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Die Kugel und das Opium

Die Kugel und das Opium

Titel: Die Kugel und das Opium
Autoren: Liao Yiwu
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im Nu verändert alles sein Gesicht. Alle bedauern mich, es ist wie eine Gehirnwäsche. Was die Kommunistische Partei im Gefängnis nicht geschafft hat, das haben meine Kameraden mit ein, zwei Worten geschafft, sie haben mich einer Gehirnwäsche unterzogen, da bin ich zusammengebrochen. Daraufhin haben sie mich betrunken gemacht und einen Ort gesucht, wo man mich »entjungfern« würde. Ich habe mich wie eine Marionette von ihnen mitziehen lassen, wir sind über die Hauptstraße weg in irgendwelche Gassen gebogen, um mehrere Ecken herum, bis wir an einen Ort kamen mit roten Lampen und grünem Schnaps. Später habe ich erfahren, dass das eine bekannte Straße für Bordsteinschwalben war, tagsüber ganz still, die Läden an den Fenstern der Häuser sind tagsüber geschlossen, doch wenn es Nacht wird, ratschen die Rollläden nach oben und geben den Blick frei auf den »Drei-Schwestern-Salon«, den »Zwei-Schwestern-Salon«, sogenannte Friseur- und alle möglichen anderen Salons. Zu zweit und zu dritt bauen sich dick geschminkte junge Frauen vor diesen Läden auf und holen sich ihre Kunden von der Straße. Sie haben noch auf mich aufgepasst und sind nicht in den schäbigsten Laden mit mir hinein, und Fräuleins, die zu aktiv waren, haben sie auch gemieden und am Ende einen Laden ausgesucht, der relativ offen war und halbwegs manierlich aussah. Ich war viel zu nervös, ich hatte das ja noch nie gemacht, in meinem Kopf ging es drunter und drüber. Und diese jungen Frauen, vielleicht waren sie sogar älter als ich, manche hätten meine Mutter sein können, die kamen und gingen, alle mit halbentblößtem Busen. Ich wagte gar nicht hinzuschauen. Kaum war ich in dem Laden drin, husch, standen sie um mich herum. Die Kumpels sagten hastig: Nicht, nicht, wir wollen nur eine einfache Haarwäsche, nur er hier, unser Brüderchen, braucht eine richtige Behandlung.
    Eine etwa fünfzig Jahre alte Puffmutter tauchte auf, ließ die Mädchen in zwei Reihen antreten, damit ich mir eine aussuchen konnte.
    Ich hatte Lampenfieber, unwillkürlich zitterten meine Beine und Hände. Ich hätte mich am liebsten umgedreht und davongemacht, aber die Kumpels hielten mich gnadenlos fest und lachten mich aus. Du musst da durch, sagte einer. Wenn nicht, wie willst du dich sonst nachher in der Gesellschaft zurechtfinden und eine Frau finden?
    Ich fasste mir ein Herz und wählte eine etwas schlichte aus. Dann wurden wir in eine sogenannte Hochzeitssuite geschoben, kaum größer als eine Hundehütte. Die Tür wurde abgeschlossen, die anderen waren nicht mehr da, der männliche Impuls war natürlich da, mir wurde untenherum ganz heiß, und ich schwoll sehr an. Das ging alles ein bisschen schnell, als sie dann auch noch auf einmal die Bluse aufknöpfte und ihre Brüste sehen ließ, kam ich. Ich brach vor Aufregung in Schweiß aus, aber je aufgeregter ich wurde, umso weniger ging es. Sie gab mir einen Schluck Wasser, massierte mich, ich musste mich hinlegen, sie bestieg mich und begann mich ohne alle Hast zu reizen. Ich wollte es zu sehr, zu sehr, aber es regte sich nichts und zog sich in den Unterleib zurück. Ich hätte beinahe das Heulen angefangen, denn ob man selbst befriedigt ist, ist ja nicht das Wichtigste …
    Tatsächlich?
    Wie bei den Mönchen, wenn die sechs Wurzeln rein sind, dann ist es gut. Aber ich hatte dreihundert Kuai von den Kumpels verbraten und konnte keinen Vollzug melden, das war doch Verschwendung, oder? Wir waren alle Rowdys vom 4 . Juni, wir waren alle an den Rand der Gesellschaft gedrängt und vergessen worden, es war nicht leicht, Geld zu verdienen, und was mache ich erbärmlicher Versager mit dem, was sie für mich gesammelt hatten, um den ersten Schritt in ein menschliches Leben zu machen?! Dabei war das Mädel doch sehr nett und geduldig, es gab keine unschönen Worte, sie hat mich im Arm gehalten und geschlafen, wie bei einem Pflegefall hat sie mir immer wieder mit Händen und Beinen dort langgestreichelt. Ich bin wieder gekommen, ohne Erektion gekommen, das ist wirklich das Letzte. Ich habe mich die halbe Nacht im Bett herumgewälzt, die anderen haben draußen herumgegähnt und gewartet, dass ich herauskomme, und ständig gefragt, was denn los sei. Ich war so verdrossen, ich hätte mich am liebsten im nächsten Mauseloch verkrochen.
    Und dann?
    Dann? Ich bin immer noch impotent, schon zwei, drei Jahre lang, es geht immer noch nichts. Vorbei ist vorbei.
    Wu Wenjian sagte: Vom Alter einmal abgesehen leiden wir alle, die
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