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Die Kunst, nicht abzustumpfen

Die Kunst, nicht abzustumpfen

Titel: Die Kunst, nicht abzustumpfen
Autoren: Stephan Marks
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die Planung einbezogen werden; Know-How mit Mit-Unternehmern geteilt wird (Felber 2010).
    Subventionen für Lebensmittel-Exporte werden abgeschafft und Zuschüsse auf die Bauern konzentriert, die ökologisch anbauen und Tiere artgerecht halten. Die armen Länder werden entschuldet und bekommen das Recht, sich gegen Billigimporte von Lebensmitteln zu schützen, damit sich ihre eigene Landwirtschaft entfalten kann. Die Kleinbauern dort, insbesondere
Frauen, erhalten Zugang zu Bildung, Land, Wasser, günstigen Krediten, Saatgut und angepassten Anbaumethoden.
    Gegen diese Vorschläge könnte pessimistisch eingewendet werden, es sei kein Geld da. Geld ist jedoch das geringste Problem, aus zwei Gründen:
    Erstens, weil viele Neuerungen zum Nulltarif zu haben sind. Zum Beispiel verringert die Bundesrepublik ihren CO2-Ausstoß durch PKW um 9 Prozent (mindestens 3,3 Millionen Tonnen jährlich) durch ein Tempolimit 120 km/h (Greenpeace 1999). Dies verbessert zugleich die Lebensqualität: es gibt weniger Verletzte und Unfalltote. Anwohner können besser schlafen und sind gesünder. Noch mehr Lärm wird durch das Bundes-Immissionsschutz-Gesetz (BImSch) abgeschafft, demzufolge Kraftfahrzeuge nur zugelassen werden dürfen, die so geräuscharm wie möglich gebaut sind. Für diese Verbesserung wäre nicht einmal ein neues Gesetz notwendig, denn das BImSch besteht seit 1974, wird bisher aber kaum angewendet.
    Zweitens, weil dreistellige Milliardenbeträge verfügbar werden, die bisher für sinnwidrige Zwecke verschleudert wurden; z. B. in Subventionen für die Automobil-Industrie (»Abwrackprämie«) und für Flugunternehmen (Befreiung von der Kerosinsteuer). Statt misswirtschaftende Banken wie die Hypo Real Estate mit Milliarden von öffentlichen Geldern zu stützen, lässt man diese kontrolliert bankrottgehen. Dies forderten Attac-Aktivisten wie der Politikwissenschaftler Alexis Passadakis schon 2009. Greenpeace: »Wäre die Erde eine Bank, dann hättet Ihr sie schon lange gerettet.«
    Die bisherige Politik hat – um auf die Metapher der Schwangerschaft zurückzukommen – zahllose »Totgeburten« hervorgebracht. Für zukunftsträchtige Ideen ist angeblich kein Geld vorhanden. Alternativlos? Nein Danke! Schon heute ist eine Fülle sinnvoller, zukunftsweisender Ideen vorhanden. Das einzige was noch fehlt, ist der politische Wille, diese umzusetzen. Was fehlt ist das, was Søren Kierkegaard als »die Leidenschaft für das Mögliche« bezeichnet: Hoffnung.

4. Ein Schmetterling wird geboren
    Noch einmal: Wie geschieht gesellschaftlicher Wandel? An verschiedenen Stellen dieses Buches wurde auf das alttestamentarische Bild vom Auszug aus Ägypten Bezug genommen. Auf die heutige Situation übertragen, kann der »Auszug« natürlich nur metaphorisch verstanden werden. So gesehen, ist jeder Moment, in dem wir die Angst, Wut, Verzweiflung, Trauer, Mitgefühl und Scham über den Zustand der Welt »merken«, ein Schritt aus der gewalttätigen, ungerechten und naturzerstörerischen Weltordnung. Ebenso jeder Augenblick der Stille und Langsamkeit, des Innehaltens und Reflektierens über die Grundfrage: Was tun wir eigentlich? Was tun wir uns und der Mitschöpfung an mit unserem Lebensstil?
    Auch dies sind Schritte aus dem »Immer-mehr«-Land: Jedes Mal, wenn wir uns mit unseren Hoffnungen auf eine gerechte, friedliche und ökologisch ausgeglichene Welt öffentlich präsent machen – jenseits von Zweifeln (»Was sollen die Leute denken?« oder »Ich kann so etwas nicht!«). Jedes Mal, wenn wir das Erfolgs-Prinzip (»Was bringt so etwas schon!«) überwinden und Sinn zu verwirklichen suchen. Jeder Augenblick, in dem wir unser Gewissen, unsere Sehnsüchte und positiven Visionen ernst nehmen; in dem wir Freude empfinden und nach Ganzheit streben. Wenn wir unserer Berufung folgen, d. h. unsere Fähigkeiten mit den Bedürfnissen der Welt verbinden. Jeder Moment, der nicht in der Management-Mentalität, sondern in einer Haltung gelebt wird, die Erich Fromm als Sein bezeichnet. Indem wir aus einem integralen Bewusstsein, d. h. aus Liebe und Wahrheit handeln. Immer dann, wenn wir »Tun« und »Lassen« ausbalancieren und achtsam für unsere Kräfte und Grenzen sind. Wenn wir aufmerksam sind für die jeweilige Zeit-Qualität. Wenn wir das mathematische, lineare und kausale Denken überwinden und auf eine »kritische Masse« hinarbeiten. Wenn wir uns bereithalten für die Möglichkeiten,
die sich immer wieder neu eröffnen, weil Geschichte nicht zu
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