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Die Krone von Camelot

Die Krone von Camelot

Titel: Die Krone von Camelot
Autoren: Gillian Bradshaw
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stoßen wilde Schreie des Widerstandes über den Gedanken aus, daß sie einem Kaiser untenan sein sollten. Es gibt keine direkten Schlachten, und es ist auch unwahrscheinlich, daß sich welche ergeben werden, und weder die eine Seite noch die andere ist deutlich im Vorteil. Wenn Artus in der Tat gefallen ist und wenn es für Ebrauc keinen Kaiser mehr gibt, gegen den es rebellieren kann, dann mag vielleicht wieder ein Waffenstillstand erklärt werden - wenigstens eine Zeitlang. «
    »Wenn Artus tot ist«, sagte ich. Es war das erstemal, daß jemand mir gegenüber diese Worte ausgesprochen hatte. »Was würdest du
    dann tun?«
    Er blickte aufs Schreibpult und fuhr müßig mit dem Finger das Muster auf der polierten Oberfläche nach. »Ich würde das tun, was ich immer getan habe, my Lady: Ich würde Lieder schreiben. Ich wäre am Hof jedes Königs von Britannien willkommen, selbst am Hof eines Maelgwyn Gwynedd.«
    »Würdest du Lieder über den Fall des Reiches schreiben?« fragte ich, ehe ich meine Worte zurückhalten konnte.
    Er blickte auf. Er hatte graue Augen, wie Artus oder Medraut, aber von hellerer Farbe. In dem dämmrigen Haus wirkten sie fast silbern. »Lieder über den Zerfall des Reiches, ja, und Lieder über den Kaiser. Es wird jetzt keinen Kaiser mehr geben, nicht im Westen. Niemand wird mehr Anspruch auf den Titel erheben, denn alle sind jetzt zu schwach dafür, und niemand hat einen höheren Anspruch als die anderen. Viele werden begeistert auf Lieder warten, vom Kaiser Artus und der >Familie<.« Er schaute wieder nach unten und summte leise ein paar Takte. Es war eines seiner neuen Lieder, kein Zweifel, denn ich erkannte es nicht als ein altes. Ich spürte, wie sich in mir langsam eine Welle des Zorns und der Bitterkeit erhob. »Der Ruhm wird nicht blaß werden, my Lady, denn er wird keinen Nachfolger haben. Und an meine Lieder wird man sich erinnern. In den Zeiten, die kommen, wird man sich erinnern. Etwas von dir und etwas von dem, für das wir gekämpft haben, wird überleben.«
    »Glaubst du denn«, wollte ich wissen, »daß wir für Lieder gekämpft haben?« Er blickte wieder auf, und sein Gesicht wirkte leicht überrascht und ruhig und unbewegt, und der Zorn, der blinde, wilde Schmerz, nahm plötzlich Besitz von mir. Ich sprang auf, fegte mit der Hand über das Schreibpult und schleuderte den Krug Met auf den Fußboden. Er zerbrach. Das Dienstmädchen rannte aus dem Nebenzimmer herein, aber ich scheuchte sie zurück. »Glaubst du denn, daß man mit Liedern die Hungrigen ernähren, daß man Gerechtigkeit ausüben oder Frieden zwischen Königreichen halten kann, und glaubst du, daß man damit die Ruinen des Reichs der Römer wieder aufbauen kann? Geh und sing deine Lieder den Sachsen vor; ich bin sicher, daß sie deinen Melodien und deiner unbekannten Sprache große Aufmerksamkeit schenken werden. Lieder! Lieder bringen keine Lösung. Der Ruhm ist kein Trost. Wir haben verloren, verstehst du das nicht? Alles ist verloren. Das Licht ist verschwunden, und die Dunkelheit bedeckt Britannien genauso dicht wie die Luft, und nichts ist mehr übrig von dem, was wir uns
    einst erträumt haben und für das wir gelitten haben.
    Und wenn du deine Lieder singst, und wenn es die größten aller Lieder sind, und wenn du Männer dazu bewegen kannst, an ein Ideal zu glauben, was für ein Ideal wird es in ein paar Jahren werden? Ein Kaiser begeht Blutschande mit seiner Schwester, zeugt seinen eigenen Ruin in der Person eines verräterischen, böswilligen Sohnes. Und eine Kaiserin teilt das Reich zur Unzeit, indem sie mit dem besten Freund des Kaisers die Ehe bricht! Was für eine wunderbare Geschichte! Was für ein Thema für Lieder! Es ist nicht nur alles verloren, nein, wir waren diejenigen, die es verloren haben, wir, die durch unsere eigene Dummheit und Schwäche zugelassen haben, daß wir in Streit gerieten und daß das Reich wie ein Topf zerbrach, der einen Brandfehler hat und aus dem alles herausläuft, was man hineinschüttet. Es ist verschwunden wie Rauch in der Luft, wie Nebel im Wind. Nichts ist mehr übrig vom Reich, und nichts ist geblieben, auf dem wir aufbauen könnten, und nichts haben wir von unserem Leben vorzuweisen außer Schuld, Schande und ein paar verlogenen Liedern!«
    Noch während ich sprach, war meine Stimme immer schriller geworden, und endlich schrie ich Taliesin an, der dasaß und mich ruhig beobachtete. Ich hatte angefangen zu zittern und versuchte, mein Gesicht zu bedecken. Das
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