim hatte Joshua auch so ein Gerät, allerdings ein klobigeres, altmodischeres Modell, mit dem er hauptsächlich nach Rezepten für Nahrung aus der Natur suchte. »Mr Valienté? Freut mich, dass Sie zu uns gekommen sind. Ich heiße Selena Jones. Herzlich willkommen im transEarth-Institut.«
    Sie ist zweifellos sehr attraktiv, dachte er. Joshua mochte Frauen und hatte angenehme Erinnerungen an seine wenigen, kurzen Beziehungen. Aber er hatte noch nie viel Zeit mit Frauen verbracht und fühlte sich in ihrer Gegenwart immer ein wenig unsicher. »Willkommen? Sie haben mir keine Wahl gelassen. Sie haben meine Mailbox ausfindig gemacht. Das bedeutet, dass Sie von der Regierung sind.«
    »Nein, da liegen Sie falsch. Gelegentlich arbeiten wir für die Regierung, aber wir gehören mit Sicherheit nicht dazu.«
    »Legal?«
    Sie lächelte missbilligend. »Lobsang hat Ihren Mailbox-Code ausfindig gemacht.«
    »Und wer ist Lobsang?«
    »Ich«, sagte der Getränkeautomat.
    »Du bist ein Getränkeautomat«, sagte Joshua.
    »Mit dieser Annahme liegen Sie völlig daneben, obwohl ich Ihnen innerhalb weniger Sekunden das Getränk Ihrer Wahl produzieren könnte.«
    »Aber auf dir steht Coca-Cola drauf!«
    »Verzeihen Sie mir meinen gewöhnungsbedürftigen Humor. Übrigens, wenn Sie in der Hoffnung auf eine kleine Erfrischung einen Dollar eingeworfen hätten, hätte ich Ihnen das Geld selbstverständlich zurückerstattet. Oder die gewünschte Erfrischung geliefert.«
    Joshua gab sich redlich Mühe, aus diesem Dialog schlau zu werden. »Lobsang wer? «
    »Ich habe keinen Nachnamen. Im alten Tibet hatten nur Aristokraten und Lebende Buddhas Nachnamen, Joshua. Derlei Ambitionen hege ich nicht.«
    »Bist du ein Computer?«
    »Warum fragen Sie das?«
    »Weil ich verdammt sicher bin, dass da drin kein Mensch steckt. Außerdem redest du komisch.«
    »Mr Valienté, ich bin redegewandter und wortgewaltiger als jeder andere, den Sie kennen, aber Sie haben recht, ich stecke nicht in diesem Getränkeautomaten. Jedenfalls nicht voll und ganz.«
    »Quälen Sie unseren Besucher nicht länger, Lobsang«, sagte Selena und wandte sich wieder an Joshua. »Mr Valienté, ich weiß, dass Sie … woanders gewesen sind, als die Welt zum ersten Mal von Lobsang erfahren hat. Er ist einzigartig. Er ist ein Computer, rein technisch gesehen, aber er war einmal ein – wie soll ich es ausdrücken – ein tibetischer Motorradmechaniker.«
    »Und wie ist er aus Tibet ins Innere
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